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Ulrich Päßler

Reisen im Nahen Osten
Zeichnungen

Heinrich Menu von Minutoli unternahm 1820 eine Reise nach Nordafrika zur Erforschung ägyptischer und griechischer Altertümer. Die Preußische Akademie der Wissenschaften bestimmte die jungen Naturforscher Christian Gottfried Ehrenberg und Wilhelm Hemprich als weitere Teilnehmer.

Während Minutoli bereits ein Jahr nach Beginn der Expedition 1821 nach Europa zurückkehrte, setzten Ehrenberg und Hemprich ihre Forschungen fort. Von Alexandria aus unternahmen sie, zum Teil getrennt, Exkursionen in die libysche Wüste, auf die Sinaihalbinsel, zum Roten Meer, in das Libanongebirge sowie bis in den Sudan und nach Eritrea, wo Hemprich 1825 dem Malariafieber erlag.

Wie von der Akademie der Wissenschaften beauftragt, sammelten Ehrenberg und Hemprich insgesamt 34.000 Tiere, 46.000 Pflanzen und 300 Mineralien. Diese trafen im Laufe der Jahre, verpackt in insgesamt 114 Kisten, in Berlin ein. Die Akademie stellte Mittel für die Auswertung der Sammlungen zur Verfügung. Ehrenbergs Reisebericht blieb aber ebenso Fragment wie das großangelegte Tafelwerk Symbolae physicae.

Christian Gottfried Ehrenberg widmete einen großen Teil der Reise in den Nahen Osten der Untersuchung der Korallen, Seeanemonen und Quallen des Roten Meeres. Ehrenberg gelang es, Farbigkeit, Formenvielfalt und Aufbau der empfindlichen Nesseltiere wissenschaftlich exakt zu beschreiben. Dazu brachte er die Exemplare zunächst in Wasserbehältern von den Korallenbänken zu seiner Zeltunterkunft. Hier, direkt am Meeresufer, zeichnete und sezierte er die Tiere. Später ging Ehrenberg dazu über, „Magazine im Meere selbst, in der Nähe des Landes“ anzulegen.

Wurzelmundqualle

Wurzelmundqualle Rhizostoma loriferum (= Thysanostoma loriferum)

Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 25,5 × 39 cm, El-Tor, Rotes Meer, 1823

MfN, HBSB, ZM B VIII 649, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 5

 

Seeanemone

Seeanemone Megalactis hemprichii

Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 24,5 × 22 cm, Ras Kafil, Rotes Meer, 1825

MfN, HBSB, ZM B VIII 649, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 43

 

Steinkoralle

Steinkoralle Madrepora stilosa (= Montipora stilosa)

Tusche und Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 21 × 13 cm, Rotes Meer, um 1823–1825

MfN, HBSB, ZM B VIII 649, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 12

 

Seeanemone

Seeanemone Heterodactyla hemprichii

Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 23,5 × 19,5 cm, Scharm El-Scheich, Rotes Meer, 1823/1824

MfN, HBSB, ZM B VIII 649, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 45

 

Orgelkoralle

Orgelkoralle Tubipora hemprichii

Tusche und Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 20,5 × 12,5 cm, El-Tor, Rotes Meer, 1823

MfN, HBSB, ZM B VIII 649, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 65

 

Ehrenberg erforschte auf seinen Reisen unter anderem die Fähigkeit von Lebewesen, Licht zu reflektieren oder zu erzeugen, die sogenannte Biolumineszenz. Neben dem Phänomen des Meeresleuchtens interessierte ihn auch die Lichtreflexion der Augen von Säugetieren. Die drei Blätter zeigen die reflektierende Schicht (Tapetum lucidum) im Augeninneren verschiedener, zum Teil nachtaktiver Tiere: Nubischer Steinbock (Capra caucasica = Capra ibex nubiana), Kaphase (Lepus capensis), Weißschwanzmanguste (Herpestes leucurus = Ichneumia albicauda) sowie die Fuchsarten Blassfuchs (Canis pygmaeus = Vulpes pallida) und Canis vulpecula.

Tapetum lucidum verschiedener Tiere

Tapetum lucidum verschiedener Tiere

Tusche und Wasserfarbe, Originalgröße der Seite: 24 × 39 cm, 1822

MfN, HBSB, ZM B VIII 653, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 9–11

 

 

Ehrenberg und Hemprich sammelten auf ihrer Reise 426 Fischarten. Bei der Beschreibung unterlief Ehrenberg aber auch ein Fehler: Er hielt die auf der Zeichnung deutlich zu erkennenden spiralförmigen Windungen der Kiemen des Knochenzünglers (Heterotis niloticus) fälschlicherweise für eine Gehörschnecke.

Heterotis niloticus

Kiemen des Afrikanischen Knochenzünglers (Heterotis niloticus)

Bleistift und Tusche, Originalgröße des Blattes: 27 × 22,5 cm, 1823

MfN, HBSB, ZM B VIII 653, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 15

 

Während Ehrenbergs Interesse auf der Reise neben den Fischen und wirbellosen Meerestieren vor allem Spinnen und Insekten galt, sammelte Hemprich hauptsächlich Säugetiere und Vögel. Hemprich benannte den Abdimstorch nach Ābidīn Bey al-Arnā’ūt (um 1780–1827), dem Gouverneur der türkisch-ägyptischen Provinz Dunqula.

Abdimstorch

Abdimstorch (Sphenorhynchus abdimii = Ciconia abdimii)

Bleistift, Tusche und Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 23,5 × 19,5 cm, Dunqula (Sudan), 1823

MfN, HBSB, ZM B VIII 653, Skizzenbücher Christian Gottfried Ehrenberg, Nr. 23

 

 

Im Oktober 1823 bereisten Ehrenberg und Hemprich die Küste des Roten Meeres und die Sinaihalbinsel. Die Besteigung des Berges Sinai diente neben der zoologischen Sammlung auch botanischen und pflanzengeographischen Beobachtungen. An den Berliner Botaniker Heinrich Friedrich Link schrieb Ehrenberg am 12. Oktober 1823: „Was das rothe Meer für Zoologie war, war jenes Gebirge für die Botanik, die Quelle eines herrlichen Schatzes.“ Horizontalpanoramen wie das hier gezeigte dienten der Wiedergabe des Totaleindrucks eines Gebirges und waren bereits im 18. Jahrhundert unter anderem durch Horace Bénédict de Saussures Voyages dans les Alpes populär. Ehrenberg sollte auch auf der russisch-sibirischen Reise 1829 ein ähnliches Panorama des Altaigebirges entwerfen.

Horizontalpanorama Sinaigebirge

Horizontalpanorama des Sinaigebirges

Tusche und Wasserfarbe, Originalgröße des Blattes: 47,5 × 39 cm, El-Tor, 1823

Archiv der BBAW, NL Ehrenberg, Nr. 170