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Karin Reich

Der Humboldt’sche Magnetische Verein im historischen Kontext

Zusammenfassung

Der Humboldtsche Magnetische Verein (1829–1834) mit seinem Zentrum in Berlin, an dem 4 weitere Stationen mitwirkten, hatte einen Vorläufer, die Societas meteorologica Palatina (1780–1795). Diese verfügte über 17 über die Nordhalbkugel verteilte Stationen, an denen magnetische Beobachtungen durchgeführt wurden. Der Nachfolgeverein mit 61 über den Globus verteilten Stationen war der Göttinger Magnetische Verein (1834–1841).

Der Humboldtsche Magnetische Verein war der erste, an dem die Gleichzeitigkeit der Beobachtungen, sog. korrespondierende Beobachtungen, anhand Berliner Zeit eingeführt wurden. Diese Methode wurde in Göttingen, wo Gauß und Weber seit 1834 über ein Magnetisches Observatorium verfügten, übernommen, modifiziert und verbessert, alle 61 angeschlossenen Stationen beobachteten gemäß Göttinger mittlerer Zeit.

Abstract

The Humboldtian Magnetic Association (1829–1834) with its center in Berlin had 4 further stations which contributed special data. Its predecessor, the Societas meteorologica Palatina (1780–1795), enclosed 17 stations distributed over the northern hemisphere, where magnetical observations took place. The Association which succeeded was the Göttinger magnetic Association (1834–1841); 61 stations collaborated with this Association.

The Humboldtian Magnetic Association was the first, where contemporaneity was crucial, the so-called corresponding observations. Gauss and Weber in Göttingen, who were provided with a magnetical observatory since 1834, adopted this method and improved it, all their 61 stations observed according to Göttingen mean time.

Résumé

L’Association Magnétique de Humboldt (1829–1834) dont le centre était à Berlin avait 4 stations qui collaboraient. Elle avait un prédécesseur, à savoir la Societas meteorologica Palatina (1780–1795) qui disposait de 17 stations distribuées sur l’hémisphère du nord où des observations magnétiques étaient effectuées. Le successeur était l’Association Magnétique de Göttingen (1834–1841) qui disposait de 61 stations distribuées sur le globe.

L’Association Magnétique de Humboldt était la première dans laquelle la simultanéité des observations, qui s’appelaient des observations correspondantes, a été introduite en s’appuyant sur le temps de Berlin. Gauss et Weber qui disposaient d’un observatoire magnétique depuis 1834 ont adopté, modifié et amélioré cette méthode. Toutes leurs 61 stations observaient conformément au temps moyen de Göttingen.

Einleitung

Vor Alexander von Humboldt maß man zwei erdmagnetische Komponenten, die Deklination (Abweichung) und die Inklination (Neigung). Für beide Komponenten gab es bereits Karten, wobei die Magnetpole eine zentrale Rolle spielten. Einige Wissenschaftler gingen von vier Magnetpolen auf der Erde aus, z.B. Edmond Halley (1656–1742) und Christopher Hansteen (1784–1873), manche von zwei Magnetpolen, etwa Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) und Leonhard Euler (1707–1783). Es gab auch Globen mit Deklinationslinien sowie mit Inklinationslinien.

Über den Humboldt’schen Magnetischen Verein liegen schon mehrere Forschungsbeiträge vor (vor allem Honigmann 1984). Im Folgenden geht es jedoch nicht nur um den Humboldt’schen Magnetischen Verein, sondern vielmehr um sein Umfeld, den Vorgänger- und den Nachfolgeverein und um die Besonderheiten der jeweiligen Vereine.

1. Die Societas Meteorologica Palatina

Schon vor dem Humboldt’schen Magnetischen Verein gab es eine Gesellschaft, die zwar in erster Linie meteorologische, aber auch erdmagnetische Daten sammelte. Das war die Societas Meteorologica Palatina, die Kurpfälzische Meteorologische Gesellschaft, ein höchst bemerkenswerter Verein, der von 1780 bis 1795 existierte (Moutchnik 2006: 328–344). Karl Philipp Theodor (1724–1799) regierte seit 1742 als Kurfürst von der Pfalz und ab 1777 zusätzlich als Kurfürst von Bayern. Mannheim war die kurpfälzische Residenzstadt, dort gründete Karl Theodor 1763 eine Akademie der Wissenschaften, die in zwei Klassen geteilt war, eine für Geschichte und eine für Naturwissenschaften. Gleichzeitig entstand in Düsseldorf das Collegium Anatomico Chirurgicum. Im Jahre 1780 wurde die Mannheimer Akademie um eine dritte Klasse erweitert, nämlich die Societas Meteorologica Palatina. Diese entwickelte sich zum Zentrum eines weltumspannenden Vereins, der in seiner Form und Organisation ein Novum darstellte. Organisator des Vereins war Johann Jakob Hemmer (1733–1790); dieser hatte das Jesuitenkolleg in Köln besucht, aber keine Gelübde abgelegt. Die Mitglieder des Vereins stammten oft, aber nicht nur, aus dem Umfeld der katholischen Kirche, sie waren Jesuiten, Augustinerchorherrn, Benediktiner oder einfach Priester; aber es befanden sich auch namhafte Wissenschaftler unter ihnen.

Es gab insgesamt 39 Stationen, die meteorologische Daten lieferten: 33 Stationen in Europa ohne Russland, 2 in den USA, 1 auf Grönland, 3 in Russland:

  • Andechs
  • Edsberga
  • *Mannheim
  • *Rom
  • *Berlin
  • Erfurt
  • *Marseille
  • Sagan
  • *Bologna
  • Genf
  • *Middelburg
  • St. Gotthardt
  • *Bradford (Mass.)
  • Godthaab
  • Moskau
  • St. Petersburg
  • Brüssel
  • Göttingen
  • München
  • St. Zeno
  • *Cambridge (Mass.)
  • *Haag
  • *Ofen (Buda)
  • Spydberg
  • Chioggia
  • *Hohenpeißenberg
  • *Padua
  • *Stockholm
  • Delft
  • Ingolstadt
  • *Prag
  • Tegernsee
  • Dijon
  • *Kopenhagen
  • Pyschminsk
  • *Würzburg
  • *Düsseldorf
  • La Rochelle (Rupella)
  • Regensburg

Dieses Netz aus Messstationen war nicht nur sehr gut, sondern auch das erste in der Geschichte für erdmagnetische Beobachtungen. Allerdings lagen alle Beobachtungsorte auf der Nordhalbkugel; zwischen dem westlichsten und dem östlichsten Ort, nämlich Cambridge (Massachusetts) und Pyschminsk im Ural, liegen ca. 130 Längengrade, das entspricht einer zeitlichen Differenz von mehr als 8 ½ Zeitstunden.

Von diesen 39 Mitgliedern lieferten 17, also weniger als die Hälfte, nicht nur meteorologische, sondern auch Deklinationsmessungen (in der Tabelle mit * gekennzeichnet). Die Gesellschaft verfügte über eine eigene Zeitschrift, die Ephemerides Societatis Meteorologicae Palatinae. Der erste Band, der die Daten des Jahres 1781 enthielt, erschien 1783, der zwölfte und letzte Band mit den Daten von 1793 im Jahre 1795. Die Namen der Beobachter an den einzelnen Orten wurden stets genannt, so lieferte in Berlin Nikolaus von Béguelin (1714–1789) die Daten,1 in Den Haag war es Jan Hendrik van Swinden (1746–1823) und in Kopenhagen Thomas Bugge (1760–1815). Die beiden zuletzt genannten Personen waren Wissenschaftler, die in ihrer Zeit als ausgewiesene Erdmagnetiker galten.

Alle Stationen verfügten über einheitliche Instrumente, die im 1. Band der Ephemerides vorgestellt und abgebildet wurden; im Falle der Meteorologie handelte es sich um sieben verschiedene Instrumente, im Falle des Erdmagnetismus handelte es sich um ein Instrument zur Messung der Deklination, nämlich ein von der Firma Georg Friedrich Brander (1713–1783) in Augsburg geliefertes Deklinatorium. Den Stationen wurden alle Instrumente kostenlos zur Verfügung gestellt; an mehreren Orten sind die Instrumente, wenigstens einige von ihnen, heute noch erhalten, so im Falle von Hohenpeißenberg, früher Peißenberg:

Abb-1-a-REICH-Inklinatorium.jpg
Abb-1-c-REICH-Inschrift.jpg
Abb-1-b-REICH-Deklinatorium.jpg

Abb. 1a, b, c: Brandersches Inklinatorium, Brandersches Deklinatorium, Inschrift des Branderschen Deklinatoriums: Theodorus Palatinus 1780. Instrumentensammlung des Meteorologischen Observatoriums, Hohenpeißenberg (Fotos: Eberhard Knobloch 2019). (Christian Plass-Dülmer und Stefan Schwarzer sei sehr herzlich für die Möglichkeit gedankt, die Instrumentensammlung des Institutes zu besuchen und die gewünschten Instrumente zu fotografieren.)

 

Beobachtet werden sollte dreimal täglich, um 7, 14 und 21 Uhr, gemeint war natürlich Ortszeit. An alle Stationen wurden Formulare verschickt, in die die gemessenen Daten einzutragen waren. Die Formulare umfassten 14 Spalten, darunter eine Spalte für die Deklination: „Decl.“, die übrigen Spalten waren meteorologischen Messdaten vorbehalten. Nicht alle Stationen beobachteten durchgehend das volle vorgesehene Programm, manche beobachteten nur gelegentlich oder nicht regelmäßig, oder nur bestimmte Größen, usw. Diese beobachteten Daten wurden nach Mannheim geschickt und dort veröffentlicht. Das heißt, für jeden Beobachtungsort wurden für jeden Tag des Jahres für alle drei Termine die gemessenen Daten publiziert, manchmal gab es noch zusätzlich Ausführungen zu besonderen Ereignissen oder Umständen oder sonstigen Besonderheiten. Die zwölf Bände bestehen also im Wesentlichen aus Zahlenkolonnen. Hier ein Beispiel:

Abb-2-Reich-Ephemerides.tiff

Abb. 2: Beobachtungen in Peißenberg im April und Mai 1781 („Observ. Peissenbergenses“). In: Ephemerides Societatis Meteorologicae Palatinae (1781), Mannheim 1783, S. 309. Digitalisat: Bayerische Staatsbibliothek, Sign. 4 Bibl. Mont. 3715–1781. http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10723487-7 (zuletzt aufgerufen: 31.07.2020), Lizenz: NoC-NC 1.0.

 

Man sieht, die Deklinationswerte wurden hier erst ab Mai 1781 eingetragen. Es gab keinerlei Veranschaulichung der jeweiligen Veränderungen mittels Kurven, graphische Darstellungen fehlen ganz und gar. Wenn man Vergleiche zwischen den einzelnen Stationen anstellen wollte, so musste man blättern; man sieht eigentlich nur immer Zahlenkolonnen. Bei dieser Anordnung sind Vergleiche zwar nicht unmöglich, aber nur schwer zu ziehen, denn Zahlenkolonnen kann man nicht so leicht interpretieren wie Kurven.

Dennoch besteht kein Zweifel, dass man hier in Mannheim einen ersten, sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung tat. Aber was für eine Richtung ist hier gemeint? Das Ziel sind die sogenannten „korrespondierenden Beobachtungen“. Mit diesen bezeichnet man folgendes Programm: Zu festgelegten Uhrzeiten, an verabredeten Terminen, mit gleichartigen Instrumenten an möglichst vielen verschiedenen Orten erdmagnetische Beobachtungen durchzuführen. Die Daten, das sind anfangs nur Zahlenkolonnen, kann man in Kurven verwandeln, die man nunmehr leicht miteinander vergleichen kann. Das ist die Richtung, das Ziel. Was im Falle der Societas Meteorologica Palatina in Mannheim fehlte, war ein ganz und gar entscheidender Punkt, nämlich die Gleichzeitigkeit der Beobachtungen. Man beobachtete zwar zur selben Tageszeit, das aber bedeutete nur zur selben Ortszeit. Das ergibt für meteorologische Daten durchaus Sinn, aber im Falle von Deklinationsbeobachtungen sollten diese zu einem genau festgelegten Zeitpunkt, der für alle Stationen gilt, erfolgen. Der Unterschied in der geographischen Länge bedeutet denselben Unterschied in den Ortszeiten. Man muss sich zunächst auf eine Uhrzeit einigen, die dann unabhängig von der geographischen Länge des jeweiligen Ortes, von allen Stationen angewandt wird.

2. Der Humboldt’sche Magnetische Verein

Alexander von Humboldt beobachtete während seiner Amerikareise intensiv nicht nur die bekannten erdmagnetischen Größen Deklination und Inklination, sondern auch die dritte Komponente des Erdmagnetismus, die Intensität. Humboldt war zwar nicht der Erste, der Intensitätsbeobachtungen durchführte, aber er war derjenige, der der neuen Komponente den Durchbruch ermöglichte. Für die Messung der Intensität beobachtete er die Anzahl der Schwingungen einer Inklinationsnadel um den magnetischen Meridian während einer Zeitspanne von 10 Minuten; sein Wert war damit nur ein Mittelwert und kein präziser Wert. Die Anfänge waren bescheiden, Humboldts Ergebnis war noch keine Karte mit Intensitätslinien, sog. Isodynamen, sondern nur eine Karte mit sog. Intensitätszonen. Im Jahre 1804 veröffentlichte Humboldt zusammen mit Jean-Baptiste Biot (1774–1862) die epochemachende Arbeit „Sur les variations du magnétisme terrestre à différents latitudes“ (Humboldt/Biot 1804), die von einer Karte mit sog. Intensitätszonen begleitet wurde, damals ein Novum. Ausgehend vom magnetischen Äquator beschrieb Humboldt vier Zonen sowohl nördlich als auch südlich des magnetischen Äquators gelegen, die durch einen Durchschnittswert der Schwingungsdauer der Inklinationsnadel definiert wurden.

Gleichzeitig erkannte Humboldt das Gesetz, dass die Intensität vom magnetischen Äquator zu den magnetischen Polen hin zunimmt; Humboldt bezeichnete dies später als seine größte Leistung auf dem Gebiet des Erdmagnetismus (Humboldt/Bonpland 1814–1825, 3: 615–616, siehe auch Reich 2011a: 36–37).

Humboldt gehörte in seiner Zeit nicht zu den bedeutenden Kartenzeichnern, die es damals durchaus in größerer Anzahl gab. Hier sei insbesondere Christopher Hansteen erwähnt, dessen Intensitätskarten Weltruf genossen. Er begann mit der Veröffentlichung einer Karte, die die Nordsee mit ihren Anrainerstaaten zeigte, in die die Isodynamen eingezeichnet waren. Im Jahre 1831 konnte er eine Weltkarte mit Isodynamen präsentieren, die damals große Aufmerksamkeit erregte (Reich/Roussanova 2015: 66–67, 69; Hellmann 1895: 14–15).

In den Jahren 1805 bis 1807 hielt sich Humboldt in Berlin auf; er führte dort, von zahlreichen Freunden unterstützt, ca. 6000 magnetische Beobachtungen durch (Humboldt 1829: 329–330). Wie Humboldt selbst später berichtete, hatte er bereits damals in Berlin die Idee entwickelt, korrespondierende Beobachtungen durchzuführen (Dove 1830: 358).

Danach kehrte Humboldt nach Paris zurück, wo er mit François Arago (1786–1853) vor allem auf dem Gebiet des Erdmagnetismus intensiv zusammenarbeitete. Im Jahre 1823 wurde im Garten des Pariser „Observatoire“ ein Magnetisches Observatorium errichtet. Es war nicht das erste Magnetische Observatorium in der Geschichte; bereits im Jahre 1817 hatte John Pond (1767–1836) in Greenwich ein Magnetisches Observatorium auf dem Gelände des Royal Observatory bauen lassen, das bis 1824 funktionsfähig war. Arago und Humboldt hatten sowohl im November 1817 als auch im Jahre 1822 Greenwich einen Besuch abgestattet und vielleicht bei dieser Gelegenheit auch das dortige Magnetische Observatorium gesehen. Es gab vier junge Wissenschaftler, die einen Studienaufenthalt in Paris wahrnahmen und dabei das neue Observatorium kennenlernten: die beiden russischen Wissenschaftler Adolf Theodor Kupffer (1799–1865) und Ivan Michajlovič Simonov (1794–1855), der schwedische Student Frederik Rudberg (1800–1839) sowie Ferdinand Reich (1799–1882), der damals als Hüttengehilfe in Freiberg in Sachsen wirkte. Unter der Ägide von Humboldt und Arago erlernten sie die Praxis der erdmagnetischen Beobachtungen. Alle vier Schüler gründeten Ende der zwanziger bzw. Anfang der dreißiger Jahre in ihrer Wirkungsstätte ein Magnetisches Observatorium: Kupffer und Simonov in Kasan, Kupffer darüber hinaus auch in St. Petersburg, Rudberg in Stockholm und Reich in Freiberg. Diese Magnetischen Observatorien waren ohne Zweifel aus dem Dialog mit Humboldt und Arago in den Jahren 1823 und 1824 in Paris hervorgegangen. Kupffer sorgte später für die Gründung weiterer Magnetischer Observatorien, nämlich in Peking und in Sitka. In Peking gab es seit 1715/1716, also seit Peters I. (1672–1725) Zeiten, die Kaiserliche Russische Geistliche Mission, auf deren Gelände 1832 ein Magnetisches Observatorium in Betrieb genommen wurde. Aleksej Ivanovič Kovan’ko (1808–1870), Bergingenieur, Chemiker und Hüttenverwalter, war für die magnetischen Beobachtungen zuständig; er blieb bis 1836 in Peking; es kamen Nachfolger, das magnetische Observatorium blieb für mehrere Jahrzehnte in Betrieb. In Sitka war es der Baron und Marineoffizier Ferdinand von Wrangell (1796–1870), der großes Interesse an erdmagnetischen Beobachtungen hegte. Er wurde 1829 Gouverneur von Russisch-Amerika und sorgte für die entsprechenden Einrichtungen in Neu-Archangelsk auf der Halbinsel Sitka.

Im Jahre 1827 kehrte Humboldt nach Berlin zurück. Was lag näher, als nunmehr auch in Berlin für den Bau eines eigenen Magnetischen Observatoriums Sorge zu tragen. Dieses, im Garten des Anwesens der Familie Mendelssohn Bartholdy in der Leipziger Straße 3 gelegen, war Ende des Jahres 1828 fertig (Reich 2011a: 42–43), erst nachdem die Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Berlin stattgefunden hatte. Carl Friedrich Gauß (1777–1855), der auf Einladung Humboldts an dieser Tagung teilnahm, hatte es nicht gesehen. Der entscheidende Punkt ist, an diesem Observatorium in Berlin wurden Ende des Jahres 1829 weltweit die ersten korrespondierenden Beobachtungen durchgeführt, Berlin wurde damit zum Zentrum des Humboldt’schen Magnetischen Vereins. Was das Beobachtungsnetz anbelangte, so hatte Humboldt im Vorfeld von Berlin aus Verabredungen mit Freiberg getroffen. Er hoffte ferner auf die Beteiligung der Stadt Marmato in Kolumbien, wo sich damals sein Freund Jean-Baptiste Boussingault (1802–1887) aufhielt, und von Paris, wo sein Freund François Arago wirkte; diese beiden Hoffnungen erfüllten sich jedoch nicht. Nun, da seine russische Reise bevorstand, erwartete er natürlich die Unterstützung durch Kupffer und Simonov, seine in Paris ausgebildeten Freunde.

Am 10. April 1829, kurz vor seiner Abreise nach Russland, schlug Humboldt folgende Termine für korrespondierende Beobachtungen vor:

7 Termine im Jahre 1829:

20.

und

21. März

 

4.

und

5. Mai

 

21.

und

22. Juni

 

6.

und

7. August

 

23.

und

24. September

 

5.

und

6. November

 

21.

und

22. Dezember

4 Termine im Jahre 1830:

20.

und

21. März

 

4.

und

5. Mai

 

20.

und

21. Juni

 

6.

und

7. August

jeweils von 4 Uhr morgens des ersten Tages bis Mitternacht des zweiten Tages, „wenigstens von Stunde zu Stunde Tages und Nachts“ (Dove 1830: 361, 377), also 45 Beobachtungen pro Termin. Das war neu, in so kurzen Abständen, stündlich, zu messen. In der Realität gab es nur 3 Termine und zwar im Oktober und im Dezember 1829 und im Mai 1830. Den Anfang machten die Beobachtungen am 1./2. Oktober 1829. Während seiner Russlandreise sorgte Humboldt für Absprachen, d.h. die Beobachtungstermine für die gemeinsamen Deklinationsbeobachtungen in St. Petersburg und in Kasan wurden mündlich festgelegt. Kupffer bemühte sich zusätzlich um gleichzeitige Beobachtungen in Nikolaev, wo er sich nach der Besteigung des höchsten Berges in Europa, des Elbrus, im Herbst 1829 aufhielt. Alle Beobachtungen wurden mit gleichartigen, Gambey’schen Instrumenten durchgeführt und waren daher vergleichbar. So bestand das Humboldt’sche Netz aus folgenden fünf Stationen:

Was die Durchführung der Beobachtungen in Berlin und die folgende Publikation betraf, so sorgte der in Berlin wirkende Meteorologe Heinrich Wilhelm Dove (1803–1879) für beides, er war der Mann, ohne den das alles nicht funktioniert hätte. Interessant und bislang unbekannt ist, dass Dove zunächst die Daten nur in Form von Zahlenreihen veröffentlichte und zwar 1829 im Band 17 der Annalen der Physik und Chemie ganz am Ende im unpaginierten Teil, also ganz ähnlich wie bei der Societas Meteorologica Palatina. Aber, im Bd. 19 der Annalen, der 1830 erschien, bekamen die Daten eine geometrische Gestalt, sie wurden mittels Kurven visualisiert. Voraussetzung dafür war die Gleichzeitigkeit der Messungen. Diese Idee ist nicht kompliziert, aber man muss sie haben! Dove führte aus, dass an allen Orten nach Ortszeit beobachtet wurde (Dove 1830: 377), aber er reduzierte, wie die graphischen Darstellungen zeigen, die Daten auf Berliner Zeit, sodass jetzt die Daten von allen Orten zu Berliner Ortszeit verglichen werden konnten:

Abb-3-Reich-Korr-Beobachtungen%20.tif

Abb. 3: Korrespondierende Beobachtungen am 19. und 20. Dezember 1829 in Berlin, Freiberg, St. Petersburg, Kazan und Nikolaev (Dove 1830: Tafel II).

 

Das Wichtigste ist die erste Zeile: „Berliner Zeit“. Das ist der entscheidende Punkt, die Gleichzeitigkeit! So verwundert es nicht, dass diese neue Erkenntnis, die Methode der korrespondierenden Beobachtungen, sofort in das berühmte Gehler’sche Physikalische Wörterbuch Eingang fand. Dort wurden im „Kupfer-Atlas“ die „Korr. Beob. vom 1. & 2.10.1829“ (Horner 1842: Tab. XXIX, Fig. 222) vorgestellt. Johann Caspar Horner (1774–1834), der Autor des Aufsatzes „Magnetismus“ in Gehlers Physikalischem Wörterbuch, erkannte sofort die Bedeutung der korrespondierenden Beobachtungen, denn er ließ seine Leser wissen:

Bei weitem das Meiste für die nähere Kenntniss des Magnetismus überhaupt und namentlich der jährlichen und täglichen Variationen der Declination ist in den neuesten Zeiten durch correspondirende Beobachtungen geschehn, wozu zwei höchst berühmte Gelehrte, A. v. Humboldt und Gauss, Anregung gegeben haben. (Horner 1836: 1101)

Im Grunde genommen sind die Darstellung in Zahlen und die geometrische Darstellung natürlich gleichwertig. Aber erst die graphische Darstellung bot die Möglichkeit, daraus weiterreichende Schlüsse zu ziehen, und genau das taten Dove bzw. Humboldt. Auffallend war die Parallelität der Kurven und aus dieser folgte, dass das Phänomen des Erdmagnetismus vor allem ein globales Phänomen ist, das man durch die Parallelität vor Augen geführt bekam. Das bedeutet, irgendwo im Erdinneren wird, wodurch auch immer, die erdmagnetische Kraft erzeugt, die an verschiedenen Orten in gleicher Weise zutage tritt. Dove drückte das folgendermaßen aus: „Der Parallelismus der Curven […] beweist, daß jene Störungen gleichzeitig und allgemein wirkten“ (Dove 1830: 387). Das war ein völlig neuer Gedanke, den erst die korrespondierenden Beobachtungen ermöglichten.

An dieser Stelle soll ein schematischer Vergleich vorgestellt werden, nämlich zwischen der Societas Meteorologica Palatina (Soc), Alexander von Humboldts Magnetischem Verein (HMV) und sozusagen gleich als Vorwegnahme der sich anbahnenden Entwicklung, dem Göttinger Magnetischen Verein (GMV), den Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Weber (1804–1891) im Jahre 1834, als Fortsetzung des Humboldt’schen Magnetischen Vereins, ins Leben riefen.

 

Dauer des Vereins

Anzahl der Stationen

Instrumente

Gleichzeitigkeit

Soc

1781–1792

12 Jahre

17

130 Längengrade

8 ½ Stunden

gleichartig

nein

HMV

1829–1834

2 bzw. 5 Jahre

5

30 Längengrade

2 Stunden

gleichartig

ja

GMV

1834–1841

8 Jahre

61

global

gleichartig

ja

 

 

 

 

 

 

Termine

eigene Zeitschrift

Art der Darstellung

Erkenntnisgewinn

Soc

3 × täglich

7, 14, 21 Uhr

ja

12 Bände

Zahlenkolonnen

Vorstufe zu den Korresp. Beob.

HMV

7 bzw. 4 Term.

45 Stunden

1 × pro Stunde

nein

Graphische Darstellung

Korresp. Beob.

globale Betrachtung

GMV

7 bzw. 4 Term.

48 Stunden

6 bzw. 12 × pro Stunde

ja

6 Bände

Graphische Darstellung

berechnete Karten

Korresp. Beob.

Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus

Dass man an den einzelnen Stationen mit gleichartigen Instrumenten arbeiten muss, hatte man schon in der Societas Meteorologica Palatina erkannt und diese Erkenntnis befolgten auch die beiden nachfolgenden Vereine. Wie man jetzt auf einen Blick erkennen kann, war der Humboldt’sche Magnetische Verein eine Art Zwischenstufe, er war der kleinste hinsichtlich der Anzahl der Stationen und der kleinste hinsichtlich der Ausdehnung dieser Stationen, und es war derjenige Verein, der die kürzeste Zeitspanne existierte; und, man verfügte über keine eigene Zeitschrift. Humboldts Verdienst bestand jedoch darin, der Schöpfer der Methode der korrespondierenden Beobachtungen zu sein. Diese brachte in der Tat die Forschung ganz maßgeblich voran; die Methode der korrespondierenden Beobachtungen war ein ganz und gar entscheidender Schritt, der globale Überlegungen erstmals möglich machte.

3. Der Göttinger Magnetische Verein

Obwohl Carl Friedrich Gauß schon früh Interesse am Erdmagnetismus zeigte, plante er zunächst keine eigenständigen Forschungen auf diesem Gebiet. Wilhelm Weber hatte 1822 an der Universität Halle promoviert und wirkte dort seit 1827 als Privatdozent der Physik. Im September 1828 nahm er an der Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Berlin teil, wo er Gauß persönlich kennenlernte. Nachdem Wilhelm Weber 1831 als Professor der Physik an die Universität Göttingen wechselte, arbeiteten Gauß und Weber in bewundernswerter Weise und auf Augenhöhe zusammen, sie wurden und blieben Freunde fürs Leben. Eines der wichtigsten Gebiete, auf dem sie beide wirkten, war die Erforschung des Erdmagnetismus; für beide Wissenschaftler war dieses Gebiet am Anfang wissenschaftliches Neuland.

Gauß war in einer ganz anderen Situation als Humboldt, er war Universitätsprofessor, d.h. er hatte Schüler und ehemalige Schüler; einen Teil von diesen konnte er für erdmagnetische Beobachtungen begeistern. Zunächst widmete sich Gauß dem von Humboldt eingeführten Intensitätsbegriff und der Verbesserung der Instrumente. Begnügte man sich vor Gauß mit relativen Beobachtungswerten, die vom jeweils benutzten Instrument abhängig waren, so entwarf Gauß eine Methode, mit Hilfe deren man zu absoluten Beobachtungswerten gelangen konnte. Voraussetzung hierfür war ein neuartiges Instrument, dem er den Namen Magnetometer gab. Er entwarf sozusagen eine Basis für alle Messwerte; aus den ehemals relativen Messwerten wurden dadurch absolute Messwerte, die unabhängig vom verwendeten Instrument waren. Wie man dabei vorzugehen hatte, beschrieb er in seiner Schrift Intensitas vis magneticae ad mensuram absolutam revocata. Im Dezember 1832 stellte er diese Schrift der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen vor (Gauß 1832). Die Anzeige übersetzte Humboldt unverzüglich ins Französische und ließ sie seinem Freund François Arago in Paris zukommen. Im Jahre 1833 erschien in sehr kleiner Auflage ein Vorabdruck des von Gauß in lateinischer Sprache verfassten Werkes Intensitas sowie eine Übersetzung ins Deutsche, die dem im Berlin wirkenden Physiker Johann Christian Poggendorff (1796–1877) zu verdanken war. Arago war es, der Gauß’ Intensitas ins Französische übersetzte und diese Übersetzung in den Annales de chimie et de physique veröffentlichte. Erst mit großer Verspätung erschien im Jahre 1841 der lateinische Originaltext der Intensitas in den Göttinger Commentationes (Gauß 1841).

In der Einleitung zu seiner Intensitas hielt Gauß fest:

Humboldt gebührt unter so vielen anderen auch das Verdienst, dass er wohl zuerst auf diesen Gegenstand sein Augenmerk gerichtet und auf seinen Reisen eine grosse Menge von Beobachtungen über die relative Stärke des Erdmagnetismus gesammelt hat, aus denen sich eine fortwährende Zunahme dieser Stärke beim Fortschreiten von dem magnetischen Aequator gegen den Pol hin ergeben hat. (Reich 2019a: 535)

3.1. Korrespondierende Beobachtungen in Göttingen

Anfang des Jahres 1833 wurde der Bau eines eigenen Magnetischen Observatoriums auf dem Gelände der Göttinger Sternwarte beschlossen, Ende 1833 war der Bau vollendet, der Betrieb konnte aufgenommen werden. Ab Anfang des Jahres 1834 wurden regelmäßig magnetische Beobachtungen durchgeführt, das war der Beginn des Göttinger Magnetischen Vereins, der den Humboldt’schen Magnetischen Verein nahtlos ablöste. Das Göttinger Magnetische Observatorium existiert heute noch, wenn auch an anderer Stelle.2 Es war dies ein Vorzeigeobservatorium, zu dem am Erdmagnetismus interessierte Besucher von nah und fern strömten. Den Anfang machten Gauß’ eigene Schüler Christian Ludwig Gerling (1788–1864) aus Marburg, Adolph Theodor Kupffer aus St. Petersburg und Johann Franz Encke (1792–1865) aus Berlin. Das Göttinger Magnetische Observatorium besuchten folgende Wissenschaftler aus

Manche der Besucher kamen mehrfach nach Göttingen. Die Stadt wurde zu einer Art Mekka für Erdmagnetiker.

Erste korrespondierende Beobachtungen führte Gauß bereits im März 1834 durch; zu den ersten Orten, die daran beteiligt waren, gehörten Berlin, Leipzig, Kopenhagen und Mailand. Die Berliner Beobachtungen stammten nicht von Alexander von Humboldt, sondern von Johann Franz Encke, der diese noch in der alten Berliner Sternwarte durchführte (Reich 2019b: 19–20).

Die Anzahl der am Göttinger Magnetischen Verein mitwirkenden Orte wuchs schnell an, es waren insgesamt 61, wobei immer nur einige und niemals alle Stationen Daten lieferten. Von diesen Stationen lagen

Aber Gauß und Weber unterhielten zu wesentlich mehr Orten Kontakte, – es waren mehr als 160 – denn nicht alle lieferten Daten für den Göttinger Magnetischen Verein. Die Gründe hierfür waren vielfältig, einige hatten nicht zur richtigen Zeit beobachten können, einige hatten nur gute Vorsätze, andere hatten Probleme mit den Instrumenten usw. Alle beteiligten Stationen, die Daten lieferten, verwendeten, und das ist sehr wichtig, mittlere Göttinger Zeit. Das war auch noch üblich, als sich Gauß bereits aus den erdmagnetischen Beobachtungen zurückgezogen hatte, ja selbst nach Gauß’ Tod beobachtete man in den britischen Stationen immer noch nach mittlerer Göttinger Zeit, „Göttingen mean time“, so z.B. die Brüder Schlagintweit auf ihrer Expedition in den Himalaya in den Jahren 1854–1857, bei der sie auch zahlreiche erdmagnetische Beobachtungen durchführten (Schlagintweit 1861: 313).

Die ersten Ergebnisse, die in Göttingen mit Hilfe der Methode der korrespondierenden Beobachtungen erzielt wurden, wurden in den Annalen der Physik und in den Astronomischen Nachrichten veröffentlicht. Schließlich aber gründeten Gauß und Weber eine eigene Zeitschrift, die Resultate aus den Beobachtungen des Göttinger magnetischen Vereins, von der der erste Band mit den Daten für das Jahr 1836 im Jahre 1837 und der sechste und letzte Band 1843 herauskam; er enthielt die Beobachtungsdaten vom Jahre 1841. Jeder Band wurde durch Steindrucktafeln ergänzt, insgesamt waren es 49, von denen 25 Tafeln die graphische Darstellung der korrespondierenden Beobachtungen zeigten.

Ursprünglich dachte Weber daran, auch Humboldt unter den Herausgebern zu nennen, doch dieser ließ ihn am 22. Oktober 1837 wissen:

Ich kann Ihren ehrenvollen Vorschlag meinen Namen mit auf den Titel Ihrer Schrift zu sezen, nicht annehmen, da ich seit 40 Jahren den Grundsaz fest befolge, meinen Namen den Arbeiten vorzubehalten, die ich selbst herausgebe.3

Gauß verfasste die Einleitung zur neuen Zeitschrift, dort führte er aus:

Der berühmte Naturforscher, dem unsere Kenntniss des Erdmagnetismus so viele Bereicherung verdankt, hat auch hier zuerst die Bahn gebrochen. Hr. von Humboldt errichtete in Berlin gegen Ende des Jahrs 1828 für die magnetischen Beobachtungen ein eignes eisenfreies Häuschen, stellte darin einen von Gambey verfertigten Variationscompass auf, und verband sich mit andern Besitzern ähnlicher Apparate an mehrern zum Theil sehr entlegenen Orten zu regelmässigen an verabredeten Tagen auszuführenden Beobachtungen der magnetischen Variation. (Gauß 1837: 5; Werke 5: 346–347).

Er sprach also hier sowohl Humboldts Magnetisches Häuschen an, das Ende des Jahres 1828 in Berlin im Garten des Hauses Leipziger Straße 3 in Betrieb ging, als auch die Methode der korrespondierenden Beobachtungen.

Wilhelm Weber war es vorbehalten, im ersten Band der Resultate das Göttinger Magnetische Observatorium vorzustellen. Seinen Beitrag „Bemerkungen über die Einrichtung magnetischer Observatorien und Beschreibung der darin aufzustellenden Instrumente“ versah er mit drei Tafeln, auf denen der Beobachtungsraum, der Grundriss des magnetischen Observatoriums zusammen mit dem magnetischen Meridian sowie die Lage des Magnetischen Observatoriums auf dem Sternwarten-Gelände zu sehen waren (Weber 1837: Tafel I, II und III).

Vor allem die Ansicht des Beobachtungsraumens erregte Interesse, wurden doch hier auch alle benötigten Instrumente vorgestellt, siehe Abb. 4. Diese Abbildung wurde noch mindestens viermal reproduziert, so von Schnuse (Lamé/Schnuse 1838–1 841, 3: Tafel XX), in Frankreich von Antoine César Becquerel (1788–1878) (Becquerel 1840: Planche 14, Fig. 6), in England (Scientific Memoirs 2, 1841: Plate II, zwischen 140/141) und in Österreich von Karl Kreil (1798–1862) (Kreil 1850: Tafel II).

Das Kernstück der Resultate waren die korrespondierenden Beobachtungen, die mit zahlreichen Orten gepflegt wurden. Alle diese Orte waren mit neuartigen Instrumenten ausgestattet, die aber nicht alle in Göttingen selbst, sondern auch andernorts hergestellt wurden. Zunächst hielt sich Gauß an die von Humboldt vorgeschlagenen acht Termine. Er änderte aber die Beobachtungszeit und -frequenz. Während Humboldt nur stündlich während 45 Stunden pro Termin Beobachtungen plante, ging Gauß von 48 Stunden Beobachtungszeit aus, beobachtet werden sollte 6 mal pro Stunde, das waren insgesamt 288 Beobachtungen pro Termin. Doch genügte ihm auch diese Genauigkeit schon bald nicht mehr, sodass in Zukunft 12-mal pro Stunde Beobachtungen durchzuführen waren, d.h. pro Termin waren das 576 Beobachtungen, wahrhaftig eine zeitraubende und kräftezehrende Beschäftigung. Wohl aus Belastungsgründen reduzierte Gauß dafür die Anzahl der Termine und begrenzte diese schließlich auf 4 Termine pro Jahr.

Abb-4-Reich-Magnet-Observ.tif

Abb. 4: Der Beobachtungsraum im magnetischen Observatorium in Göttingen. Aus: Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1836. Göttingen 1837, Tab. I [S. 128]. Digitalisat: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Sign. 2 PHYS III, 8908:1836, Taf. PURL: http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN776857975_1836 (zuletzt aufgerufen: 01.08.2020), mit freundlicher Genehmigung.

 

Mit der Anzahl der Teilnehmer am Göttinger Magnetischen Verein wuchs auch die Anzahl der Kurven auf den Tafeln mit den graphischen Darstellungen. Hier sei ein Beispiel mit 16 Kurven vorgestellt, siehe Abb. 5.

Teilnehmer waren folgende 16 Orte, die Daten geliefert hatten, nämlich Uppsala, Stockholm, Kopenhagen, Breda, Brüssel, Berlin, Göttingen, Marburg, Leipzig, Prag, Krakau, Breslau, Kremsmünster, Heidelberg, Genf, Mailand. Es gibt auch noch umfangreichere Tafeln, auf der größten Tafel wurden 21 Kurven gezeigt.

Gauß und Weber vollendeten die von Humboldt initiierte Idee der korrespondierenden Beobachtungen, indem erstens ein wesentlich größeres Beobachtungsnetz zugrunde gelegt wurde, man für kürzere zeitliche Intervalle sorgte und man neuartige Instrumente zum Einsatz brachte. Nur nebenbei sei bemerkt, dass Humboldt für seine Beobachtungen keine Instrumente in Göttingen bestellt hatte, er beobachtete weiterhin mit seinen alten Gambey’schen Instrumenten. Es gab eine Reihe von Wissenschaftlern, die in den Resultaten auch ihre wissenschaftlichen Beiträge veröffentlichten, so Christopher Hansteen, Humphrey Lloyd, Ivan Michajlovič Simonov und Peter Andreas Hansen (1795–1874). Nicht so Humboldt, er publizierte keinen wissenschaftlichen Beitrag in den Resultaten.

Abb-5-REICH-Korrespondierende_ueberarb.tif

Abb. 5: Graphische Darstellung der korrespondierenden „Declinations-Beobachtungen vom 26. & 27. Februar 1841.“ Aus: Resultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1841. Leipzig 1843, Tafel I. Digitalisat: Universitätsbibliothek Leipzig, Sign. Phys. 298-c, mit freundlicher Genehmigung.

 

3.2. Gauß’ „Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus“ und die Rolle, die Humboldt hierfür spielte

Im Folgenden geht es um die Frage, welche Rolle die von Humboldt gemessenen erdmagnetischen Daten für Gauß’ „Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus“ (Gauß 1839a und b) spielten. In der Tat kann man auf diese Frage eine präzise Antwort geben!

Die Daten, die Humboldt auf seiner Amerikareise gewonnenen hatte, waren bereits veraltet; in Frage kamen die während der Russlandreise im Jahre 1829 durchgeführten Beobachtungen.

Ein wichtiger erster Schritt hin zur „Allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus“ war Gauß’ Abschied von der Komponente „Intensität“, d.h. die ganze, totale Intensität, die ja erst Humboldt erfolgreich eingeführt hatte. Die neue Komponente war die horizontale Intensität, anstelle der schwingenden Inklinationsnadel verwendete man zu ihrer Messung eine schwingende Deklinationsnadel. Es genügte, wenn man es richtig anstellte, die Beobachtung von nur einer Schwingung, und die konnte man präzise messen. Dazu war ein neuartiges Instrument nötig, das Gauß anlässlich des 100-jährigen Universitätsjubiläums im September 1837 in Göttingen vorstellte, es handelte sich um das Bifilarmagnetometer (Gauß 1838). Humboldt war damals in Göttingen anwesend, er war der alle anderen überragende Ehrengast der Universität (Reich 2011b).

Die Bedeutung der horizontalen Intensität beschrieb Gauß am 25. Januar 1836 in einem Brief an den Physiker Georg Adolph Erman (1806–1800) in Berlin wie folgt:

In der That, wie die Sachen stehn, ist die ganze Intensität in den meisten Fällen nur wie eine Rechnungsgrösse zu betrachten, die man unmittelbar mit einiger Schärfe nicht erhalten kann, […]; und was noch wichtiger ist, man kann von der ganzen Intensität nur in äusserst wenigen Fällen irgend einen Gebrauch machen, sondern was man nöthig hat sind eben wieder jene Elemente selbst. (Reich 2019c: 49–50)

Die Elemente selbst waren die horizontale und die vertikale Intensität, die man durch Rechnung aus der Inklination und der ganzen Intensität, zerlegt in ihre Komponenten X, Y, Z gewinnen konnte.

Im Jahre 1839 erschien Gauß’ „Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus“ als ein Beitrag in den Resultaten (Gauß 1839a), der von einem „Nachtrag“ begleitet wurde (Gauß 1839b). Ein Jahr später kam der Atlas des Erdmagnetismus heraus (Gauß/Weber 1840). Gauß’ „Theorie“ wurde durch 6 Karten ergänzt, der Atlas enthielt 18 Karten. Neu an diesen Karten war, dass sie alle auf Berechnung beruhten und nicht wie alle früheren Karten auf Beobachtungen.

Berechnet wurden diese anhand der von Gauß entwickelten Theorie, welche auf dem Potentialbegriff beruht. Dessen Kernstück ist der Laplace-Operator, den man auf Kugelfunktionen anwendet. Neu ist nunmehr, dass es eine mathematische Definition für die Magnetpole gibt: Das Potential hat dort sein Maximum bzw. die horizontale Intensität = 0. Die 4 Magnetpoltheorie war damit endgültig Geschichte, es konnte überhaupt nur 2 Pole geben.

Gauß’ Theorie des Erdmagnetismus war nicht aus den erdmagnetischen Beobachtungen hervorgegangen oder von diesen beeinflusst worden. Es war, wie Eberhard Knobloch dies formulierte, eine Top-down Strategie, die Gauß hier anwandte. In der Top-Lage befindet sich die Theorie; die Beobachtungsdaten dienten lediglich zur Überprüfung der Qualität der Theorie (Knobloch 2019: 11). Dies ist ein ganz und gar wesentlicher Punkt, zuerst kam die Theorie. Ob diese gilt oder nicht, bzw. wie gut sie ist, offenbarte sich in einem zweiten Teil, in dem Gauß die Qualität seiner Theorie anhand von 3 Vergleichskarten und insbesondere von 103 Bezugspunkten überprüfte,4 für die die beobachteten Werte der Deklination, Inklination und Intensität so aktuell wie möglich und in hinreichender Qualität bekannt waren. Diese Bezugspunkte sollten möglichst gut über den Erdball verteilt liegen und möglichst auch nicht nur Küstenstädte, sondern auch Orte im Landesinneren betreffen. Dabei waren die Bezugspunkte, die in Russland bzw. von russischen Expeditionen angesteuert wurden, unerlässlich. Von diesen 103 Bezugspunkten lagen:

In seiner „Allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus“ und im dazugehörigen „Nachtrag“ zitierte Gauß folgende 35 Namen:

André-Marie Ampère

Philip Parker King

Peter Barlow

Karl Kreil

Edward Belcher

Adolph Theodor Kupffer

Johann Franz Encke

Johann Benedikt Listing

Georg Adolph Erman

Victor Charles Lottin

James Bucknall Bucknall Estcourt

Tobias Mayer

Vasilij Fëdorovič Fëdorov

William Edward Parry

Robert FitzRoy

John Phillips

James David Forbes

Adolphe Quetelet

Robert Were Fox

Michail Francevič Reinke

Louis Claude de Saulces de Freycinet

James Clark Ross

Georg Albert Fuß

Frederik Rudberg

Benjamin Goldschmidt

Edward Sabine

Edmond Halley

Wolfgang Sartorius von Waltershausen

Christopher Hansteen

Wilhelm Struve

Johann Caspar Horner

Thomas Glanville Taylor

Alexander von Humboldt

Wilhelm Weber

Edward John Johnson

 

Halley und Tobias Mayer waren historische Personen, Goldschmidt und Weber die wichtigsten Mitarbeiter in Göttingen. Sehr viele der noch übrigen Namen standen in Zusammenhang mit den Bezugspunkten, es handelte sich um Datenlieferanten. So befanden sich darunter

Humboldt gehörte zu denjenigen Datenlieferanten, die die Daten während einer Expedition in Russland bzw. Sibirien sammelten. Gauß führte sehr genau aus, welche von Humboldt gemessenen Daten er heranzog, nämlich die erdmagnetischen Koordinaten von folgenden 5 Orten: Catharinenburg (heute Jekaterinburg), Kasan, Moskau, Orenburg, Tobolsk. Aber an diesen Orten hatten auch andere Wissenschaftler Messungen durchgeführt, so Georg Adolph Erman, Vasilij Fëdorovič Fëdorov (1802–1855) und Christopher Hansteen, sodass Humboldt nur einer unter mehreren Beobachtern war. Humboldts Beitrag war im eigentlichen Sinne nicht wesentlich, da von ihm nur Daten von Orten in Russland stammten, an denen auch andere Wissenschaftler Beobachtungen durchgeführt hatten. Gauß hatte in solchen Fällen Mittelwerte aus den verschiedenen Daten gebildet.

Die meisten beobachteten Daten für die Bezugspunkte lieferte Georg Albert Fuß (1806–1854), nämlich von 33 Orten, gefolgt von Robert FitzRoy (25 Orte) und Georg Adolph Erman (21 Orte). FitzRoy (1805–1865) war der Kapitän der „Beagle“ während der Weltumsegelung in den Jahren 1831 bis 1836; der berühmteste Teilnehmer dieser wohl spektakulärsten Expedition im 19. Jahrhundert war Charles Darwin (1809–1882).

Wie man sich diese Überprüfung der Qualität der Theorie mit Hilfe von Bezugspunkten vorzustellen hat, soll am Beispiel von Berlin gezeigt werden. Die Berliner Daten stammten wiederum nicht von Humboldt, sondern von Encke. Diesem stand seit 1836 die zweite, neue Berliner Sternwarte zur Verfügung, auf deren Gelände es ein eigenes Magnetisches Observatorium gab. Zu diesem Zeitpunkt existierte Humboldts privates Magnetisches Observatorium in der Leipziger Straße 3 bereits nicht mehr, es war abgerissen worden. Encke stellte in seinem Beitrag „Constanten für Berlin“ die Daten vor, die Gauß für seine Überprüfung heranzog (Encke 1837: 240); Gauß verzichtete hierbei auf Enckes Sekundenangaben (Reich 2019b: 25):

 

Berechnet

Beobachtet

Unterschied

Deklination

+18°31'

+17°5'

+1°26'

Inklination

66°45'

68°7'

1°22'

Intensität

1,391

1,367

+0.024

Die Unterschiede, die sich an den 103 Bezugspunkten ergaben, waren so klein, dass Gauß mit der Qualität seiner Theorie mehr als zufrieden war (Gauß 1839a: 42–43; § 30; Werke 5: 162).

Mit der Überprüfung der Theorie anhand der Bezugspunkte einher ging ein Vergleich von berechneten und beobachteten Karten. Die 6 berechneten Karten, die Gauß seiner „Allgemeinen Theorie“ beigab, waren

Gauß hatte hier die ersten Karten mit Äquipotentiallinien vorgestellt; es gab keine Vergleichskarten, da das Potential keine Größe ist, die man beobachten kann. Für die Deklinationskarten diente eine im Jahre 1833 von Peter Barlow (1776–1862) veröffentlichte Karte zum Vergleich (Barlow 1833), für die Intensitätskarten eine im Jahre 1838 von Edward Sabine (1788–1883) veröffentlichte Karte (Sabine 1838) und für die Inklination eine im Jahre 1836 von Johann Kaspar Horner veröffentlichte Karte (Horner 1842, Charte III, IV). Jedoch erschien die berechnete Inklinationskarte nicht mehr in der „Allgemeinen Theorie“, sondern erstmals im Atlas, also ein Jahr später (Gauß/Weber 1840, Tafel XV und XVI). Der Kartenvergleich offenbarte allerdings nicht die Stärken bzw. Schwächen der Gaußschen Theorie, sondern vielmehr die allzu großen Schwächen der Beobachtungen bzw. der daraus hervorgegangenen Karten (Gauß 1839a: 30; § 25; Werke 5: 149); (Gauß/Weber 1840: 31–32; § 42; Werke 12: 402–403).

In einem Brief vom 18. Juni 1839 zollte Humboldt Gauß mit herzlichen Worten vollste Anerkennung:

Ich wollte Ihnen nicht eher meinen wärmsten Dank wie den Ausdruck meiner Bewunderung und Liebe darbringen, als bis ich recht frischen Geistes über das Gelingen einer Arbeit schreiben könnte, die zu den großartigsten und umfassendsten gehört, welche ich unter meinen Zeitgenossen erlebt. Meine Freude über ein solches Gelingen entspricht der Anhänglichkeit, die ich für den Entdecker der wahren Theorie des Erdmagnetismus (und einer Theorie, die unabhängig von allen besonderen Hypothesen über die Vertheilung der magnetischen Flüssigkeit in der Erdmasse ist) in meinem Busen bewahre. [..] Das Herz ist noch nicht erhärtet und schlägt mit erhöhter Wärme für den, der des Blitzes Helle in das geheimnisvolle Dunkel verwickelter Naturerscheinungen sendet. (Humboldt/Gauß 1977: 76)

Wilhelm Weber hatte im Dezember 1837 seine Professur in Göttingen verloren, weil er zu den „Göttinger Sieben“ gehörte. Ohne Stellung und ohne Gehalt blieb er dennoch in Göttingen, um mit Gauß weiterarbeiten zu können. 1842 jedoch übernahm er eine Professur in Leipzig, das war das Ende des Göttinger Magnetischen Vereins. Die Politik im Königreich Hannover vernichtete etwas, was einmalig und unwiederbringlich war. Es fand sich keine Nachfolgeinstitution, die die Aufgabe Göttingens übernommen hätte. Auf die global ausgerichtete Erforschung des Erdmagnetismus durch Gauß und Weber folgte eine Epoche der national ausgerichteten Forschung. Sowohl in Russland als auch in Österreich wurden neue Institutionen gegründet, die die nationale Forschung bündeln sollten, so das „Physikalische Hauptobservatorium“ in St. Petersburg, das 1849 seine Arbeit aufnahm (Reich/Roussanova 2011: 103–104) und die „Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus“ in Wien, gegründet im Jahre 1851 (Reich/Roussanova 2018: 72–77).

Gauß’ „Allgemeine Theorie des Erdmagnetismus“ gilt ohne Änderungen auch heute noch. Wie die russische Geophysikerin Tat’jana Nikolaevna Roze (1914–1985) ausführte, gibt es zwei Epochen in der Geophysik, die Epoche vor Gauß und die Epoche nach Gauß (Roze 1952: 286). Gauß ist die Zäsur, der Meilenstein. Nicht umsonst gibt es eine magnetische Einheit, die nach Gauß benannt ist.

Was die Erforschung des Erdmagnetismus anbelangt, so verfolgten Humboldt und Gauß unterschiedliche Ziele: Humboldt war, was Gauß stets betonte, der großartige Naturforscher, dessen Beobachtungen und Beiträge nicht nur ein wichtiges, sondern ein unentbehrliches Fundament lieferten. Humboldt verfügte jedoch, wie viele Erdmagnetiker in seiner Zeit, nicht über die notwendigen mathematischen Kenntnisse, um Gauß’ Theorie verstehen zu können. Daniel Kehlmann beschrieb dies in seinem verbreiteten Roman Die Vermessung der Welt mit folgenden drastisch formulierten Worten:

Er habe immer eine Inklinationsnadel mitgeführt, sagte Humboldt. So habe er mehr als zehntausend Ergebnisse gesammelt.

Herr im Himmel, sagte Gauß. Schleppen reiche nicht, man müsse auch denken. Die horizontale Komponente der Magnetkraft lasse sich als Funktion der geographischen Breite und Länge darstellen. Die vertikale Komponente entwickle man am besten in einer Potenzreihe nach dem reziproken Erdradius. Einfache Kugelfunktionen. Er lachte leise.

Kugelfunktionen. Humboldt lächelte. Er hatte kein Wort verstanden. (Kehlmann 2005: 224).

Literaturverzeichnis

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1 Siehe https://www.math.berlin/mathematiker/nikolaus-von-beguelin.html (zuletzt aufgerufen am 31.07.2020).

2 Das Magnetische Observatorium befindet sich seit dem Jahre 1902 auf dem Gelände der Wiechert’schen Erdbebenwarte: Herzberger Landstraße 180–182.

3 Zitiert nach einer Kopie dieses Briefes, die in der Forschungsbibliothek des Akademienvorhabens „Alexander von Humboldt auf Reisen – Wissenschaft aus der Bewegung“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eingesehen wurde.

4 In seiner „Allgemeinen Theorie des Erdmagnetismus“ umfasste Gauß’ Liste der Bezugspunkte 91 Nummern, dazu kamen 8 Nummern im „Nachtrag“, und im Atlas wurden nochmals vier Bezugspunkte hinzugefügt, sodass es insgesamt 103 Bezugspunkte waren.

5 Encke hatte die geographische Länge von Berlin mit 31°3'27,8 angegeben, weil sein Nullmeridian nicht durch Greenwich, sondern durch Ferro lief. Ferro (heute El Hierro) ist die westlichste der Kanarischen Inseln, und galt früher als der westlichste Ort von Europa, durch den der Nullmeridian lief. Gauß dagegen verwendete den Nullmeridian durch Greenwich.

6 Leider unterließ der Herausgeber des Bandes 5 der Gauß-Werke Ernst Schering die Wiedergabe dieser Karten und dies, obwohl die Karten im Text angesprochen wurden.

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