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Ulrich Päßler*

Russisch-sibirische Reise
Zeichnungen

„Eine der größten Freuden meines Lebens würde sein, einmal 5–6 Monathe mit Ihnen, an Ihrer Seite, unter Ihrer Belehrung reisen zu können. Süßwassermuscheln, Fische, Bergpflanzen Rußlands sind wenig bekannt.“ Mit diesen Worten lud Alexander von Humboldt seinen Akademiekollegen Ehrenberg zur Teilnahme an der russisch-sibirischen Reise ein, die der preußische Kammerherr auf Einladung des Kaisers Nikolaj I. unternahm. Drei Jahre nach der Rückkehr von der arabisch-afrikanischen Forschungsreise brach Ehrenberg also erneut auf: Am 12. April 1829 traten Humboldt, Ehrenberg und der Mineraloge Gustav Rose ihre Reise in Berlin an. Diese führte sie in knapp neun Monaten und über 19.000 Kilometer in den Ural und durch Westsibirien bis zur russisch-chinesischen Grenzstation Baty. Während Humboldt und Rose die Hüttenbezirke im Ural und Altai inspizierten, legte Ehrenberg botanische und zoologische Sammlungen an.

Bei den Argamaks oder Achal-Tekkinern handelt es sich um eine sehr ausdauernde und schnelle Pferderasse Zentralasiens. Ehrenberg zeichnete das Exemplar 1829 während des Aufenthaltes in Orenburg am Rand der kasachischen Steppe. Im Tagebuch beschreibt er ein Pferderennen, das dort zu Ehren der Gäste abgehalten wurde: „Wettlauf der Pferde. Als Zwischen-Act: Ringen und Musik. […] Die Pferde kommen an und die ersten werden belohnt. […] Purzelbäume auf dem Pferde geschlagen von Kirgisen.“

Argamak und kasachischer Reiter

Argamak und kasachischer Reiter

Bleistift, Originalgröße des Blattes: 21 × 13,5 cm, Orenburg, um 21.–26. September 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 162

 

Weberknecht

Weberknecht (Opiliones)

Bleistift und Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 22 × 14 cm, Ust Kamenogorsk (Öskemen, Kasachstan), um 12.–14. August 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 162

 

Die genau dokumentierte Anordnung der acht Punktaugen und des Mundbereiches dient der systematischen Bestimmung der Spinnentiere.

Jagdspinne und Wolfsspinne

Jagdspinne (Pisauridae) und Wolfsspinne (Lycosidae)

Bleistift und Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 21 × 13,5 cm, Nižnij Tagil, um 27.–30. Juni 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 162

 

Wie bereits auf der Reise durch den Nahen Osten untersuchte Ehrenberg auch in Russland die Entwicklung von Insektenaugen. Da die Färbung der Augen bei gesammelten Exemplaren schnell verblasst, legte Ehrenberg einen besonderen Wert auf die exakte zeichnerische Wiedergabe der Farbgebung.

Augen von Bremse, Labkrautschwärmer und des Schmetterlings Großer Eisvogel

Augen von Bremse (Tabanus), Labkrautschwärmer (Sphinx galii) und des Schmetterlings Großer Eisvogel (Papilio populi)

Bleistift und Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 21,5 × 13,5 cm, Bogoslovsk (Karpinsk, Westsibrien), um 3.–6. Juli 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 16

 

Die auf der russisch-sibirischen Reise in kurzer Zeit zurückgelegten großen Entfernungen nutzte Ehrenberg für Untersuchungen der geographischen Verteilung von Pflanzen und Tieren. Die an verschiedenen Orten entstandenen Zeichnungen von Algen, Mikroorganismen oder – wie hier – Fadenwürmern stellte er anschließend auf einem Blatt zusammen. Unter den Zeichnungen gibt Ehrenberg die Länge der Objekte in Bruchteilen einer Pariser Linie an (1 Linie = 2,25 mm).

Fadenwürmer

Fadenwürmer Anguillula und Vibrio

Bleistift, Originalgröße der Blätter: 21 × 14 cm, Petropavlovsk (Kasachstan), 30. August 1829, Ileckaja Zaščita (Sol’-Iletsk), 22. September 1829, Tobolsk (Westsibirien), um 20.–24. Juli 1829, Schlangenberg, Grube, um 6.–9. August 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 162

 

Die Reisegesellschaft erreichte am 3. Juli 1829 Bogoslovsk (heute Karpinsk) und damit den nördlichsten Punkt ihrer Reise. Hier besuchten die Reisenden Kupfergruben sowie ein Goldseifenwerk. Sie untersuchten auch den Dauerfrostboden. Ehrenberg hielt den überwältigenden Eindruck des Nordurals in einer Zeichnung fest. Er schilderte die Landschaft zudem in seinem Reisetagebuch: „Um 9 Uhr Abends bey Sonnenuntergang Ansicht des Gebirgszuges des Urals herrlich köstlich überraschend entzückend. Auf dem höchsten im Westen gelegen[en] Rücken Konschakofski Kamen liegt noch Schnee.“

Bogoslovsk

Ansicht des Konžekovksij Kamen und des Ortes Bogoslovsk

Bleistift, Originalgröße des Blattes: 28 × 21,5 cm, Karpinsk, 5. Juli 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 166

 

Ähnlich wie sechs Jahre zuvor auf der Sinaihalbinsel zeichnete Ehrenberg auch im Altai ein 360°-Horizontalpanorama des Gebirges. Aussichtspunkt war der Prochodnoj Belok genannte Höhenzug südlich der Bergbaustadt Ridder im heutigen Kasachstan. An Adelbert von Chamisso schrieb Ehrenberg am 13. Oktober 1829 aus Astrachan: „Erst am Altai sah ich andre als Berliner Pflanzen in überwiegender Menge […]. Die Prochotnoi Alpe, welche ich bestieg, hat mir nebst der Umgegend des Sees von Koliwan viele interessante Pflanzen, auch wohl Neues, gegeben.“

Altaigebirge

Panorama des Altaigebirges

Bleistift, Originalgröße der Blätter: 19,5 × 18 cm, Prochodnoj Belok, 11. August 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 6 (Tagebuch), Bl. 81v–82r

 

Der im westlichen Altai gelegene Kegelberg Sopka Mochnatja weckte wegen seiner ungewöhnlichen Form die Aufmerksamkeit Alexander von Humboldts und Gustav Roses. Ehrenbergs Skizze diente als Vorlage für eine Abbildung in Roses Reisebericht. Er erläuterte dort auch die abgebildete Grenzbefestigung: „Die Dörfer sind wegen der Anfälle der jenseits des Irtysch wohnenden Kirgisen mit spanischen Reitern umgeben, und heissen daher Redouten; aber diese Anfälle kommen jetzt wohl kaum mehr vor […].“

Spanische Reiter, Jurten und Hügel am Irtysch

‚Spanische Reiter‘, Jurten und Hügel am Irtysch

Bleistift, Originalgröße des Blattes: 28 × 21,5 cm, Ust-Buchtarma, 15. August 1829

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 166

 

* Errata: Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine berichtigte Version, die mit Datum 5.7.2022 gegen die ursprüngliche getauscht wurde. In der Angabe zum Bild „Jagdspinne (Pisauridae) und Wolfsspinne (Lycosidae)“ heißt es statt „Juli“ nun „Juni“. In der Angabe zur Abbildung „Ansicht des Konžekovksij Kamen und des Ortes Bogoslovsk" heißt es statt „3. Juli“ nun „5. Juli“.

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