Eberhard Schulz-Lüpertz
Die beiden Forschungsreisenden Alexander von Humboldt und Ulrich Jasper Seetzen haben sich während der gemeinsamen Studienzeit in Göttingen kennengelernt und sich dort über ihre Arbeiten zur Naturkunde ausgetauscht. Später brach Seetzen, wie Humboldt, zu einer großen Expedition auf, die ihn als ersten Europäer durch das zentrale Afrika führen sollte. Seine Forschungen im Nahen Osten gelten bis heute als Pionierleistungen der Orientalistik. Das Unternehmen fand auf der arabischen Halbinsel ein vorzeitiges, tragisches Ende.
Über die Beziehung der beiden Kommilitonen während ihrer Göttinger Zeit war bislang wenig bekannt. Ein kürzlich entdecktes Brieffragment ermöglicht neue Einblicke. Es erweist sich als eine Abschrift Seetzens aus einem bislang unbekannten Brief des einundzwanzigjährigen Humboldt über dessen Helgolandreise 1790. Im Zusammenhang mit weiteren Quellen kann diese Jugendfreundschaft nun besser bewertet werden.
Alexander von Humboldt and the Frisian naturalist Ulrich Jasper Seetzen met in 1789 during their studies at the University of Göttingen. They shared common scientific interests in natural history. Later Seetzen, like Humboldt, conducted a multidisciplinary expedition which was meant to encompass the Middle East, Arabia and, as a final destination, central Africa which he intended to traverse as the first European traveller. The expedition came to an abrupt end in Yemen. This short description of Seetzen’s life and work focuses on his early relation to Humboldt. The paper centers around an investigation of a manuscript written by Seetzen which turns out to be an excerpt of a so far unknown letter by the 21-year-old Humboldt featuring a short observation abstract of his journey to the North Sea island Helgoland in 1790.
Les deux voyageurs scientifiques Alexandre de Humboldt et Ulrich Jasper Seetzen se sont connus au cours de leurs études universitaires à Goettingen. Ce fut là qu’ils se sont échangés sur la connaissance de la nature. Comme Humboldt, Seetzen partit pour une grande expédition qui devait le conduire, en tant que premier Européen, à l’Afrique centrale. Ses recherches au Proche-Orient sont considérées, aujourd’hui même, comme des travaux pionniers de l’orientalisme. A la péninsule arabe, son entreprise échoua d’une façon tragique. Peu de chose est connu, jusqu’à présent, de leurs relations pendant leurs études à Goettingen. Le fragment d’une lettre récemment découverte nous permet d’en savoir plus. Il s’agit de la copie de la main de Seetzen d’une lettre, inconnue jusqu’à maintenant, du jeune Humboldt âgé de 21 anssur son voyagew à lîle de Helgoland en 1790. A l’aide d’autres sources en plus, l’amitié entre les deux jeunes peut être évalué d’une façon plus précise.
In den biographischen Arbeiten über Ulrich Jasper Seetzen (1767–1811) fehlt nie der Hinweis auf die gemeinsame Studienzeit mit Alexander von Humboldt an der Universität Göttingen im Jahr 1789, meist gepaart mit dem Hinweis, die Forschungsreise des jüngeren Berliner Kommilitonen nach Lateinamerika 1799–1804 habe auch die Planungen des Naturforschers aus dem friesischen Jever für seine eigene Expedition ab 1802 durch den Vorderen Orient und das Innere Afrika beeinflusst. In der Humboldt-Literatur findet sich der Name Seetzens dagegen kaum. Das liegt zum einen daran, dass Zeugnisse für ihre Begegnung in Göttingen und eventuelle spätere Kontakte äußerst rar und zudem wenig ergiebig sind. Zum anderen ist Humboldt durch seine erfolgreiche Amerikareise sehr früh zu Weltruhm gelangt, während Seetzen aufgrund seines unglücklichen Schicksals der Erfolg und damit der Nachruhm versagt blieb.
Im Folgenden soll das Verhältnis der beiden Naturforscher zueinander skizziert werden. Am Beginn wird Seetzens Leben bis zum Aufbruch zu seiner großen Forschungsreise beschrieben. Im Mittelpunkt steht die Diskussion eines Brieffragments, das bislang nicht im Kontext von Humboldts Jugendbriefen erfasst wurde und neues Licht auf die wenigen bekannten Fakten werfen könnte. Zwei Briefe Humboldts an seinen Göttinger Lehrer Johann Friedrich Blumenbach, die erst vor wenigen Jahren gefunden wurden, spielen dabei ebenfalls eine wichtige Rolle. Ein kurzer Abriss von Seetzens erfolgreicher Expedition mit tragischem Ausgang ergänzt das Lebensbild.
Ulrich Jasper Seetzen (Abb. 1) entstammte einer wohlhabenden Marschbauernfamilie im nördlichen Küstengebiet der Herrschaft Jever. Er wurde am 30. Januar 1767 in Sophiengroden1 geboren, wo er auf dem elterlichen Großbauernhof (Abb. 2) aufwuchs. Die Familie konnte es sich leisten, ihren Söhnen ein akademisches Studium zu finanzieren.2 Nach dem Besuch der Lateinschule in Jever bezog der junge Seetzen die Universität Göttingen. Über die Studienzeit schreibt er selbst in seinen „Biographischen und literärischen Notizen“ von 1799:
Im Herbst 1785 reisete ich nach Göttingen, um dort Medicin zu studiren. Die Naturgeschichte war ein sehr angenehmes Nebenfach für mich. Ueber die gesammte Naturgeschichte hörte ich Vorlesungen des Herrn Hofrath Blumenbach,3 über die Botanik die des Herrn Hofrath Murray,4 über die Mineralogie die Vorlesungen des ersteren, so wie die des Herrn Hofrath Gmelin.5 Von Göttingen aus machte ich verschiedene kleinere und grössere Reisen nach dem Harz, nach Jena u. s. w., um meiner Liebe zur Naturgeschichte Genüge zu leisten.6
Abb. 1: Portrait von Ulrich Jasper Seetzen. Schabkunst von Frederik Christaan Bierweiler nach einem verschollenen Gemälde von Eberhard Christian Dunker, 1818 (© Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Aus den Sammlungen der Herzog von Sachsen Coburg und Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft, mit freundlicher Genehmigung).
Abb. 2: Geburtshaus Seetzens in der weiten Marschlandschaft des Sophiengrodens, ca. 15 km nördlich von Jever. Teile des elterlichen Bauernhofs von 1716 haben sich erhalten. Der Hof wird heute noch bewirtschaftet, allerdings nicht mehr von Seetzens Familie. Foto: Autor, 2019 (mit freundlicher Genehmigung der heutigen Besitzerfamilie Peters).
Neben seinem Hauptfach Medizin trat also immer mehr das „sehr angenehme Nebenfach“ der Naturkunde in den Vordergrund seiner Interessen, den Arztberuf hat er später nie praktisch ausgeübt.7 Immerhin waren ihm die erworbenen medizinischen Fähigkeiten später auf seiner Reise im Orient von größtem Nutzen. Der Göttinger Hochschule blieb er mehr als vier Jahre lang bis zum Abschluss seiner Studien treu.
Seetzens wichtigster Lehrer war Johann Friedrich Blumenbach, dem er nicht nur eine umfassende Ausbildung in Geologie und Naturkunde verdankte. Blumenbach hatte im Rahmen seiner anthropologischen Studien ein besonderes Interesse für vergleichende Anatomie entwickelt und, damit verbunden, auch für ferne Länder und Völker. Er sammelte Informationen über die Ergebnisse aller bis dahin von Europäern ausgeführten Weltreisen und besaß eine vollständige Sammlung der Expeditionsberichte. Als international anerkannte Kapazität auf diesem Gebiet ließ er diese Kenntnisse auch in seine Vorlesungen einfließen. Er war mit Joseph Banks befreundet, dem Präsidenten der Royal Society, und unterstützte die Arbeit von dessen Londoner African Association, die sich der Erforschung des zentralen Afrika südlich der Sahara widmete, ein Gebiet, über das noch fast nichts bekannt war.8 Wir können davon ausgehen, dass wesentliche Impulse für Seetzens spätere Reisepläne der Begegnung mit Blumenbach zu verdanken sind.9
Im April 1789 immatrikulierte sich Alexander von Humboldt für zwei Semester an der Universität Göttingen. Seetzen befand sich damals schon in der Abschlussphase seines Studiums. Sie haben sich dort wohl recht bald kennengelernt, denn noch im selben Jahr gründeten sie zusammen mit acht weiteren Kommilitonen die Physikalische Privat-Gesellschaft zu Göttingen; auch Humboldts Freund Steven Jan van Geuns (1767–1795)10 zählte dazu. Dieser Vereinigung gehörten überwiegend an der Naturforschung interessierte Studenten an. Ihr Ziel war es, sich (zusätzlich zum normalen Studium) eigenständig mit naturkundlichen Fragen auseinanderzusetzen, darüber in regelmäßigen Zusammenkünften Vorträge zu halten und diese dann auch zu publizieren.11 Später wurden auch einige Professoren und auswärtige Gelehrte als Mitglieder geführt, darunter aus Humboldts engerem Umfeld die Botaniker Carl Ludwig Willdenow (1765–1812) und Paulus Usteri (1768–1831).
Seetzen schloss sein Studium Ende 1789 ab. Er wurde mit einer Dissertation über Pflanzenkrankheiten zum Dr. med. promoviert.12 Humboldt hat diese Arbeit offenbar geschätzt, in einem Brief an Usteri würdigte er sie und ihren Verfasser:
Ohne Ihr Vorwissen habe ich an Willdenow zwei kleine Schriften geschikt, deren Bekanntmachung interessant ist. Die eine ist vom Dr. Seetzen, von einem Manne, der schöne Kenntnisse in der Physiologie der Gewächse hat, Dissertatio de morbis plantarum.13
Nach Beendigung seines Studiums machte Seetzen 1790 zunächst „eine halbjährige Reise durch Westphalen, und einen Theil vom nieder- und oberrheinischen, so wie vom niedersächsischen Kreise. […] Dadurch entstand ein starkes Reisejournal, welches bisher noch ungedruckt ist.“14 Aber er veröffentlichte einige Aufsätze über seine dabei angestellten Beobachtungen in naturkundlichen und technischen Journalen.15 „In dem Sommer des folgenden Jahres 1791 trat ich meine Reise durch Teutschland an.“ Durch Franken, Bayern und Österreich ging es nach Wien, wo er sich ein Jahr aufhielt. Von dort aus erkundete er auch die umliegenden Gegenden sowie einen Teil Ungarns. 1792 reiste er über Mähren, Böhmen und Sachsen zurück „und kam nach einer Abwesenheit von mehr als sieben Jahren in meiner Vaterstadt wieder an.“16
In Jever konnte er sich zunächst, gestützt auf das familiäre Vermögen, weiter seinen wissenschaftlichen Studien widmen, die eine starke technologische Ausrichtung hatten. Diese Neigung führte schließlich dazu, dass er sich als freier Unternehmer selbständig machte und in Jever eine „holländische Windsägemühle, und in der Folge eine Muschelkalkbrennerey [kaufte], welche beiden Fabriken ich noch jetzt [1799], nebst einer Baumaterialienhandlung, besitze.“17 Nach einer Studienreise durch die Niederlande im Jahr 1793 wurde er ab 1796 mit mehreren Inspektionsreisen zu den weit verstreuten Gütern eines norddeutschen Großgrundbesitzers18 beauftragt. Diese Reisen führten ihn nach Holland, Holstein, Schleswig, Mecklenburg, in die Mark Brandenburg und die Oberlausitz, bis nach Westpreußen. Über seine dortigen Beobachtungen publizierte er „eine Menge Aufsätze und Monographien theils naturhistorischen, theils technologischen, theils cameralistischen Inhalts.“19 Ab 1798 widmete er seine wissenschaftliche Aufmerksamkeit noch einmal vermehrt seiner friesischen Heimat und der Küstenregion.
Seetzen und Humboldt haben sich also seit ihren Göttinger Tagen und den gemeinsamen Aktivitäten in der Physikalischen Privatgesellschaft gekannt, doch ist über ihr persönliches Verhältnis in dieser Zeit nichts Näheres überliefert. Es dürfte sich aber, wie in solchen Vereinigungen unter Gleichgesinnten üblich, um ein zumindest kollegial-freundschaftliches gehandelt haben. Von einem darüber hinausgehenden persönlichen Freundschaftsverhältnis ist nichts bekannt. Auch sprechen die wenigen späteren Zeugnisse nicht für eine engere Beziehung der beiden. Die oben zitierte Briefstelle Humboldts an Usteri ist die einzige bislang nachgewiesene Erwähnung seines Kommilitonen in einem persönlichen Zusammenhang. Von Seetzen hat sich nach bisherigem Kenntnisstand aus dieser Zeit keine Äußerung über Humboldt erhalten.20 Dennoch besteht die Möglichkeit, dass sie auch in den folgenden Jahren noch im Kontakt geblieben waren. Das soll die nachfolgende Untersuchung näher beleuchten.
Antje Sander und Detlef Haberland entdeckten im Landesarchiv Oldenburg eine Notiz von Seetzens Hand, in der Humboldt genannt wird und bei der es sich, laut Überschrift, um eine (teilweise) Abschrift „a[us] e[inem] Schreib[en]“ handelt. Das Dokument wurde in einer Ausstellung gezeigt21, Auszüge daraus wurden erstmals von Sander publiziert.22 Das Schriftstück ist nicht datiert, es muss aber zwischen 1789, dem Ende von Seetzens Studien in Göttingen, und 1802, seiner Abreise in den Orient, entstanden sein; die genauere chronologische Zuordnung wird unten diskutiert. Das Blatt ist in Abb. 3 wiedergegeben. Es ist ca. 16,2 cm (B) × 14,6 cm (H) groß, von beige-weißem Papier und mit (heute) brauner Tinte beschrieben. Nachfolgend ist der Text wort- und zeilengetreu zitiert, die Zeilenenden im Manuskript sind durch senkrechte Striche „|“ markiert.
Von Humbold[t] über Helgoland. a[us] e[inem] Schreib[en]. |
Diesen Herbst machte ich eine sehr stürmische, aber belehrende Reise n[ach] Helgoland, | einem a[us] d[em] Meere ganz majestätisch hervorragenden Felsen. Er besteht aus einem rothen | Mergel, der einen ziemlichen Grad von Härte hat und fälschlich Sandstein23 genannt wird[.] | H[elgoland] enthält manche mineralog[ische] Merkwürdigkeiten, als Kupferglaserz in Kalk- | stein und Schwefelkies (beide angeschwemmt, man weiß nicht woher?), räth- | selhafte Spaltungen des Felsens mitten auf der Insel, süsses Wasser ohne Quel- | len (wahrscheinlich durch Kiessand filtrirtes Meerwasser), Adlersteine, Kreiden- | klippen unter dem Wasser; viele Seehunde und ein Heer von Pholaden24, | die den Felsen zerstören. Ein freӱstehender säulenförmiger Fels25, der sich, | wie die Schnarcher26 oder Extersteine27, aus dem Meere erhebt, ein Schwibbogen28, | vielleicht 50 F[uß]29 hoch, den die Fluth in einem vorspringenden Vorgebirge | ausgebrochen, gewähren den schaudervollesten Anblick, den ich noch | ie30 in einem Gebürge genossen. –
Abb. 3: Auszug aus einem Brief Humboldts, abgeschrieben von Seetzens Hand: „Von Humboldt über Helgoland.“ Der verlorene Originalbrief stammte vermutlich vom Oktober 1790. Maße der Originalblatts: Breite 162 mm; Höhe 146 mm. Foto: Autor, 2018 (© Landesarchiv Oldenburg, mit freundlicher Genehmigung).
Das Blatt ist Teil eines Konvoluts von handschriftlichen Aufzeichnungen aus Seetzens Nachlass, alle Texte dieser Sammlung haben die Insel Helgoland zum Thema.31 Sie sind überwiegend von Seetzen geschrieben; einige ältere Manuskripte von fremder Hand (meist historischen Inhalts) wurden von ihm mit Kommentaren versehen. Offenkundig handelt es sich um eine Materialsammlung, die er über die Insel angelegt hat.
Ein zentrales Dokument im Konvolut ist das Tagebuchfragment einer Erkundungsfahrt, die Seetzen selbst nach Helgoland unternahm. Leider ist nur der 16-seitige Schlussteil erhalten.32 Die ersten dieser überlieferten Seiten wurden an einem 21. April geschrieben, denn die nächsten Blätter verzeichnen die Daten vom 22. bis zum 25. April (Tag der Abreise). Eine Jahresangabe fehlt auf diesen Seiten, sie hatte wohl auf dem nicht überlieferten Titelblatt gestanden.33 Das Tagebuchfragment wurde 2004 von Nils Århammar veröffentlicht.34 Daneben gibt es in dem Konvolut noch mehrere umfangreiche Listen mit Pflanzen, Tieren und Gesteinen, die auf bzw. um Helgoland zu finden sind.35 Es handelt sich dabei überwiegend um eigene Beobachtungen und Erkenntnisse Seetzens, die durch Informationen von Einheimischen ergänzt wurden. Außerdem enthält das Konvolut eine Reihe weiterer Notizzettel mit bibliographischen und naturkundlichen Hinweisen. Schließlich findet sich noch eine kurze lateinische Abhandlung über Gesteine, u. a. aus „Hilligland“.36
Es liegt nahe, den oben zitierten und zum Nachlasskonvolut gehörenden Auszug „a[us] e[inem] Schreib[en]“ als einen Text Seetzens zu lesen, als Teil oder als Vorstufe zu einer Reiseschilderung, die er an seinen früheren Kommilitonen „von Humboldt über Helgoland“ (so die Überschrift) geschickt hat. So wurde das Fragment bisher auch archivarisch eingeordnet.37 Dass (bei dieser Interpretation) der vollständige Brief nicht überliefert ist, wäre nicht verwunderlich, da Humboldt nur sehr wenige an ihn gerichtete Schreiben aufbewahrt hat.
Allerdings stimmt der Inhalt des Fragments in einem entscheidenden Punkt nicht mit Seetzens Reisetagebuch überein. Jene Reise fand in einem April statt, das Manuskript spricht aber vom „Herbst“ als Reisezeitpunkt. Antje Sander wies schon darauf hin, dass es verschiedene Reisen gewesen sein müssen und Seetzen wohl zweimal auf Helgoland war.38 Die im Tagebuch geschilderte Helgolandfahrt Seetzens kann im Briefmanuskript jedenfalls nicht gemeint sein.
Die Überschrift des Brieffragments lässt sich aber auch anders lesen, dass nämlich der Studienfreund selbst, also Alexander „von Humboldt über Helgoland“ berichtet. In diesem Fall handelte es sich bei dem Manuskript um eine Abschrift Seetzens von einem Schriftstück Humboldts, das durchaus ein Brief an Seetzen selbst gewesen sein kann. Für diese Interpretation spricht eine Reihe von Indizien.39
Nach seinen Göttinger Studientagen und einer Reise nach England besuchte Humboldt ab September 1790 für einige Monate die Handelsakademie in Hamburg. Schon kurz nach seiner Ankunft in der Hansestadt wurde sein Interesse für Helgoland geweckt:
Kaum war ich 5 Tage in Hamburg, so sah’ ich Naturalien aus der Insel Helgoland. Die Begierde selbst zu haben, ergrif mich. Ich schifte mich ein und machte in 8 Tagen eine sehr stürmische Seereise von 45 Meilen.40
Lange Zeit war dieser Hinweis in einem Brief vom 23. 9. 1790 an den Jugendfreund Wilhelm Gabriel Wegener (1767–1837) die einzige direkte Quelle für Humboldts Besuch der Felseninsel.41 Sie enthält nichts über das dort Gesehene oder Erlebte, aber immerhin lässt der Brief eine ungefähre Datierung der Reise zu: Entweder ab Ende August bis spätestens 7. September oder zwischen dem 10. und 23. September 1790. Für die genannten Daten sind Briefe aus Hamburg belegt, da war er also in der Hansestadt. In jedem Fall würde die Angabe „Diesen Herbst“ (zweite Zeile im Oldenburger Manuskript) zum September passen. Der Artikel „diesen“ lässt dann weiter darauf schließen, dass das Originalschreiben vor Ende des Jahres 1790 verfasst wurde. Später würde er wohl „letzten Herbst“ gesagt haben.
Weiter wird in Zeile 2 der Handschrift eine „stürmische […] Reise“ erwähnt. Das stimmt fast wörtlich mit Humboldts Mitteilung an Wegener über die „stürmische Seereise“ überein. Jahreszeit wie Reiseumstände sprechen also für Humboldt als ursprünglichen Autor des Texts. Liest man am Schluss noch von dem „schaudervollesten Anblick, den ich noch ie in einem Gebürge genossen“, so wird man an andere Zitate des jungen Humboldt erinnert, etwa aus seiner fränkischen Zeit, als er beim Blick auf das felsige Tal des Zoppatenbachs bei Brandholz notierte: „Was schaurigeres sah ich nie“.42 Überhaupt erinnert der enthusiastische Duktus des Textes an Humboldt’sches Idiom.
Eindeutig wird die Sachlage, wenn man neuere Quellenfunde einbezieht. Vor einigen Jahren wurden im Archiv der Familie Blumenbach zwei Briefe entdeckt, die Alexander von Humboldt 1790 aus Hamburg an seinen Göttinger Lehrer geschrieben hat und die (neben anderen naturkundlichen Themen) auch Bezug auf seine kurz zuvor erfolgte Reise nach Helgoland nehmen. Diese beiden Briefe wurden in einer Arbeit von Klatt und Franke erstmals vorgestellt,43 inzwischen wurde ihr Wortlaut vollständig veröffentlicht.44 Die Helgoland betreffenden Abschnitte der Briefe sind hier im Anhang geschlossen wiedergegeben.
Der erste Brief vom 24. Oktober 1790 ist im Wesentlichen eine kommentierte Liste von Naturalien, die Humboldt an Blumenbach für dessen Sammlung schickte, ein Teil dieser Stücke stammte von Helgoland (Gesteinsproben, Muschelschalen). Der zweite, umfangreichere Brief, zwei Tage danach geschrieben (am 26. Oktober 1790), enthält auch einige Anmerkungen zu seinen eigenen naturkundlichen Beobachtungen auf der Insel. Beim Vergleich mit dem Oldenburger Manuskript fällt auf, dass in beiden Dokumenten zum Teil dieselben Objekte beschrieben werden und zwar mit fast identischen Worten. Nachstehend die diesbezüglich wichtigsten Stellen aus dem zweiten Blumenbach-Brief im Auszug:
An die Kanincheninsel45 […] wirft das Meer Schwefelkies und Kupferglaserz im Kalkstein an. Von welcher Küste? – ist unbegreiflich. Auf der Kanincheninsel selbst, einer bloßen Sanddüne, ist ein süßer Brunnen! Wahrscheinlich filtriert […] der Kieselsand das Meerwasser ab […]. Große Spalten u[nd] Risse, die sich schon mitten auf der Insel zeigen […]. Gegen N[ord] W[est] ist der Anblik fürchterlich schön. Eine hohe schmale Klippe steht, wie der Schnarcher ganz frei und daneben hat die Fluth in den vorspringenden Felsen einen 50 Fuß hohen Schwibbogen ausgehölt, wo sie durchströhmt.
Solch starke Übereinstimmungen von Gegenständen und Bezeichnungen können nicht zufällig entstanden sein. Auch stilistische Gemeinsamkeiten fallen auf, etwa das in beiden Briefen mitten im Satz stehende Fragezeichen beim selben Thema. Wir können daher bei Betrachtung aller Argumente mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass Humboldt auch der Verfasser des Oldenburger Textes ist. Die großen Ähnlichkeiten in der Wortwahl deuten zudem darauf hin, dass sie in enger zeitlicher Nähe niedergeschrieben wurden; der Oldenburger Text könnte also auch vom Oktober, spätestens November 1790 stammen, in Übereinstimmung mit der vorigen, aus der Formulierung abgeleiteten Datierung.
Auffallend ist auch, dass der Duktus der Briefe an Blumenbach eher sachlich, wissenschaftlich gehalten ist, während das Oldenburger Blatt einen deutlich enthusiastischeren Ton anschlägt. In den beiden Schreiben an seinen Lehrer ist Humboldt (bei aller ihm eigenen Begeisterung für die neuen Eindrücke) sichtlich darum bemüht, wissenschaftlich begründete Fakten mitzuteilen. Neben den Helgoländer Sammlungsstücken erörtert er Funde aus England und Norddeutschland, diskutiert die Morphologie der Nordseeküste und ihre Geschichte, skizziert Ideen zur geographischen Wanderung von Pflanzenarten, kommentiert die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Neptunisten und Plutonisten (gewürzt mit eigenen Beobachtungen), kurz: Er gibt ein breites Panorama seiner Forschungsthemen und versucht, seine aus eigener Anschauung gezogenen Schlüsse fundiert darzulegen, respektvoll, aber um gleiche wissenschaftliche Augenhöhe bemüht.46
Dagegen ist die von Seetzens Hand überlieferte kurze Schilderung viel unmittelbarer gehalten, man kann sich den gleichaltrigen Studienfreund gut als Adressaten vorstellen. Die skizzenhafte, gedrängte und die Beobachtungen ungeordnet hintereinander aufzählende Darstellung lässt an einen unmittelbaren Erlebnisbericht denken. Man meint fast, die noch atemlose Überwältigung Humboldts durch das Gesehene zu spüren. Dadurch drängt sich auch die Vermutung auf, dass diese Eindrücke näher am Erlebten niedergeschrieben wurden, also noch vor den stärker reflektierenden Briefen an Blumenbach. Demach wäre der originale Brief eher auf den frühen Oktober 1790 zu datieren, immer noch in Übereinstimmung mit den anderen Indizien.
Bemerkenswert ist auch, dass Humboldt am Schluss des Fragments beim gebannten Blick auf die Felsenklippen das Wort „genießen“ benutzt: die Eindrücke „gewähren den schaudervollesten Anblick, den ich noch ie in einem Gebürge genossen.“ Könnte dies schon eine Ahnung, ein früher Hinweis auf den „Naturgenuss“ sein, der in seinen späten Jahren, vor allem im Kosmos, ein Schlüsselbegriff Humboldts sein wird, eng verbunden mit den Begriffen des Naturstudiums? Zumindest bringt hier die eher ungewöhnliche Wortwahl das Spannungsfeld zwischen Schauder und Faszination sinnfällig zum Ausdruck.47
Wenn Humboldt der ursprüngliche Autor des Oldenburger Textes ist, an wen war dieser dann gerichtet? Dass es sich um einen Brief gehandelt hat, geht aus Seetzens Überschrift hervor („a[us] e[inem] Schreib[en]“), aber auch aus der gedrängten und sprunghaften Diktion, die sich oft in Humboldts Briefen jener Zeit findet, z. T. auch in den parallelen Schreiben an Blumenbach. Für eine systematische Niederschrift, etwa für eine Publikation, hätte er einen anderen Stil gewählt.
Es lässt sich vermuten, dass Humboldt seinem Kommilitonen Seetzen, der ja von der Nordseeküste stammte, einen Bericht seiner Eindrücke geben wollte. Das Fragment selbst gibt keinerlei Hinweis auf den Adressaten. Die kryptische Aussage in der Überschrift „a[us] e[inem] Schreib[en]“ klingt, von Seetzen gemacht, eigentümlich neutral, es gibt keine persönliche Komponente, auch sonst nirgends im Text. Es ist ja aber nur ein Auszug aus dem vollständigen Schreiben, der einzig die Helgoländer Reiseeindrücke Humboldts beinhaltet. Persönliches hatte vermutlich an anderer Stelle des Briefes Platz gefunden.
Über den Verbleib des Originalschreibens ist aber bisher nichts bekannt geworden, wir wissen also nicht sicher, dass es an Seetzen gerichtet war. Wer sonst hätte der Adressat des Briefes sein können? Und wie wären die Informationen dann zu ihm gelangt? Seetzen stand bis zu seiner Abreise in den Orient mit Hofrat Blumenbach in Göttingen in Verbindung. Auch von seiner eigenen, späteren Reise nach Helgoland wurde der ehemalige Lehrer unterrichtet, wie wir noch sehen werden. Theoretisch denkbar wäre, dass Blumenbach sich dabei an die früheren Mitteilungen Humboldts erinnerte und diese sinngemäß an Seetzen weitergab. Allerdings enthält das Oldenburger Schriftstück viele Details, die nicht in Humboldts Briefen an Blumenbach stehen, z. B. den Hinweis auf die Externsteine. Dass Blumenbach solche Details ‚hinzuerfunden‘ hat, ist völlig undenkbar. Er ist also sicher nicht die Quelle.
Abb. 4: Bibliographische Notiz Seetzens zu einer Publikation von J. F. Zöllner über dessen Reise nach Helgoland 1793: „Fragmente aus d[er] Beschreibung einer Reise nach Helgoland im Jahr[e] 1793. von J. Fr. Zöllner. in Berlin[isches] Archiv der Zeit und ihres Geschmaks 1795. […] 1t[es] St[ück] No. 8.“ Maße der Originalblatts: Breite 101 mm; Höhe 45 mm. Foto: Autor, 2018 (© Landesarchiv Oldenburg, mit freundlicher Genehmigung).
Eine weitere Darstellung Humboldts von seinem Helgolandbesuch ist bisher nicht gefunden worden. Wir wissen aber zumindest von einem weiteren (nicht erhaltenen) Brief, in dem er einem Berliner Bekannten von seinen Eindrücken berichtet hat, und eine vage Spur führt auch von dieser Quelle zu Seetzen. Der Garnisonsprediger Johann Friedrich Zöllner (1753–1804) war 1793 nach Helgoland gereist und hatte 1795 darüber zwei kurze Berichtsfragmente veröffentlicht.48 Jahre später (1804) hat er den kompletten Reisebericht in seine ‚Vermischten Schriften‘ aufgenommen und dabei angemerkt: „Mein Entschluß, die Reise im Frühjahr 1793 zu unternehmen, ward durch eine Beschreibung bestimmt, welche mir mein Freund Alexander v. Humboldt von der Insel Helgoland in einem Briefe mittheilte.“49 1804 reiste Seetzen schon durch den Vorderen Orient, aber die erste Veröffentlichung von 1795 (noch ohne den Verweis auf Humboldt) war ihm bekannt gewesen. Im Oldenburger Konvolut befindet sich nämlich ein kleiner Zettel mit dem bibliographischen Hinweis auf diese Arbeit (Abb. 4), für die sich Seetzen offensichtlich interessiert hat. Es wäre immerhin denkbar, dass er sich im Vorfeld seiner eigenen Reise an den kundigen Helgolandfahrer Zöllner gewandt hatte, um weitere Informationen zu erhalten. Und vielleicht sind auf diese Weise die Humboldt’schen Zitate an ihn gelangt? In diesem Fall würde es sich bei dem Oldenburger Manuskript um einen Auszug aus dem verschollenen Brief Humboldts an Zöllner handeln, was allerdings eine spekulative Annahme ist.
Vergleicht man alle Möglichkeiten im Zusammenhang und bezieht die schon genannten stilistischen Indizien mit ein, bleibt als wahrscheinlichste Version doch, dass es sich ursprünglich um einen Brief Humboldts an Seetzen selbst gehandelt hat. Diese Annahme wird der weiteren Diskussion zu Grunde gelegt. Dann hätten die beiden also auch nach ihren gemeinsamen Göttinger Tagen zumindest noch eine gewisse Zeit in persönlichem Kontakt gestanden.
Es bleibt die Frage, warum Seetzen einen Brief an ihn selbst exzerpiert und nur diesen Ausschnitt aufbewahrt hat. Das Manuskript ist Teil einer Materialsammlung zu Helgoland. Eine Erklärung könnte sein, dass Seetzen für dieses spezielle Konvolut die nur Helgoland betreffenden Schilderungen ausgezogen hat und den vollständigen Brief an anderer Stelle aufbewahrte, wo er nicht erhalten geblieben ist. Die Teilabschrift dürfte also auf die Zeit um 1800 zu datieren sein, den Zeitraum von Seetzens Helgoland-Aktivitäten.50
In beiden Schreiben werden zur Charakterisierung einer vor Helgoland frei im Meer stehenden Felsnadel die „Schnarcher“ als Vergleich herangezogen, im Brief an Seetzen zudem noch die Externsteine. Kannte Humboldt diese Naturdenkmäler aus eigener Anschauung? Und konnte er davon ausgehen, dass auch die Adressaten sie selbst gesehen hatten? Nur dann würden die Hinweise ja Sinn ergeben.
Für Humboldt ist ein Aufstieg auf den Brocken am 1. Juni 1789 belegt.51 Er hat sich die berühmten Schnarcherklippen bei dieser Gelegenheit wohl nicht entgehen lassen, liegen sie doch zwischen den Dörfern Schierke und Elend nahe am Weg zum Brocken von Göttingen her. In der Tat gibt es einen späteren Hinweis auf einen Besuch bei diesen Felstürmen. In einer Publikation von 1797 über geologische Beobachtungen in Franken erwähnt er: „Ich glaubte das Phänomen der Harzer Schnarcher, (an denen ein magnetischer Streifen herabläuft), hier erneuert zu sehen“52, ein konkreter Hinweis also auf eigene Beobachtungen.
Die Schnarcherklippen waren sicher ein „Muss“ für alle geologisch interessierten Besucher der Gegend. Das gilt auch für Blumenbach, der im Laufe seiner fast siebzig Göttinger Jahre wahrscheinlich sogar mehrfach bei den „Schnarchern“ war. Ähnlich dürfte der Fall bei Seetzen liegen. In seinen vier Jahren in Göttingen machte er verschiedene Exkursionen in die Umgebung, u. a. „nach dem Harz“. Bei seinen geologischen Interessen hat er mit Sicherheit auch den Brocken und die Schnarcherklippen erkundet.
Für den Besuch der Externsteine durch Humboldt gibt es einen späten Beleg. In seinem Erinnerungsbuch über Alexander von Humboldt berichtet Friedrich Althaus (1829–1897) von seinen Begegnungen als Student mit dem verehrten Gelehrten. Beim ersten Zusammentreffen im Jahr 1848 erkundigte sich Humboldt nach dem Geburtsort des jungen Gastes (Detmold) „und sogleich erinnerte er sich seines Besuchs im Teutoburger Walde und erwähnte rühmend das merkwürdige Naturphänomen der Eggerstersteine in der anmuthigen Teutoburger Hügellandschaft“53. Über den Zeitpunkt von Humboldts dortigem Besuch wird dabei nichts berichtet, es muss aber vor dem Hamburger Aufenthalt gewesen sein, sonst hätte er damals noch keinen Bezug darauf nehmen können. Zwei Gelegenheiten finden sich in der fraglichen Zeit:
Am 19. Juli 1789 überbrachte Humboldt dem Philosophen Friedrich Heinrich Jacobi (1743–1819) in Bad Pyrmont ein Empfehlungsschreiben seines Bruders Wilhelm. Er blieb dort acht Tage und traf mit einer illustren Badegesellschaft zusammen.54 In dieser Woche konnte er bequem einen Tagesausflug zu Pferd gemacht haben, die Externsteine liegen nur 35 km von Pyrmont entfernt. Und dabei wäre er auch durch die „anmutige Teutoburger Hügellandschaft“ gekommen.
Bereits wenige Wochen später, im Oktober 1789, hatte Humboldt erneut Gelegenheit, die Externsteine aufzusuchen. Auf der Rückkehr von einer Reise an den Rhein mit Steven van Geuns machten die beiden in Paderborn Station, „wo wir uns einige Stunden aufhielten, um die Schönheiten und Hässlichkeiten von dieser Stadt zu sehen“, wie der holländische Freund berichtet.55 Von einem Abstecher zu den nur gut 20 km entfernten Externsteinen ist im Tagebuch van Geuns’, der einzigen direkten Quelle für diese Tage, nicht die Rede. Doch ist es denkbar, dass Humboldt alleine einen kurzen Reitausflug zu dem Naturdenkmal unternahm, in „einigen Stunden“ wäre das gut zu machen gewesen. In den Tagen zuvor hatten sich die Reisewege der Freunde kurzzeitig getrennt, van Geuns hatte ein deutlich größeres Reisepensum hinter sich gebracht. Vielleicht war er zu erschöpft, hat deswegen den Abstecher nicht mitgemacht und daher auch nicht in sein Tagebuch aufgenommen? Einige Wochen später führte Humboldt selbst in einem Brief die wichtigsten Stationen der Rheinreise auf, Städte und Sehenswürdigkeiten.56 Paderborn wird darin genannt, die Externsteine jedoch nicht. Somit ist ein Besuch Humboldts bei den Felsen im Juli von Pyrmont aus wohl doch die wahrscheinlichere Variante.
Die sonstigen Reisen Humboldts vor seiner Hamburger Zeit folgten anderen Routen und kommen für einen Externstein-Besuch nicht in Betracht.57 Er war also im Juli 1789 dort. Im Jahr darauf folgte ihm mit einiger Wahrscheinlichkeit Seetzen dorthin: „Im Jahre 1790 machte ich eine halbjährige Reise durch Westphalen und einen Theil vom nieder- und oberrheinischen, sowie vom niedersächsischen Kreise.“58 Im Zentrum dieses Reisegebiets liegt der Teutoburger Wald. Jahre später hat er in einer Reihe von Veröffentlichungen seine naturkundlichen und industrie-technischen Beobachtungen aus dieser Gegend geschildert, ein Teil dieser Berichte ist mit Datum versehen.59 Demnach war Seetzen vom 2. bis 5. Juni 1790 im Gebiet nahe Bad Pyrmont, ein Bericht aus Lippstadt ist dann auf den 7. Juni datiert. Der Weg dazwischen führt durch die Stadt Horn im Teutoburger Wald, direkt vorbei an den Externsteinen. Bei seiner Interessenlage ist es unwahrscheinlich, dass er dieses bedeutende Naturdenkmal ausließ.60 Als Datum für die Besichtigung käme also der 6. Juni 1790 in Frage. Insgesamt hielt er sich in der Region allerdings wesentlich länger auf, an verschiedenen Orten, die publizierten Daten reichen von Anfang Mai bis Mitte Juli. Er hätte somit in dieser Zeit auch noch andere Gelegenheiten haben können. Jedenfalls kann seine Kenntnis der Felsen durch eigene Erkundung als sicher gelten.
Diese Terminlage (Humboldt im Juli 1789, Seetzen im Frühsommer 1790) führt noch zu einer weiteren Perspektive. Humboldt erwähnt im Brief an Blumenbach nur die Schnarcherklippen, die der Göttinger Gelehrte (wie auch Seetzen) aus eigener Anschauung kannte. Im Schreiben an Seetzen nimmt er als Vergleich zu den Helgoländer Felsnadeln noch die Externsteine mit hinzu. Warum? Wusste er, dass der Kommilitone inzwischen auch dort war? Hatte Seetzen ihm davon geschrieben? Dann wäre dies ein weiterer Hinweis darauf, dass sie sich zumindest in der ersten Zeit nach Göttingen noch ausgetauscht haben.
Der Vergleich der drei Felsformationen ist übrigens nur in Bezug auf deren äußere Gestalt stimmig und auf die Tatsache, dass Erosion die Ursache dafür ist. Die Schnarcherklippen bestehen aus Granit, die Externsteine aus hartem Sandstein. Beide Formationen sind durch die sogenannte Wollsackverwitterung entstanden, einem sehr langsamen Prozess, der durch physikalische und chemische Einwirkungen kantengerundete Gesteinsblöcke erzeugt und einige Jahrhunderttausende dauern kann. Ursache der Felsnadeln vor Helgoland sind dagegen die starken tektonischen Bewegungen im Inseluntergrund,61 die aggressiven Einwirkungen der Nordseebrandung sowie Witterungseinflüsse wie Frost- und Salzsprengungen, Sturmschäden usw., die den Entstehungs- und Zerstörungsprozess auf wenige hundert Jahre, oft auch nur auf Jahrzehnte zusammendrängen.
„Helgoland enthält manche mineralogische Merkwürdigkeiten“, wird Humboldt im Oldenburger Manuskript zitiert.62 Seine geologischen, botanischen und zoologischen Beobachtungen seien hier (nach der Abfolge im Manuskript) kurz kommentiert, auf entsprechende Erwähnungen in den Blumenbach-Briefen wird ebenfalls hingewiesen.63
Mergel und Sandstein: Der leuchtend rote Felskörper der Insel gehört nach moderner Nomenklatur der geologischen Periode des Mittleren Buntsandsteins an (vor 249 bis 244,5 Millionen Jahren). Er ist aus zahlreichen Sandsteinschichten aufgebaut, die unterschiedliche Konsistenz aufweisen, von locker liegenden Sanden, die besonders für die Erosion anfällig sind, bis zu Lagen, die mit feinen Tonpartikeln durchmischt sind und dadurch ein ziemlich festes Gestein bilden. Diese härteren Schichten meint Humboldt wohl, wenn er von „einem rothen Mergel, der einen ziemlichen Grad von Härte hat und fälschlich Sandstein genannt wird“, spricht. Warum er die anderen, eindeutig sandigen Schichten wie auch die dazwischen liegenden, typischen weißen Lagen (Katersande) unerwähnt lässt, ist nicht ersichtlich, es mag an seiner sehr verkürzten Darstellung liegen.
Kupferglaserz und Schwefelkies: „An die Kanincheninsel […] wirft das Meer Schwefelkies und Kupferglaserz im Kalkstein an. Von welcher Küste? – ist unbegreiflich.“ So schreibt Humboldt im zweiten Blumenbach-Brief und im Oldenburger Manuskript spricht er von „Kupferglaserz in Kalkstein und Schwefelkies (beide angeschwemmt, man weiß nicht woher?)“. Mit „Kupferglas“ wurden in damaliger Bergmannssprache schwefelhaltige Kupfererze bezeichnet.64 Was für Humboldt noch ein Rätsel darstellte, ist heute geologisch geklärt: Die kupferhaltigen Steine, die er im Ufergeröll der Düneninsel gesehen hatte, waren nicht von einem fernen, unbekannten Gestade angeschwemmt worden, sondern stammten von der benachbarten Felseninsel. In vielen Sandsteinschichten des Inselkörpers finden sich natürliche Kupfereinlagerungen, einige waren in alten Zeiten sogar abbauwürdig.65 Archäologische Forschungen haben in den letzten Jahrzehnten ergeben, dass wahrscheinlich schon seit der Bronzezeit, vor allem aber im frühen Mittelalter auf der Insel intensiv Kupfer abgebaut und verhüttet wurde. Im späteren Mittelalter versiegen aber die Nachrichten über die Kupfergewinnung, zu Humboldts Zeit wusste man davon allenfalls noch aus historischen Quellen.66 Noch heute kann man aber an den Inselstränden Sandsteinbrocken mit Kupfereinlagerungen finden.
Der Schwefelkies, also das Mineral Pyrit, ein Eisensulfid, umgangssprachlich auch als ‚Katzengold‘ bekannt, ist eine natürliche mineralische Einlagerung im Kreidekörper der Düneninsel-Klippen. Die Kreideformationen sind heute über Wasser aber vollständig abgebaut bzw. erodiert, Reste finden sich in großer Mächtigkeit nur noch unter Wasser nördlich und südlich der Düneninsel.67
Adlerstein (lat. Aetit): aus antiker Tradition stammender altertümlicher Name für ‚Klappersteine‘. Die Bezeichnung ‚Adlerstein‘ bzw. ‚Aetitis‘ wurde z. B. auch noch von Goethe verwendet, ist heute aber außer Gebrauch.68 Als Klappersteine werden kugelförmige Feuersteingerölle bezeichnet, in deren Innerem sich ein Hohlraum ausgebildet hat, in dem sich lose Reste eines fossilen Kieselschwamms befinden, so dass beim Schütteln des Steins ein Klappern zu hören ist.69
Spaltungen der Felsen (im Blumenbach-Brief: Große Spalten und Risse): Der Buntsandsteinfelsen von Helgoland zeigt in der Tat zahlreiche tektonische Verwerfungen. Die Felsscholle liegt auf einem großen Salzstock, durch dessen lokale Ausbeulung die Insel herausgehoben wurde. Dieser (heute noch andauernde) Vorgang verursachte zahlreiche geologische ‚Störungen‘, also Bruchflächen, an denen Gesteinseinheiten gegeneinander verschoben sind und die den Felskörper in Längs- und Querrichtung durchziehen (Bruchtektonik; Dehnungstektonik im Dach des Salzstockes). Diese Bruchzonen, die besonders gut an der Steilküste erkennbar sind, konnten einem Fachmann wie Humboldt nicht entgehen. Er hatte eine Bootsfahrt entlang der Küste gemacht und kannte also auch die seewärtige Ansicht der Insel: „Ich fuhr mit einem Boot zwischen der Klippe (dem Horn) und dem Bogen durch.“70 Ein ‚Auseinanderbrechen‘ Helgolands, wie Humboldt es gegenüber Blumenbach befürchtete, ist in absehbarer Zeit aber nicht zu erwarten.
Süßes Wasser ohne Quellen: Auf Helgoland gibt es keine Quellen, Süßwasser konnte auf der Felseninsel früher nur durch Sammeln von Regenwasser (in der sogenannten ‚Sapskuhle‘) erhalten werden. Auf der Düneninsel gab es aber schon in alten Zeiten begrenzte Süßwasservorräte, die an einigen Stellen an die Oberfläche traten und von den Bewohnern genutzt wurden. Es handelt sich dabei ebenfalls um Ansammlungen von Regenwasser, die im Sandkörper der Insel auf natürliche Weise gespeichert werden und auf dem schwereren Salzwasser des Untergrunds ‚schwimmen‘, ähnlich den Süßwasserlinsen auf den ostfriesischen Inseln.71 Humboldts Vermutung einer ‚Filtrierung‘ des Nordseewassers durch den Dünensand war zwar naheliegend, aber irrig.
Pholaden: Bohrmuscheln (Familie Pholadidae, Echte oder Eigentliche Bohrmuscheln): In den Helgoländer Kreideklippen leben z. B. die Große Bohrmuschel (Pholas dactylus) und die Krause Bohrmuschel (Zirfea crispata). Humboldt benennt sie in den Briefen auch als „Conchylien“, eine heute veraltete Bezeichnung für Schalenweichtiere.
Freystehender Fels und Vorgebirge: Auf Karten und Ansichten Helgolands aus der zweiten Hälfte des 18. und vom Beginn des 19. Jahrhunderts sind vor der Westküste, die am stärksten der Brandung, den Gezeiten und den Witterungseinflüssen ausgesetzt ist, mehrere frei im Meer stehende Felssäulen dargestellt: vor der Nordwestspitze z. B. der ‚Hengst‘, in der Mitte die ‚Grote Kark‘, der ‚Mönch‘ vor der Südspitze der Insel, dazwischen einige weitere, zumeist kleinere.72 Die ‚Lange Anna‘ im äußersten Nordwesten, heute das Wahrzeichen Helgolands, war damals noch mit dem Inselfestland verbunden und kann somit nicht gemeint sein. Durch die starken Erosionsvorgänge an der Helgoländer Steilküste gab (und gibt) es immer Neubildungen solcher Felsnadeln, die nach einigen Jahrzehnten wieder abgetragen sind. Alle vorgenannten früheren Brandungstürme sind heute verschwunden.73
Aus dem Text des Oldenburger Brieffragments allein kann nicht geschlossen werden, welchen dieser Felsen Humboldt hier konkret gemeint hat. Aber der Brief an Blumenbach vom 26. Oktober 1790 gibt einen klaren Hinweis: „Gegen N[ord] W[est] ist der Anblik fürchterlich schön. Eine hohe schmale Klippe steht, wie der Schnarcher ganz frei […].“74 Damit ist sicherlich der ‚Hengst‘ gemeint, ein Brandungsturm, der vor der damaligen Nordwestspitze der Insel im Felswatt stand, ähnlich der heutigen ‚Langen Anna‘, nur noch weiter draußen. Als ‚Hengst‘ (helg. De Hingst) war in noch älteren Zeiten eine lange Klippe bezeichnet worden, die von der Nordspitze der Insel ausging und drei Brandungstore aufwies.75 Der Name ging später offensichtlich auf den äußersten, noch verbliebenen Vorposten über.76
Schwibbogen: Als Schwibbogen wird in Architektur und Kunstgeschichte ein „durch den Raum oder über eine Gasse gespannter, übermauerter und waagrecht abgeschlossener Bogen“ bezeichnet.77 Humboldt verwendet den Begriff hier als anschauliches Synonym für ein Brandungstor, dessen Entstehung er zutreffend den Erosionsprozessen zuschreibt.
In seinem zweiten Brief an Blumenbach vom 26. Oktober 1790 hat er noch eine eigenhändige Skizze von Helgoländer Felsformationen eingefügt, eine Felsnadel im Meer und daneben ein Brandungstor (Abb. 5). Die Skizze steht unmittelbar neben der Beschreibung der Nordwestspitze der Insel. Aufgrund dieser direkten Nachbarschaft im Brief können wir wohl von einer Identität der Objekte ausgehen, was auch morphologisch gerechtfertigt erscheint.78
Abb. 5: „Klippe“ und „Schwibbogen“ vor Helgolands Küste: Skizze Humboldts in einem Brief vom 26. 10. 1790 an J. F. Blumenbach in Göttingen. Maße der Originalskizze: Breite 83 mm; Höhe 36 mm (© Eigentum des Blumenbach-Familienarchivs; Abdruck mit freundlicher Genehmigung).
Legt man seine Höhenangabe von 15 m für den Felsbogen zugrunde, hat die Klippe in seiner Skizze eine Gesamthöhe von etwa 20 m. Wir können uns vorstellen, dass es sich bei Humboldts Schwibbogen um eines der vorgelagerten Brandungstore der ursprünglichen ‚Hengst‘-Formation handelt, das damals wohl schon stark erodiert war und vermutlich bald danach einstürzte. Die linke Felsnadel stellte dann (in einiger Entfernung) den verbliebenen Brandungsturm ‚Hengst‘ dar, und die heutige ‚Lange Anna‘ wäre weiter rechts und deutlich höher, aber noch recht unspektakulär mit dem Festland verbunden, zu verorten.79
Neben seinen Naturbeobachtungen, die er in den Briefen anschaulich beschrieb, machte Alexander von Humboldt aber auch quantitative Messungen. Leider hat sich davon nur ein Beispiel erhalten. In einer zweiteiligen Publikation zur „Salzwerkskunde“ diskutierte er 1792 u. a. verschiedene Aspekte der Sole-Versiedung. Dort findet sich in einer Fußnote folgende Anmerkung:
An den deutschen Küsten ist der Salzgehalt noch nicht gehörig erforscht, und doch wäre diese Untersuchung in mancherley Rücksicht interessant. […] Ich wog im September 1790 Seewasser, das ich in S. O. [im Südosten] der Insel Helgoland in ofnem Meere geschöpft hatte, und fand es = 1,032064 [spezifisches Gewicht].80
Die quantitative Analyse der Probe war wohl erst in Hamburg erfolgt.
Humboldt hatte geplant, einen eigenständigen Bericht über seine Helgolandreise zu publizieren: „Ich habe Helgoland, ohngeachtet des gefährlichen Wellenschlags selbst besucht und viel Pflanzen darauf gesamlet. Ich denke etwas davon zu beschreiben.“81 Leider hat er diese Beschreibung nicht verfasst. Andere Aktivitäten haben in den folgenden Jahren seine weitere Aufmerksamkeit gebunden, insbesondere seine Ausbildung und Tätigkeit im Bergbau sowie die zahlreichen physikalischen, chemischen und biologischen Forschungsarbeiten in dieser Zeit.82 Wir sind daher einzig auf die brieflichen Mitteilungen angewiesen. Mit dem Meer und seinen Gestaden wird er sich erst wieder auf der amerikanischen Reise befassen.
Zehn Jahre nach Humboldt unternahm auch Seetzen eine Erkundungsreise nach Helgoland. Das Fragment seines Reisetagebuchs enthält neben lebendigen Beschreibungen der Inselgeologie und der Tier- und Pflanzenwelt auch Berichte über Landwirtschaft, Fischerei, Hummerfang und das gesellschaftliche Leben auf der Insel. Sein ortskundiger Führer, der Helgoländer Koopmann83, „sprach im Entzücken von seinem kleinen Vaterlande. ‚Könnte ich auch eine noch so gute Stelle bey Ihnen erhalten, ich verliesse Helgoland nicht!‘“ – „Und er hat in seiner Lage recht“, muss der Besucher zu diesem anrührenden Bekenntnis feststellen.84
Auch die Nordspitze der Insel hat Seetzen erkundet und beschrieben. Er scheint beim Blick auf die „fürchterlichste Gegend“85 von ähnlichen Empfindungen erfasst worden zu sein wie vor ihm Humboldt:
Die Wand hat hier bis zum Natthoorngatt fürchterliche Spalten und Klüfte und hängt über. In eine Spalte hat sich ein herabgestürzter Block eingekeilt und scheint darinn zu hängen. Ich ging durch das Natthoorngatt, welches halb durch Felsentrümmer verschüttet ist, über welche man klettern muss. Links daran ist das Hingstgatt,86 welches so niedrig liegt, dass d[ie] Fluth in dasselbe hineintritt, so dass man selten durch dasselbe gehen kann. Es ist sonst ganz offen. Der Hengst ist auf diesem Ende die äusserste Spitze. Von hier geht ein Felsenriff, das von jeder Fluth überströmt wird, und das Ansehen eines gepflügten Ackers hat,87 eine ganze Strecke ins Wasser hinein.88
Und wie zuvor Humboldt hat auch Seetzen den Anblick der steil aus der Nordsee aufragenden Westküste Helgolands vom Boot aus genossen und in anschaulichen Bildern geschildert:
Wir segelten westwärts eine halbe Stunde weit vom Lande, der Bake ungefähr gegenüber. Die Felseninsel zeigt sich von dieser Seite vorzüglich schön; denn man übersieht die ganze lange Westseite mit allen seinen Abänderungen. Vorzüglich zeichnet sich d[as] Nyestack und das daneben befindliche Thor auf der Südspitze und das Natthoorngatt an d[er] Nordspitze, durch welches man lange das ienseitige Meer erblickt.89
Von Seetzens naturkundlichen Beobachtungen auf Helgoland zeugen, neben den Tagebucheintragungen, mehrere umfangreiche und sorgfältig geführte Listen von Pflanzen und Tieren mit vielen Detailangaben. Dabei hat er auch die Kenntnisse von Einheimischen genutzt.90
Auf einem beiliegenden Notizblatt (Abb. 6) wird ein besonderer Fund erwähnt: „Sertularia abietina L[innaeus] findet sich selten daselbst.91 Ich habe das einzige Exemplar an Wildenow gesandt.“ Damit ist Humboldts Berliner Freund, der Botaniker Carl Ludwig Willdenow, gemeint, dem Humboldt einstmals Seetzens Dissertation zugeschickt hatte (s. o.). Könnte sich daraus ein fortdauernder Austausch zwischen Seetzen und Willdenow entwickelt haben, der nun zu dieser Naturaliensendung führte? Eine Sertularia wird auch im Reisetagebuch beschrieben:
Noch hatten sie [Seetzens Reisebegleiter] einen weissen durchbohrten weichen Kalkstein, worauf Bivalven,92 Serpulae,93 die Seetitte94 und Sertulariae (die grosse)95 sass. Letztere phosphorescirte beym Schütteln im Dunkeln ungemein schön mit einem grünlich blauen Feuer. Diese Feuerfunken theilten sich auch d[em] Papiere mit, worinn ich es wickelte. Diese Sertularie war noch nass vom Seewasser, woher vielleicht d[as] Phosphoresciren herrührte. Indessen phosphorescirte der Stein und die darauf sitzenden Körper im geringsten nicht.96
Das erwähnte Einwickeln der Sertularia in Papier deutet auf eine beabsichtigte längere Aufbewahrung hin und könnte somit ein Hinweis auf die geplante Verschickung eben dieses Exemplars an Willdenow sein.97
Abb. 6: Notizzettel Seetzens mit dem Hinweis (unten) auf eine Naturaliensendung an den Botaniker C. L. Willdenow in Berlin: „Sertularia abietina L. findet sich selten daselbst. Ich habe das einzige Exemplar an Wildenow gesandt.“ Maße des Originalblatts: Breite 60 mm; Höhe 163 mm. Foto: Autor, 2018 (© Landesarchiv Oldenburg, mit freundlicher Genehmigung).
Das „Phosphoresciren“ kann als das sog. „Meeresleuchten“ identifiziert werden. Ursache für dieses Leuchtphänomen sind kleine, zur Biolumineszenz befähigte Einzeller im Plankton der Art Noctiluca scintillans, deren Leuchten durch mechanische Stimulation (Wellenschlag, Schiffs- oder Schwimmbewegungen etc.) hervorgerufen wird.98 Noctiluca-Blüten kommen sonst nur in den warmen Sommermonaten vor, im April ist es dafür eigentlich zu kalt. Allerdings war gerade der April 1800 ein ungewöhnlich warmer Monat, das könnte das Auftreten des Phänomens auch zu dieser frühen Jahreszeit begünstigt haben.99 Die korrekte biologische Erklärung für das Meeresleuchten wurde übrigens auch auf Helgoland gefunden, im Jahr 1834 durch Humboldts Berliner Kollegen und Mitarbeiter Christian Gottfried Ehrenberg (1795–1876).
Für die Geschichte Helgolands hat sich Ulrich Jasper Seetzen ebenfalls interessiert, wie einige Handschriften zu historischen Begebenheiten zeigen, die er gesammelt hat.100 Und als Unternehmer hat er sich besonders mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der Küstenregion beschäftigt, was zahlreiche beiliegende Literaturreferenzen und sowie Notizen zu den ostfriesischen Inseln belegen.101
Seetzens Reisetagebuch endet mit der Abfahrt von Helgoland am 25. April an Bord einer Schaluppe. Auf einem separaten Blatt wird dann noch die Rückreise, vorbei an den ostfriesischen Inseln Spiekeroog und Wangerooge, über den Hafen Neuharlingersiel („Nachts b[ei] Winter“) nach Jever („Um 8 Uhr am folgenden Tage des Morgens“) skizziert.
Zu der offensichtlich geplanten Ausarbeitung und Publikation der Beobachtungen auf Helgoland ist es auch bei Seetzen nicht mehr gekommen.102 Vermutlich verhinderten die Vorbereitungen und die bald danach erfolgte Abreise zu seiner großen Expedition, dass eine Veröffentlichung zustande kam.
Ein direkter Vergleich der Helgoland-Exkursionen von Seetzen und Humboldt erscheint wenig Ertrag versprechend, zu groß sind die Unterschiede in den Randbedingungen: Der junge Humboldt hatte 1790 noch einen guten Teil seiner akademischen Ausbildung vor sich, Seetzen war 1800 bereits ein erfahrener Naturforscher und gestandener Unternehmer. Er verbrachte mehrere Wochen auf der Insel (s. u.), tauschte sich intensiv mit einheimischen Sachkundigen aus und beobachtete mit systematischer Gründlichkeit, die Vorarbeiten für eine größere Publikation waren bereits geleistet. Für Humboldt war es dagegen ein spontan organisierter Ausflug gewesen, sein Aufenthalt dauerte nur etwa drei Tage.103 Seine im ersten Überschwang geäußerten Eindrücke wichen schon bald anderen, für seine Entwicklung wichtigeren Themen. Beim Vergleich seiner nur stichwortartig erhaltenen Notizen mit den wesentlich umfangreicheren Aufzeichnungen Seetzens meint man aber doch schon die verschiedenen Schwerpunkte zu erahnen, die auch ihre späteren Expeditionsberichte kennzeichnen werden. Gemeinsam ist beiden das fundamentale Interesse an Botanik und Zoologie, Humboldt ist daneben auf naturkundliche Themen fokussiert, vor allem auf geologische und mineralogische Fragen; für Seetzen treten dagegen historische, landwirtschaftliche und industrie-technische Themen in den Vordergrund. Doch ist eine solche Feststellung, vergleicht man Herkunft und Lebenswege der beiden Forscher, nicht überraschend.
Seetzen hat seine Exkursion nach Helgoland übrigens nicht allein unternommen, sondern in Begleitung eines Freundes aus Jever, Diederich Ulrich Heinemeyer (1771–1814),104 und eines nicht weiter benannten Malers. Dies geht aus einem Brief hervor, den Heinemeyer im Herbst 1800 an Blumenbach geschrieben hat. Der Text enthält einen knappen Hinweis auf die Helgolandfahrt:
Wie sehr wir enthusiastisch für Reisen gestimmt sind, haben wir dies Jahr in dem rauhen und stürmischen April mit Gefahr unseres Lebens bewiesen, wo wir in Begleitung eines Malers der 8 deutsche Meilen von unserem Gestade entfernten, bisher wenig beschriebenen dänischen105 pittoresken Felseninsel Helgoland zusegelten.106
Zur Person des unbekannten Begleiters kann zumindest eine Vermutung geäußert werden. Seetzen hatte schon während seiner Studienzeit einen jungen, tatkräftigen Gehilfen angestellt, Ernst Jacobsen aus Herberhausen (heute ein Stadtteil Göttingens), der ihn auf allen seinen späteren Reisen in Europa begleitete und dann auch mit auf die große Expedition in den Orient ging. Dort hat er ihm u. a. bei den Messungen zur astronomischen Ortsbestimmung assistiert, und insbesondere sollte er sich „im Silhouettiren üben“ und „eine Menge Gesichtsprofile von verschiedenen Nationen verschaffen.“107 Jacobsen scheint also über einiges zeichnerisches Talent verfügt zu haben und vielleicht ist er mit dem „Maler“ auf der Helgolandreise gemeint. Denn sicher war er dort ebenfalls mit dabei, war diese Erkundungsfahrt doch dediziert auch als Vorbereitung zur großen Expedition unternommen worden.
Wir entnehmen Heinemeyers Brief an Blumenbach zudem, dass die Reise nach Helgoland, „wo wir 17 Tage verweilten“108, im April stattgefunden hat (wie auch in Seetzens Tagebuch dokumentiert), und zwar im Jahr 1800. Zieht man die Datumsangaben aus dem Tagebuchfragment hinzu, können wir nun auf einen Aufenthalt vom 8. bis zum 25. April 1800 schließen.109
Im Weiteren erfahren wir aus diesem Brief, dass Blumenbach schon früher über die geplante Forschungsreise nach Afrika informiert worden war und dass Heinemeyer ursprünglich vorhatte, Seetzen auf dieser Expedition zu begleiten.110 Seine begrenzten finanziellen Mittel hätten ihn davon abgehalten, wie er nun an Blumenbach schrieb.111 Vielleicht hatte ihn aber auch der Mut verlassen angesichts der enormen Risiken einer solchen Reise? Seetzen selbst blieb aber standhaft.
Zum Schluss sei noch ein kurzer Blick auf die große Forschungsreise von Ulrich Jasper Seetzen geworfen, die ihn noch mehr als die kurze gemeinsame Studienzeit mit Humboldt in Verbindung setzt, zumindest in ideeller Hinsicht, denn beide haben auf ihren Expeditionen ähnliche Ziele und Forschungsansätze verfolgt. Eine vergleichbare Parallele gibt es bei keinem anderen von Humboldts Jugend- und Studienfreunden. Seetzen hatte den Entschluss gefasst, eine Entdeckungsreise durch das zentrale Afrika zu unternehmen, das bisher noch kein Europäer betreten hatte. Der Weg dorthin sollte durch den Nahen Osten und Arabien führen.
Sein Forschungsprogramm hatte Seetzen akribisch vorbereitet und ausgearbeitet. Es sollte u. a. Geologie, Zoologie, Botanik, Landwirtschaft, Länderkunde und Geographie umfassen.112 Durch die Vermittlung Blumenbachs wurde der Direktor der Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha, Franz Xaver von Zach113, dafür gewonnen, die für geographische Vermessungen notwendigen Reiseinstrumente (Sextant, Chronometer, Fernrohr, Kompass etc.) zu beschaffen. Verglichen mit Humboldts Instrumentenpark auf der Amerikareise war dieses Instrumentarium bescheiden, aber für die hier geplante, begrenzte Anwendung (Standortbestimmung, Kartenaufnahme) durchaus angemessen.114 Zudem konnte der einflussreiche Astronom das Gothaer Fürstenhaus zur Mitfinanzierung der Expedition bewegen; aus eigenen Mitteln hätte Seetzen das alles nicht leisten können. Im Gegenzug erhielt er den Auftrag, unterwegs geeignete Stücke für eine ethnologische Sammlung in Gotha zu beschaffen.
Am 13. Juni 1802 reiste Seetzen von Jever ab.115 Über Wien ging es nach Konstantinopel (heute Istanbul), dann mit regulären Karawanen entlang der türkischen Mittelmeerküste bis Izmir, durch die südliche Türkei nach Aleppo und Damaskus, weiter durch Palästina nach Jerusalem, und schließlich über den Sinai nach Kairo. An einigen Orten verweilte Seetzen für mehrmonatige Forschungsaufenthalte, u. a. erkundete er das Tote Meer.116 Er sammelte Fossilien, Pflanzen und Mineralien. Er beobachtete das enge Zusammenleben der vielen Volksgruppen und Glaubensgemeinschaften, er notierte Sitten und Gebräuche. Ausführlich beschrieb er handwerkliche und landwirtschaftliche Methoden und Erzeugnisse. Für die Gothaer Sammlung kaufte er alte arabische Bücher, Handschriften, Antiquitäten, Kleidungstücke, Hausgerätschaften, Werkzeuge, landwirtschaftliche Geräte und andere ethnologisch interessante Gegenstände.117 Zusammen mit den selbst gesammelten Pflanzen und Mineralien sowie den abgeschlossenen Teilen seines Reisetagebuchs schickte er sie nach Deutschland.118 Das meiste, wenn auch nicht alles, ist angekommen.
Bis Izmir (damals Smyrna) wurde Seetzen von seinem treuen Gehilfen Jacobsen begleitet, den wir schon von der Helgoland-Exkursion im Jahr 1800 kennen. Doch unterwegs war der Gefährte erkrankt, er litt sehr unter dem heißen Klima und an „großem Heimweh“; er kehrte daher nach Deutschland zurück. Seetzen musste seine Reise ab hier alleine fortsetzen.
Nach dem Erreichen Kleinasiens lässt sich eine Verlagerung seiner Arbeitsschwerpunkte erkennen. Die anfangs reichlich sprudelnden Standortmessungen wurden weniger und zuletzt nur noch an den Hauptorten vorgenommen. Neben dem Verlust des geübten Assistenten mögen auch technische Probleme mit den Instrumenten dazu beigetragen haben.119 Zunehmend traten dagegen archäologische, religionsgeschichtliche und sprachwissenschaftliche Themen in den Vordergrund seiner Forschungstätigkeit, sie entsprachen wohl eher seinen Interessen und Fähigkeiten.
In Kairo blieb er fast zwei Jahre, 1810 brach er dann zur arabischen Halbinsel auf. Von da ab fanden nur noch wenige Briefe den Weg nach Europa. Von Suez ging die Reise per Schiff nach Dschidda, weiter über Land nach Mekka und Medina, dann wieder über das Rote Meer in den Jemen. Von dort aus wollte er nach Afrika übersetzen. Seine letzten Briefe aus Mokka120 sind auf den 17. November 1810 datiert, danach kamen keine Nachrichten mehr. Spätere Erkundigungen durch einen englischen Reisenden ergaben, dass er erst im September 1811 zu einer weiteren Exkursion ins jemenitische Landesinnere aufbrechen konnte, dort verliert sich seine Spur. Vage Gerüchte besagten, dass er kurz danach einem Mordanschlag zum Opfer gefallen sei.
Sein eigentliches Ziel, Zentralafrika, hat Seetzen nicht erreicht, der erhoffte Ruhm als Entdecker des inneren Afrika blieb ihm dadurch versagt. Seine Forschungen im Vorderen Orient haben ihm dagegen bleibende Anerkennung in der Fachwelt gesichert, seine ethnologischen, linguistischen, religionsgeschichtlichen und kulturhistorischen Beobachtungen sind bis heute wichtige frühe Quellen der Forschung über den Nahen Osten.121 Und er war ein glänzender Reiseschriftsteller, dessen Werke sich bis heute zu lesen lohnen.122 „Es war eine unbekannte neue Welt, die durch ihn hervorgezaubert wurde aus einem dürren, spurlos gewähnten Wüstenfelde.“123
Humboldt und Seetzen sind sich nach der gemeinsamen Studienzeit in Göttingen wahrscheinlich nicht mehr persönlich begegnet, zumindest fanden sich dafür bisher keine Zeugnisse.124 Die vorliegende Untersuchung zeigt aber, dass sie mit einiger Wahrscheinlichkeit in der ersten Zeit noch brieflichen Kontakt hatten und sich über ihre naturkundlichen Interessen austauschten, auch wenn diese Kommunikation nur oberflächlicher Natur gewesen sein mag. Schon bald scheint aber auch diese Verbindung abgerissen zu sein, ab 1791 gibt es keine konkreten Hinweise mehr.
Seetzen hat sich später des Studienfreunds mit großer Empathie erinnert. Die Amerikareise Humboldts hat er anhand der laufenden Journalberichte verfolgt, auch nach seiner eigenen Abreise in den Orient, soweit ihm das dann noch möglich war. Die Nachricht von Humboldts glücklicher Rückkehr nach Europa im Sommer 1804 hat ihn Monate später in Aleppo erreicht: „Daß Freund v. Humboldt wieder heimgekehrt ist, freut mich herzlich. Welchen Gewinn für die Wissenschaften werden nicht die Bemerkungen dieses Mannes von den seltensten Talenten und Kenntnissen liefern!“125 Und an Franz Xaver von Zach schrieb er am 11. März 1805:
Es thut mir sehr leid, daß man noch immer nichts weiter von dem Schicksale unsers Deutschen Landsmanns Hornemann erfahren hat.126 Möchte er doch einst eben so glücklich wieder in sein Vaterland zurückkehren, als unser Humboldt, an dessen Geschick ich während seiner großen Reise in Amerika den lebhaftesten Antheil genommen habe, so wie gewiß ein jeder, der das Glück gehabt hat, in dessen Umgange seine nie zu ermüdende Forschbegierde, seine Talente, seinen bewundernswürdigen Vorrath der seltensten Kenntnisse und seinen liebenswürdigen Character kennen zu lernen.127
Wir können aus diesen Bemerkungen entnehmen, dass Seetzen von der frühen Begegnung mit Humboldt bleibend beeindruckt war, und sicher hat der Aufbruch des Kommilitonen in die „Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents“ seinen eigenen Entschluss zu einer Forschungsreise in das äquatoriale Afrika bekräftigt. Und der frühe Ruhm Humboldts wird ihm bei diesem Vorhaben ein weiterer Ansporn gewesen sein.
Humboldt hat Seetzen, soweit aus den Quellen ersichtlich, später nur noch selten erwähnt. In den Vues des Cordillères wird die Zahl der Sprachen auf dem neuen Kontinent mit denen in Afrika verglichen, „wo es, nach den neuen Forschungen der Herren Seetzen und Vater128, über 140 davon gibt“129. Und in seinem Alterswerk Kosmos schreibt Humboldt: „Daß aber dort [bei Medina] eine Feuer-Eruption bereits 1254 […] gewesen war, lehrt nach Seetzen Abulmahasen […].“130 Allerdings gibt er hier keinen Hinweis auf ihre frühere Bekanntschaft, was bei anderen, engeren Beziehungen durchaus vorkam. Vielleicht war ihm im Abstand von sieben Jahrzehnten einfach der Bezug zu seinem einstigen Kommilitonen abhanden gekommen.
An die Reise nach Helgoland hat er sich aber auch im hohen Alter noch begeistert erinnert. Aus dem Jahr 1848 berichtet Friedrich Althaus von Humboldts freudiger Reaktion, als er dem fast achtzigjährigen Gelehrten von eigenen Reiseplänen zur Insel erzählte:
Ah, das ist recht […] daß Sie nach Helgoland gehen! Ich selbst erinnere mich noch mit Freuden der Zeit als ich dort war und es ist schon lange her; ich glaube, die Menschen waren gerade etwa von der Sündfluth trocken geworden. Alles paßt dort zu einander: Felsen, Düne, Meer – und die Stürme sind herrlich. Auch macht man ringsumher fortwährend interessante Entdeckungen.131
Mehrere Fachgelehrte haben Anteil am Gelingen dieser Arbeit: Karin Boos, Detlef Haberland, Jürgen Pätzold, Antje Sander, Ingo Schwarz, Hans Stühmer. Ihre Verdienste sind an jeweiliger Stelle genannt. Ich danke ihnen für ihre Unterstützung.
Für Druckgenehmigungen danke ich dem Landesarchiv Oldenburg, dem Archiv der Familie Blumenbach, der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und der Familie Peters, Sophiengroden.
In zwei Briefen aus Hamburg hat Humboldt am 24. und 26. Oktober 1790 an Johann Friedrich Blumenbach in Göttingen u. a. von seiner Helgoland-Reise berichtet. Nachfolgend werden daraus diejenigen Passagen wiedergegeben, die sich auf Helgoland beziehen. Der erste Brief begleitete eine Kiste mit Naturgegenständen, die Humboldt seinem früheren Lehrer schickte, und enthält eine Liste der insgesamt 17 Objekte. Es handelte sich überwiegend um Fundsachen von Humboldts Reise mit Georg Forster nach England, aber auch vier Objekte aus Helgoland sowie einige andere Stücke waren dabei. Im zweiten Brief gibt Humboldt auf zwölf Seiten ausführliche Kommentare zu einigen dieser Fundstücke. Darüber hinaus werden in dem Schreiben noch zahlreiche weitere Themen angesprochen, die das breite Spektrum seiner naturkundlichen Interessen (und seiner erstaunlichen Kompetenz und Souveränität darin) schon in dieser frühen Lebensphase eindrucksvoll belegen. Und es ist offenkundig: er will als wissenschaftlicher Forscher von seinem Lehrer als gleichrangig wahrgenommen werden.
Aus dem Brief vom 24. Oktober 1790:
Verehrungswerther Herr Hofrath.
Eine ganze Kiste mit Mineralien erhalten Sie freilich, aber ich schäme mich fast sie Ihnen zu schikken. In elenderen und kleinern Brökkeln ist die Natur wohl noch nie vorgestellt worden. […]
Die Kiste enthält […] 8) rother verhärteter Mergel, ein decomponirter Sandstein. Aus dieser sonderbaren Masse besteht die Dänische Insel Helgoland, ein isolirter 260 Fuß hoher, auf allen Seiten abgestürzter Fels in der Nordsee. Kein Ufer an d[er] Nordsee hat eine ähnliche Steinart. Ich habe Helgoland, ohngeachtet des gefährlichen Wellenschlags selbst besucht und viel Pflanzen darauf gesamlet. Ich denke etwas davon zu beschreiben. 9) Kreide von Pholaden durchlöchert von der Kaninchen Insel bei Helgoland, worauf auch eine Menge Seehunde liegen. Ich werde mich bemühen Ihnen die Pholaden (die Giseke daselbst entdeckt hat) zu schikken[.] Im Norden sind sie nirgends als auf Helgoland. Prof. Abeldgaard war 8 Tage vor mir auf d[er] Insel. Er wird die Conchylien beschreiben.132 10) Muscheln und Belemniten von Helgoland. […] 15) abgerundete Steine aus Helgoland. […]
Hier, mein Bester, ist ein ganzer Mikrokosmos, vieles und doch nicht viel.
Ihr dankbarer Schüler
Humboldt.
Hamburg
d[en] 24 Okt.
1790
[…]133
Aus dem Brief vom 26. Oktober 1790:
Hamburg, den 26 Okt. 1790.
Sie haben einen äußerst verworrenen Brief von mir erhalten. […] Es ist freilich, etwas zudringlich von mir, daß ich Sie, Verehrungswerther Mann, kurz nach einander mit zwei Briefen belagere. […]
Unglaublich wird es Ihnen sein, wenn ich Ihnen gestehe, wie schwer es mir ward, einen Seehundskopf zu schaffen. Auf meiner Fahrt nach Helgoland, wo ich 3 Tage wegen Sturm zwischen Neu Werk u[nd] Wangeroo[ge] hinter einer Sandbank liegen mußte, sah ich sie zur Ebbezeit Schaarenweise. Ich habe mehr als 10 Menschen hier und auf Helgoland Bestellung gegeben, weil ich denke Ihnen kein unangenehmes Geschenk mit einem Seehundskopf zu machen – aber bis jetzt noch vergebens. Verlassen Sie sich indeß auf meinen Eifer. […]
An die Kanincheninsel (die durch eine Fluth von Norden im vorigen Jahrhundert von Helgoland abgerissen wurde und jetzt in eben dem Maase zunimmt als der gegen überliegende Helgoländer Felsen abnimmt) wirft das Meer Schwefelkies und Kupferglaserz im Kalkstein an. Von welcher Küste? – ist unbegreiflich. Auf der Kanincheninsel selbst, einer bloßen Sanddüne, ist ein süßer Brunnen! Wahrscheinlich filtriert der Kieselsand das Meerwasser ab und die Natur treibt hier eine wohltätige Chemie für die Helgoländer (einer Art Friesischen Nazion, von ganz auffallender Leibesstärke, frisischer Sprache u[nd] Sitten) da sie bei Mangel an Regen und Zufuhr oft Durst leiden würden. Der Helgoländer Felsen (der wie der Königsstein aus d[em] Meer hervorsteht und noch täglich seine Gestalt verändert) giebt ein deutliches Bild wie das Meer den Ländern ihre jetzige Gestalt gegeben hat. Große Spalten u[nd] Risse, die sich schon mitten auf der Insel zeigen, lassen fürchten, daß sie sich bald in 2 Theile trennen wird. Gegen N[ord] W[est] ist der Anblick fürchterlich schön. Eine hohe schmale Klippe steht, wie der Schnarcher ganz frei und daneben hat die Fluth in den vorspringenden Felsen einen 50 Fuß hohen Schwibbogen ausgehölt, wo sie durchströhmt. Ich fuhr mit einem Boot zwischen der Klippe (dem Horn) und dem Bogen durch. {Skizze Humboldts, s. Abb. 5} Ein ganz ähnlicher Schwibbogen findet sich an der Küste von Yorkshire bei Flamboroughhead. Aus Dankwerths Beschr[eibung] von Schleswig sieht man daß Helgoland im 12ten Jahrhundert noch 8–9 M[eilen]134 enthielt, da es jetzt kaum 1/4 hat. […]
Bernstein ist ehemals in großer Menge bei Helgoland u[nd] den anderen Schleswigschen Inseln gefunden worden. Jezt nimmt die Bernsteinfischerei hier sehr ab. Ebeling behauptete diese Inseln, nicht Preußen, wären das Bernsteinland der Alten gewesen. Mir ist es doch kaum wahrscheinlich! […]
Die Helgoländer Conchylie, die ich neulich schikte, legte ich nicht der Seltenheit wegen bei, sondern weil sie so deutlich zeigt, wie ein Seethier immer seine Wohnung auf dem andern aufschlägt. […]135
Zu diesem zweiten Brief an Blumenbach sei hier noch eine Bemerkung angefügt, die nicht Humboldts Helgolandfahrt betrifft, sondern sein Talent als Zeichner. Der Brief enthält nämlich neben der oben besprochenen Helgoländer Landschaftsskizze noch eine andere Zeichnung, in der Humboldt die ungewöhnliche Struktur eines „Bandjaspis“ darstellt (Abb. 7).136 Der gebänderte Stein war vom damaligen Vorsteher der Hamburger Münze, Otto Heinrich Knorre (1724–1805), im Hafengebiet gefunden und dem von außen eingetragenen Ballastmaterial der Segelschiffe zugeordnet worden. Humboldt stimmte dieser Interpretation zu:
Die Schiffe aus dem Mittelländ[ischen] Meere bringen aber auch durch Ballast manches italienisches Mineral (zum Theil poröse) an unsere Küste, die manchen irre führen können. In dieser Art von Gerölle fand Herr Münzmeister Knorrer […] einen sonderbaren Bandjaspis,137 über den er (da er ihn für die Geognosie wichtig hält) wahrscheinlich schreiben wird. Die Streifen an diesem Bandjaspis scheinen durch Erdbeben sonderbar verrükt zu sein. Die Streifen von a a und b b correspondieren genau. Nirgends schlängeln sich die Streifen, wie man an manchen Bandjaspissen genau ein Wogen in der nach aussen, färbenden Materie sehen kann. Wenn man a a um einen Zoll höher schöbe, so wäre alles in den natürlichen Lagen.138
Aus der Maßangabe lässt sich grob ableiten, dass die Größe des originalen Fundstücks in Höhe und Breite je knapp einen halben Meter betragen hatte (vorausgesetzt, die Skizze ist einigermaßen maßstäblich). Die dritte Dimension des Brockens lässt sich wegen der Perspektive nur vage schätzen (< 20 cm?). Segelschiffe benötigen zur Erlangung ausreichender Stabilität einen Ballast im Kielraum, insbesondere wenn keine oder nur leichte Ladung gefahren wird. Diese zusätzliche Last wurde u. a. durch die Zuladung von Steinen bewirkt. Wenn im Zielhafen für die Weiterfahrt schwere Transportlast an Bord genommen wurde, konnte der Ballast (zumindest teilweise) zurückbleiben und wurde ausgeladen. Die Steine wurden dann später von anderen Schiffen wieder als Ballast aufgenommen und konnten so um den Globus wandern. Ihr Fund an fernen Gestaden hat damit durchaus „manchen irre führen können“139.
Abb. 7: „Bandjaspis“, gefunden im Hamburger Hafen: Skizze Humboldts in einem Brief vom 26. 10. 1790 an J. F. Blumenbach in Göttingen. Maße der Originalskizze im Brief: Breite 52 mm; Höhe 41 mm (© Eigentum des Blumenbach-Familienarchivs; Abdruck mit freundlicher Genehmigung).
Jaspis wird oft zu Schmucksteinen verarbeitet und hat somit einigen Wert. Die Größe des Fundes, seine sonderbar gebrochenen Streifen und seine unbekannte ferne Herkunft hatten offenkundig das Interesse des mineralogisch versierten Knorre geweckt.140
Die beiden Handzeichnungen in diesem Brief sind wohl die bislang ältesten erhaltenen Skizzen Humboldts von selbst erkundeten Naturgegenständen. Die Zeichnung des „Bandjaspis“ ist bisher noch nicht publiziert worden. Sie ist hier als weiteres frühes Beispiel für Humboldts auch in der Helgoland-Skizze gezeigte Fähigkeit, das Wesentliche seiner Natureindrücke in wenigen Federstrichen prägnant zu erfassen, beigefügt. Vor allem in seinen amerikanischen Reisetagebüchern wird sich dieses Talent später noch vielfältig bewähren.141
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1 Heute Teil der Gemeinde Wangerland, Landkreis Friesland.
2 Zu Seetzens Biographie siehe das von Detlef Haberland (2017) gezeichnete Lebensbild sowie die darin ausführlich referierten biographischen Quellen.
3 Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840), Anatom und Naturforscher; er gilt als wesentlicher Mitbegründer der Zoologie und Anthropologie.
4 Johan Anders Murray (1740–1812), schwedischer Mediziner und Botaniker; Schüler Carl von Linnés.
5 Johann Friedrich Gmelin (1748–1804), Mediziner und Naturforscher.
6 Seetzen 1854–1859, Bd. I, S. i–lxxv: „Vorrede und Einleitung“ des Herausgebers F. Kruse, eine wichtige biographische Quelle; hier S. v.
7 Schippan 2014, S. 111–132.
8 Sir Joseph Banks (1743–1820) hatte James Cook auf dessen erster Weltumsegelung 1768–1771 begleitet. Die offizielle Bezeichnung der Afrikanischen Vereinigung lautete: The Association for Promoting the Discovery of the Interior Parts of Africa.
9 Zu Blumenbach und seinen Schülern siehe Plischke 1937.
10 Geuns 2007.
11 Beer 1998. Im Spätjahr 1789 präsentierte Seetzen in der Gesellschaft seine Dissertation (s. u.) und Humboldt berichtete über seine Beobachtungen an den rheinischen Basalten. Jahre später hat Seetzen dann noch einmal über Pflanzenverzeichnisse vorgetragen. Beide, Humboldt und Seetzen, werden noch 1810 in der letzten erhaltenen Mitgliederliste der Gesellschaft als auswärtige Mitglieder geführt, doch war dies nur noch eine formale Zugehörigkeit.
12 Seetzen 1789.
13 JB 29, S. 74. Bei der zweiten an Willdenow geschickten Schrift handelte es sich um eine Arbeit von Steven Jan van Geuns.
14 Seetzen 1854–1859, Bd. I, 1854, S. vi.
15 Zum Zeitpunkt der o. g. Niederschrift (1799) waren es drei Veröffentlichungen (abgedruckt in SGS, Bd. 1, Nr. 3, 4 und Nr. 8); in den Jahren danach hat er noch weitere Publikationen aus dieser frühen Zeit folgen lassen; siehe dazu Abschnitt „Schnarcherklippen und Externsteine“.
16 Seetzen 1854–1859, Bd. I, 1854, S. vii.
17 Ebd.
18 Georg Werner August Dietrich von Münster, Reichsgraf von Meinhövel (1751–1801).
19 Seetzen 1854–1859, Bd. I, 1854, S. xii.
20 Die schriftliche Hinterlassenschaft aus der Zeit vor Seetzens Forschungsreise ist allerdings noch nicht vollständig und systematisch ausgewertet. Für spätere Verweise Seetzens auf Humboldt s. u. im Abschnitt „Erinnerungen“.
21 Ausstellung aus Anlass von Seetzens 250. Geburtstag in Jever Ende 2017. Ich danke den Kuratoren dieser beeindruckenden und sehr informativen Gedenkschau, Prof. Dr. Antje Sander (Schlossmuseum Jever) und Prof. Dr. Detlef Haberland (bis 2018 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg), für den intensiven Gedankenaustausch zu Seetzen und Humboldt und nicht zuletzt für die öffentliche Präsentation des Brieffragments, wodurch die vorliegende Arbeit erst zustande kommen konnte (Haberland/Sander 2017).
22 Sander 2019, S. 404.
23 Tatsächlich gehört der leuchtend rote Felskörper der Insel nach moderner Nomenklatur der lithostratigraphischen Formation des Mittleren Buntsandsteins an. Details hierzu und zu den weiteren im Manuskript erwähnten mineralogischen und biologischen Begriffen siehe im späteren Abschnitt „Helgoländer Fundstücke“.
24 Bohrmuscheln.
25 Welcher der damals noch häufigeren Brandungstürme vor der Westküste hier konkret gemeint sein könnte, wird im Abschnitt „Helgoländer Fundstücke“ diskutiert.
26 Schnarcherklippen, eine beeindruckende, zweitürmige Granitfelsformation im Harz bei Schierke, nahe dem Brocken.
27 Externsteine (ältere Bezeichnungen auch Extersteine, Eggerstersteine u. a.): markante Felsgruppe von mehreren Sandsteintürmen im Teutoburger Wald, nahe der Stadt Horn.
28 Bogenförmige Naturbrücke, hier Synonym für ein Brandungstor.
29 Fuß: altes Längenmaß. Es variierte regional meist zwischen 28 und 32 cm. 50 Fuß entsprechen also etwa 15 m.
30 Meint „je“; die Schreibweise „ie“ kommt bei Seetzen häufig vor.
31 Das Konvolut stammt aus dem Bestand des Stadtarchivs Jever und wird im Niedersächsischen Landesarchiv, Abteilung Oldenburg, aufbewahrt (Dep 25 JEV, Bestands-Nr. 262–4, Archiv Nr. 5416). Das Humboldt-Blatt wird daher im Folgenden auch als ‚Oldenburger Manuskript‘ bezeichnet. Es gibt noch ein zweites, zugehöriges Konvolut (Dep 25 JEV, Bestands-Nr. 262–4, Archiv Nr. 5417) mit Helgoland betreffenden Handschriften; Näheres dazu im Abschnitt „Seetzens Exkursion nach Helgoland“. Ich danke dem stellvertretenden Leiter des Archivs, Dr. Wolfgang Henninger, für seine freundliche Unterstützung.
32 Klaus-Peter Müller führt das Tagebuchfragment in seiner summarischen Bestandsaufnahme der frühen Handschriften Seetzens auf, die übrigen Blätter, insbesondere das hier diskutierte Brieffragment, werden nicht explizit genannt (Müller, 1995, S. 81). Ausführlicher beschrieben wird das Konvolut von Sander 2019, S. 404.
33 Die genaue Datierung der Reise wird im Abschnitt „Seetzens Exkursion nach Helgoland“ diskutiert.
34 Seetzen 2004. Das dort von Århammar genannte Reisejahr 1798 war erschlossen worden, neuere Quellen belegen das Jahr 1800, siehe unten.
35 Prof. Århammar († 2022) hat die Listen vor allem sprachwissenschaftlich untersucht, eine angekündigte Veröffentlichung ist nicht erfolgt (N. Århammar, persönliche Mitteilung 2019).
36 Dieses Blatt stammt wahrscheinlich nicht von Seetzens Hand. Auf der Rückseite steht eine briefliche Adressenangabe: „À Monsieur C Wishoff | Marchand tres celebre à Leyde.“ Es handelt sich also möglicherweise um einen alten Brief an den Buchhändler und Verleger Coenraad Wishoff in Leiden, der einige frühe Werke von Carl von Linné herausgebracht hatte, darunter die erste Auflage der Genera plantarum (1737). Allerdings ist nicht ganz klar, ob Text und Adresse ursächlich zusammengehören. Vielleicht wurde auch nur die Rückseite eines alten Briefumschlags für die Gesteinsabhandlung benutzt.
37 Unter dieser Zuordnung wurde die Handschrift auch in der Ausstellung 2017 in Jever präsentiert.
38 Sander 2019, S. 404.
39 Ich danke Dr. Ingo Schwarz (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, ehem. Leiter der Humboldt-Forschungsstelle) für seine aktive Unterstützung dieses Interpretationsansatzes. Besonders wertvoll waren hierbei die richtigen Fragen, die er gestellt hat. Ihm und Dr. Frank Holl (Humboldt-Biograph und Ausstellungskurator, München) danke ich auch für die kritische Durchsicht des Manuskripts.
40 JB 54, S. 106.
41 Die erste wissenschaftliche Abhandlung über Humboldts Helgolandfahrt stammt von Gerhard Kortum 1994. Der damalige Direktor des Instituts für Meereskunde der Universität Kiel konnte sich bei seinen Untersuchungen in der Tat nur auf diese wenigen, dürren Briefzeilen sowie seine allgemeine Kenntnis von Humboldts Werk stützen. Es ist ihm trotzdem gelungen, ein lebendiges Bild der Humboldt’schen Exkursion zu zeichnen, ein Bild, das in seinen wesentlichen Zügen auch dem Licht der neueren, besseren Quellenlage (s. u.) standhält.
42 In einem Brief an den Freund Carl Freiesleben vom 10. Juni 1793; JB 149, S. 251.
43 Klatt/Franke 2008.
44 Dougherty 2010, S. 338–349. Leider geben auch diese beiden Briefe keinen Aufschluss über das genaue Reisedatum.
45 Früher gebräuchlicher Name für die Helgoländer Nebeninsel ‚Düne‘.
46 Die Ausführungen über Pflanzenwanderungen in Nordeuropa dürften seine frühesten erhaltenen, expliziten Überlegungen zur Pflanzengeographie sein, frühere Äußerungen aus seiner Feder sind dazu bislang nicht bekannt geworden. Er war durch seine Botanikstudien bei Willdenow auf dieses Thema gestoßen, es wird einer der großen Stoffe seines Forscherlebens bleiben.
47 Dies korrespondiert auch mit der Formulierung „Gegen N[ord] W[est] ist der Anblik fürchterlich schön“ im zweiten Blumenbach-Brief.
48 Zöllner (1795).
49 Zöllner 1804a, S. 113 f.
50 Bei dieser Abschrift sind auch einige von Seetzens eigenen Schreibgewohnheiten eingeflossen, etwa die Schreibweise ‚ie‘ statt ‚je‘, die bei Seetzen häufig, bei Humboldt nie vorkommt. Auch hätte Humboldt wohl eher ‚süßes‘ statt ‚süsses Wasser‘, ‚freistehender‘ statt ‚freystehender Fels‘ oder ‚Anblik‘ statt ‚Anblick‘ geschrieben (Hinweise von I. Schwarz).
51 Schwarz 2021; Eintrag unter dem 1. Juni 1789.
52 Ueber die merkwürdige magnetische Polarität einer Gebirgsgruppe von Serpentinstein. Aus einem Briefe vom Herrn Oberbergrath F. A. v. Humboldt an den Herausgeber, Neues Journal der Physik 1797, S. 136–140, hier S. 137; wieder abgedruckt in: Humboldt 2020, Bd. I, S. 266; Online-Version der Universität Bern (2021 ff.): https://humboldt.unibe.ch/text/1797-Ueber_die_merkwuerdige-1, [zuletzt aufgerufen am 07. 02. 2022].
53 Althaus 1861, S. 10.
54 JB 23, S. 62 f. und JB 25, S. 66–71.
55 Geuns 2007, S. 213.
56 Brief an Wilhelm Gabriel Wegener vom 10. 1. 1790, JB 33, S. 80.
57 Schwarz 2021; vgl. die Einträge zu Humboldts Reisen vor dem September 1790.
58 Seetzen 1854–1859, S. vi.
59 Diese Publikationen seien hier nur summarisch nach ihrem Wiederabdruck in SGS 2017 referiert: Bd. 1, Nr. 3, 4, und Nr. 8; Bd. 2, Nr. 22–29 und Nr. 33.
60 Es ist zudem gut denkbar, dass Seetzen noch in Göttingen im Herbst 1789 von Humboldt auf die Externsteine aufmerksam gemacht wurde, die dieser kurz zuvor besucht hatte.
61 Siehe dazu im Abschnitt „Helgoländer Fundstücke“ den Absatz ‚Spaltungen der Felsen‘.
62 Viele der von Humboldt beschriebenen „mineralogischen Merkwürdigkeiten“ lassen sich auch heute noch auf der Insel finden, erfordern aber eine systematische Suche (und Finderglück). Einfacher kann man sie in der beeindruckenden geologischen Sammlung des Museums Helgoland bewundern. Sie wurde von dem langjährigen Leiter des Außenbezirks des Wasser- und Schifffahrtsamtes Tönning, Dipl.-Ing. Hans H. Stühmer, begründet. Ich verdanke Hans Stühmer einen atemberaubenden Rundgang über das Plateau der Felseninsel bei Windstärke 10 und zahlreiche Hinweise zu Geologie und Geschichte Helgolands.
63 Zur Geologie Helgolands siehe z. B. Schmidt-Thomé 1989; Förster et al. 2000; Spaeth 1990. In diesen Quellen finden sich auch zahlreiche Hinweise auf die hier genannten Stichworte. Für diese Quellenhinweise bin ich Dr. Jürgen Pätzold, Universität Bremen, zu Dank verpflichtet. Ihm verdanke ich auch eine spontane und anregende Führung durch die mineralogische Sammlung des Museums Helgoland sowie weitere Hinweise und Literaturreferenzen.
64 Lüschen 1970, S. 260.
65 Vgl. z. B. Schreiter 1932. Es wurde sogar gediegenes Kupfer gefunden.
66 Hänsel/Schulz 1980. Das Helgoländer Museum zeigt eine umfangreiche Sammlung mittelalterlicher Fundstücke zur Kupferverhüttung, die ebenfalls von Hans Stühmer begründet wurde.
67 Handstücke von Kreidegestein findet man aber noch zahlreich an den Stränden der ‚Düne‘, mit Glück auch solche mit eingelagerten Pyritkristallen.
68 Lüschen 1970, S. 164 f.; dort auch Details zur mythologischen Bedeutung dieses Fossils.
69 Siehe z. B. Wikipedia unter Schlagwort „Klapperstein“, https://de.wikipedia.org/wiki/Klapperstein, [zuletzt aufgerufen am 23. 01. 2019]. Klappersteine sind sehr selten und daher begehrte Fundstücke. Es wird berichtet, dass fanatische Sammler an den Ufern der Düneninsel durch ihr sonderbares Verhalten (ausdauerndes Aufheben, Schütteln und ‚Abhören‘ von Strandgeröll) verschiedentlich schon den heftigen Unmut anderer Strandgäste auf sich gezogen haben (persönliche Mitteilung von Hans Stühmer). Humboldt dürfte wohl nicht selbst gesucht, sondern von Inselbewohnern vorhandene Klappersteine vorgelegt bekommen haben.
70 Dougherty 2010, S. 343. Als ‚Horn‘ wird die gesamte Nordwestspitze der Felseninsel bis heute bezeichnet (fries. Nadhuurn, Nordhorn).
71 Diese Süßwasserlinse gibt es auf der ‚Düne‘ auch heute noch. Zwei Teiche, die wichtige ‚Zapfstellen‘ für die Vogelwelt sind, zeugen davon.
72 Verschiedene alte Kartenwerke wurden zu Rate gezogen, z. B. die Kartensammlung in A. Brohm 1907. Zudem danke ich Jörg Andres, Leiter des Museums Helgoland, für die Übermittlung einer Kartenkopie, die die Insel im Zustand vor 1910 zeigt. Die Namen der verschiedenen Felsformationen sind in den alten Karten nicht immer gleich zugeordnet, auch haben sie im Lauf der Zeiten gelegentlich gewechselt, was zweifellos der hohen geomorphologischen Dynamik dieser Küste geschuldet ist. Wir folgen hier, was die Nordwestspitze angeht, einer Karte, die Geländeaufnahmen von 1844–1904 zusammenfasst (Brohm 1907, Blatt 31).
73 Auch der ‚Langen Anna‘ droht dieses Schicksal in absehbarer Zeit. Durch vorgelagerte Schutzbauten konnte der Erosionsprozess ab Mitte des 19. Jahrhunderts insgesamt deutlich verlangsamt werden.
74 Dougherty 2010, S. 343.
75 Drei Tore nebeneinander ergeben vier Beine, wie bei einem Tier, daher der Name ‚Hengst‘ (persönliche Mitteilung von H. Stühmer 2019).
76 Der ‚Hengst‘ (als Brandungsfelsenturm) ist 1856 eingestürzt.
77 Online-Lexikon des Kunsthistorischen Instituts der Universität Kiel: https://www.kunstgeschichte.uni-kiel.de/de/infos-fuer-das-studium/architektur-begriffe, [zuletzt aufgerufen am 19. 03. 2019].
78 Klatt/Franke 2008, S. 98, haben die Skizzen erstmals veröffentlicht, deuten sie aber als andere Felsformationen, die ‚Grote Kark‘ (Pfeiler) und das ‚Sneppgat‘ (Tor) an der Westküste, allerdings ohne diese Zuweisung zu begründen.
79 Diese Landanbindung ist spätestens im 19. Jahrhundert selbst zu einem ‚Schwibbogen‘ erodiert, der am 16. Mai 1860 einstürzte; seither bildet der nun freistehende ehemalige Brückenpfeiler den 48 Meter hohen Brandungsturm ‚Lange Anna‘. Diesen volkstümlichen Namen bekam der Fels aber erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts; auf friesisch heißt er offiziell ‚Nathurn Stak‘ (Nathurn = Nordhorn, Stak = Einzelfelsen).
80 Versuch über einige physikalische und chemische Grundsätze der Salzwerkskunde, in: Bergmännisches Journal, 1792, S. 1–45 und S. 97–141, hier S. 138; wieder abgedruckt in: Humboldt 2020, Bd. I, S. 91–130, hier S. 128–129; Online-Version der Universität Bern (2021 ff.): https://humboldt.unibe.ch/text/1792-Versuch_ueber_einige-1, [zuletzt aufgerufen am 07. 02. 2022].
81 So im ersten Helgoland-Brief an Blumenbach (Dougherty 2010, S. 338).
82 Siehe dazu Holl/Schulz-Lüpertz 2012.
83 Nach der Familiendatenbank Helgoland, (http://www.online-ofb.de/namelist.php?nachname=Koopmann&ofb=helgoland, [zuletzt aufgerufen am 10. 05. 2019]), gab es im Jahr 1800 einige Träger dieses Namens, die als Fischer oder Lotsen aufgeführt sind.
84 Seetzen 2004, S. 46.
85 Ebd., S. 44.
86 Das Brandungstor in Humboldts Skizze.
87 Das Helgoländer Felswatt.
88 Seetzen 2004, S. 44.
89 Seetzen 2004, S. 45.
90 Eine größere, namentlich gezeichnete Liste stammt von einem Rickmer Hahn, der auch bei Århammar 2004, S. 44, Anm. 1, erwähnt wird. Es handelt sich dabei wohl um den Helgoländer Lotsen und Fischer Rickmer Jacob Jasper Hahn (1763–1817), der auch „Landesältester und Rathmann“ war (s. in der Familiendatenbank Helgoland: https://www.online-ofb.de/famreport.php?ofb=helgoland&ID=I7006&nachname=Hahn, [zuletzt aufgerufen am 29. 10. 2020]).
91 Sertularia ist eine Gattung im Stamm der Nesseltiere (lat. Cnidaria, Hydrozoa), die Art abietina wurde 1758 von Linné in seine Taxonomie aufgenommen. Diese Klassifizierung hatte aber keinen Bestand, heute firmiert sie als Abietinaria abietina. Für die Unterstützung bei der korrekten Zuordnung der biologischen Begriffe bei Seetzen danke ich Dr. Karin Boos, Thünen-Institut Bremerhaven, und Dr. Christian Salewski, Archivleiter am Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven.
92 Muscheln.
93 Serpuliden sind sessile, Kalkröhren bewohnende Borstenwürmer. Da auf Helgoländer Kalkstein gefunden, kann es sich nach K. Boos eigentlich nur um den Dreikantwurm Pomatoceros triqueter handeln.
94 „Seetitte“: Diese Benennung ist in keiner der großen zeitgenössischen Enzyklopädien und auch nicht in modernen Nachschlagewerken verzeichnet. Auch in den anderen Blättern des Oldenburger Konvoluts findet sich kein weiterer Hinweis. K. Boos kommt nach einer dankenswerten Analyse der dürren Faktenlage zu folgender Interpretation: Es dürfte sich wohl um eine Aktinie (Seeanemone, lat. Actiniaria) im zusammengezogenen Zustand gehandelt haben. Aktinien sind solitäre farbenfrohe Weichkorallen („Blumentiere“). Das beschriebene Exemplar wurde vermutlich bei Niedrigwasser „noch nass vom Seewasser“ am Strand bzw. im sog. Felswatt gefunden. Aktinien kontrahieren, wenn sie trockenfallen oder aus dem Wasser gehoben werden. Sie sehen dann aus wie gelatinöse und evtl. leicht erhöhte Halbkugeln, was morphologisch einer weiblichen Brust nahe kommt. Als weiteres Indiz spricht für diese Interpretation, dass Seetzen die „Seetitte“ (im Gegensatz zu den anderen Funden) ausdrücklich im Singular anspricht. Aktinien tauchen in der Tat meist lokal vereinzelt auf. Seetzens Bestandsliste der Helgoländer Tiere verzeichnet die Aktinien zwar, aber nur als Stichwort („Actinia …“); die Punkte scheinen anzudeuten, dass hierzu noch etwas zu sagen sei, was aber unterblieben ist. Ob es sich bei der „Seetitte“ um eine regionale Bezeichnung oder eine nur von Seetzen benutzte Benennung handelt, müssen künftige Untersuchungen ergeben (K. Boos, persönliche Mitteilung 2020).
95 Es gibt auf Helgoland mehrere Sertularia-Arten, die aber alle nicht größer als etwa 10 cm werden. Einzige Ausnahme ist die S. cupressina („Zypressenmoos“), deren fluffig oder fiedrig aussehende Stöckchen bis zu 50 cm erreichen können. Dies könnte Seetzens Bezeichnung „die grosse“ erklären (K. Boos, persönliche Mitteilung 2021).
96 Seetzen 2004, S. 45.
97 Dann hätte sich Seetzen aber bei der späteren Zuordnung als S. abietina auf dem Notizzettel (Abb. 6) vertan. Immerhin spricht auch dort Seetzens Zuschreibung als „selten“ und „das einzige Exemplar“ eher für die S. cupressina, hielt er sie doch offenbar für einen besonderen Fund. Die übrigen Blätter des Konvoluts geben keinen weiteren Hinweis.
98 K. Boos, persönliche Mitteilung 2021.
99 Der April 1800 war in Bezug auf die mittlere Temperatur in Deutschland ein drastischer Ausreißer nach oben (Mittel 12°C) und wurde seither nur noch einmal erreicht (2018 mit 12,32°C); siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitreihe_der_Lufttemperatur_in_Deutschland, [zuletzt aufgerufen am 22. 02. 2021]. Das dürfte sich auch auf Helgoland ausgewirkt haben.
100 Wie der Oldenburger Archivbestand erweist, hat Seetzen von Helgoland etliche ältere handschriftliche Aufzeichnungen, vor allem auch zu historischen Begebenheiten, mitgebracht und z. T. mit eigenen Kommentaren ergänzt. Da es sich bei diesen Handschriften vermutlich um Unikate handelt, könnten sie ggf. neues Quellenmaterial zur Geschichte der Insel enthalten. Die wissenschaftliche Auswertung hierzu steht noch aus.
101 Niedersächsisches Landesarchiv, Abteilung Oldenburg, Dep 25 JEV, Bestands-Nr. 262–4, Archiv Nr. 5417.
102 Aus heutiger Sicht dürften vor allem die umfangreichen und detaillierten Aufzeichnungen über die Tier- und Pflanzenwelt von Interesse sein, da sie wohl noch weitgehend die ursprünglichen biologischen Verhältnisse auf Helgoland widerspiegeln. Sie harren noch einer fachkundigen Auswertung.
103 Die gesamte Seereise dauerte acht Tage (JB 54). Für die Fahrt von Hamburg nach Helgoland benötigt ein Segelschiff hin und zurück jeweils mindestens einen Tag; hinzu kommen drei Tage, in denen Humboldt nahe der Insel Neuwerk einen Sturm abwettern musste (zweiter Blumenbach-Brief). Es blieben also nur drei Tage für den Aufenthalt auf der Insel; selbst wenn die Hinfahrt den Sturmtagen zuzurechnen wäre, waren es maximal vier.
104 Mit Heinemeyer, einem gelernten Juristen, hatte Seetzen in den Jahren zuvor schon einige Reisen durch Norddeutschland gemacht, z. B. im Sommer 1798 durch Ostfriesland, Teile der Niederlande und das Herzogtum Oldenburg. Näheres zu Heinemeyer und diesen gemeinsamen Reisen bei Sander 2019, S. 395–409, und Menke 2019, S. 375–394.
105 Helgoland gehörte bis 1807 zur dänischen Krone.
106 Erhalten ist von diesem Brief nur ein Entwurf (Dougherty 2013, S. 520–521). Heinemeyer hat dieses Schreiben offensichtlich sorgfältig vorbereitet, sein Hauptzweck war die Bitte an Blumenbach um Unterstützung für eine Stellenbewerbung in Göttingen.
107 Seetzen 1802, MC Aug. 1802, S. 148–149.
108 Diese Angabe ist im Entwurf gestrichen, also wohl nicht in den endgültigen Brief eingegangen, dürfte aber den Tatsachen entsprechen. Jahre später publizierte Heinemeyer (1807) einen eigenen Bericht seiner Reiseeindrücke. Er schreibt darin von drei Wochen Aufenthalt, die geringfügige ‚Verlängerung‘ dürfte dem zeitlichen Abstand geschuldet sein.
109 Die Rückreise war durch ungünstige Wetterbedingungen („Wieder kein Wind!!“; Seetzen 2004, S. 45) um etwa eine Woche verzögert worden.
110 Am 12. 06. 1799 hatte Blumenbach die beiden Jeveraner, nachdem sie ihm ein entsprechendes Manuscript vorgelegt hatten, an Joseph Banks für Dienste in der African Association empfohlen (Dougherty 2013, S. 386), aber Banks lehnte ab, da die Gesellschaft damals nicht über genügend finanzielle Mittel für weitere Expeditionen verfügte (Dougherty 2013, S. 441).
111 Daher auch seine Bewerbung um eine Anstellung als Bibliothekar in Göttingen.
112 Seetzen 1802. Die breite Themenpalette scheint eine enge Verwandtschaft mit Humboldts Expeditionsplänen nahezulegen. Dies ist nur zu einem gewissen Teil richtig. Ein eingehender Vergleich ihrer Planungen, Arbeitsweisen und Ergebnisse zeigt deutliche Unterschiede in den Forschungsprogrammen auf; dies wurde schon an anderer Stelle ausführlich erörtert (Schulz-Lüpertz, 2019, S. 359–361).
113 Franz Xaver Freiherr von Zach (1754–1832), österreichischer Offizier, Geodät, Mathematiker und Astronom; siehe Brosche 2009 und 2016 sowie Dick/Schwarz 2016.
114 Schulz-Lüpertz 2019, S. 3; in dieser Ref. auch eine Beschreibung aller Messinstrumente Seetzens.
115 Haberland 2017, S. 475–479, gibt einen Überblick über die neueren Darstellungen von Seetzens Orientreise. Eine ausführliche, populäre Schilderung der Reise findet sich bei Schienerl 2000.
116 „Er ist der wissenschaftliche Erstentdecker des Toten Meeres […]“ (Henze, 2011, Bd. 5, S. 124).
117 Die von Seetzen erworbenen Stücke bilden bis heute den Grundstock und wichtigsten Bestand der bedeutenden orientalischen Sammlungen in Gotha; vgl. Wallenstein 1996.
118 Zur Publikations- und Wirkungsgeschichte Seetzens siehe Haberland 2017, S. 472–486.
119 Vgl. Schulz-Lüpertz 2019, S. 361 f.
120 Mokka, arab. al-Muchā, jemenitische Hafenstadt am Roten Meer.
121 Haberland 2017, S. 485.
122 Man lese etwa seine „Reise nach Wien“ (SGS, Bd. 6, S. 321–407); die lebendige Beschreibung eines Gangs durch die Wiener Altstadt bis zum Prater kann noch heute als Führer dienen.
123 So urteilte Humboldts Berliner Kollege, der Geograph Carl Ritter (1779–1859), im Jahr 1851; zitiert nach Henze 2011, Bd. 5, S. 124. Und im Lexikon der Entdeckungsreisen (Pleticha/Scheiber, 1999, Bd. 2, S. 220) wird z. B. bemerkt: „Seine [Seetzens] Beschreibung des Berges Sinai ist als Meisterstück beschreibender Prosa wiederholt in Anthologien gedruckt worden.“
124 Volkmar Enderlein erwähnt einen Studienaufenthalt Seetzens an der Bergakademie Freiberg in Sachsen und ein weiteres Zusammentreffen mit Humboldt dort (Enderlein, 2014, S. 157). Es findet sich aber weder in Seetzens eigenen „Biographischen und literärischen Notizen“ noch in anderen biographischen Quellen ein Hinweis auf ein solches Ergänzungsstudium. Ein Zusammentreffen mit Humboldt während dessen Freiberger Studienzeit (Juli 1791 bis Februar 1792) scheidet aus, da Seetzen sich zu dieser Zeit in Wien aufhielt (auch seine Reise dahin im Sommer 1791 führte nicht durch Sachsen).
125 MC Bd. XII, 1805, S. 344 (SGS Bd. 4, S. 102). Der Brief vom 22. Februar 1805 war an seinen Bruder Peter Ulrich, Pfarrer in Heppens (heute ein Stadtteil von Wilhelmshaven) gerichtet.
126 Friedrich Konrad Hornemann (1772–1801), deutscher Afrikaforscher. Er war wie Seetzen ein Schüler Blumenbachs gewesen und 1797 im Dienst von Joseph Banks’ African Scociety zur Erforschung Nordafrikas aufgebrochen, wo er, nach vielbeachteten Berichten über seine anfänglichen Entdeckungen und Forschungserfolge, verschollen war. Er soll nahe dem Unterlauf des Niger an der Ruhr verstorben sein, die Nachricht darüber gelangte aber erst zwanzig Jahre später nach Europa.
127 MC Bd. XII, 1805, S. 72 f. (SGS Bd. 3, S 420 f.).
128 Johann Severin Vater (1771–1826), Theologe und Sprachforscher.
129 Zitiert nach der deutschen Ausgabe, Humboldt 2004, S. 9 (Hinweis von Frank Holl). Von Seetzens ersten afrikanischen Sprachforschungen waren damals nur wenige kurze Notizen veröffentlicht (SGS Bd. 5, Nr. 95 und 101). Sie kommen nicht als unmittelbare Quelle für Humboldts Bemerkung in Betracht. Aber Ende 1808 hatte Seetzen umfangreiche „Wörter-Verzeichnisse“ über „ost- und inner-afrikanische Sprachen“ nach Gotha an die Monatliche Correspondenz geschickt, von deren Herausgebern wurden sie zur Auswertung an J. S. Vater in Königsberg weitergeleitet (MC April 1010, S. 320; SGS Bd. 5, S. 381). Vater stand in jener Zeit mit Humboldt für linguistische Forschungen in Verbindung. Möglicherweise sind auf diesem Weg auch Seetzens Studien, ergänzt durch Erkenntnisse Vaters, an Humboldt gelangt, der sie sogleich in den Vues des Cordillères (1. Lieferung Januar 1810) zitierte.
130 Humboldt 1858, S. 381. Die Quelle für diese Angaben konnte bislang nicht identifiziert werden. Zwar hat Seetzen in seinem letzten Brief an Franz Xaver von Zach vom 17. November 1810 aus Mokka (MC Febr. 1813, S. 164 f.; SGS Bd. 6, S. 107 f.) ausführlich über vulkanische Aktivitäten („Erdbrände“) in der Nähe Medinas berichtet, und Humboldt werden diese Nachrichten als Vulkanforscher brennend interessiert haben. Seetzen beruft sich dabei auf ein nicht näher bezeichnetes arabisches Schriftwerk, die darin beschriebenen Lavaausbrüche ereigneten sich aber schon im „19. Jahre der Hedschra“ (islamische Zeitrechnung, d. i. 641 nach unserem Kalender) und in den Jahren danach. Auch der Name „Abulmahasen“ taucht dort nicht auf.
131 Althaus 1861, S. 11.
132 Peter Christian Abildgaard (1740–1801), dänischer Zoologe und Veterinär. Eine Publikation Abildgaards über die Helgoländer ‚Conchylien‘, die Humboldt erwartete, ist nicht bekannt. Aber Johann Friedrich Zöllner hat seinem schon erwähnten Reisebericht von 1793 noch einen „Zusatz […] für Naturhistoriker“ beigefügt, der lateinische Tabellen mit Helgoländer Tieren und Pflanzen enthält, darunter auch die Schalentiere in der damaligen Linnéschen Klasse Vermes (Würmer); er hatte die Zusammenstellung direkt von seinem „trefflichen Freunde Abelgaard“ erhalten, s. Zöllner 1804b. Leider erfahren wir auch hier kein genaues Reisedatum, lediglich die Angabe, dass Abildgaard sich „einige Zeit sich auf jener Insel aufgehalten hatte.“ Nach Humboldts Bemerkung muss das also im August oder Anfang September 1790 gewesen sein.
133 Dougherty 2010, S. 338. Für den ganzen Wortlaut der Briefe siehe die genannte Quelle, ebenso für Hinweise zur Transkription und weitere Erläuterungen zum Inhalt.
134 Quadratmeile. Eine deutsche Meile betrug (je nach Fürstentum) etwa 7,4–7,5 km, eine Quadratmeile umfasste also ungefähr 55 km². Die heutige Fläche von Helgoland beträgt 4,2 km² (inkl. Düneninsel).
135 Dougherty 2010, S. 341–345.
136 Herrn Dipl.-Ing. Architekt Tilo Blumenbach, Hannover, Archiv der Familie Blumenbach, danke ich für die Überlassung der Druckvorlagen zu den beiden Skizzen und die Druckgenehmigung. Er hat auch die präzise Vermessung der Zeichnungen in Humboldts Originalbrief vorgenommen, wofür ihm ebenso gedankt sei.
137 Bandjaspis: Jaspis ist eine Varietät des Minerals Quarz. Zeigt er eine farbige, parallel gestreifte oder gebänderte Struktur, spricht man von Bandjaspis.
138 Dougherty 2010, S. 343.
139 Eine korrekte geologische Zuordnung dieses „sonderbaren Bandjaspis“ wäre nur bei Vorliegen des Originalobjekts möglich. Nachforschungen in öffentlichen Hamburger Sammlungen erbrachten kein Ergebnis. Nach Auskunft von Prof. Dr. J. Schlüter, Centrum für Naturkunde der Universität Hamburg (persönliche Mitteilung 2020), ist in den Hamburger Sammlungen kein solcher Stein (mehr) vorhanden.
140 Der in Geologie und Mineralogie bewanderte Knorre entstammte einer Clausthaler Bergmannsfamilie. Die geplante Publikation über den Fund ist wohl unterblieben; s. Dougherty 2010, Anm. 42, S. 346.
141 Vgl. Ette/Maier 2018.