Hanno Beck
Mit einer Vorbemerkung von Ingo Schwarz
Gesnerus 30 (1973), Heft 3/4, S. 105–121.
Neuveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der Zeitschrift Gesnerus, bearbeitet von Ingo Schwarz.
Ingo Schwarz
Am 20. September 2018 starb kurz nach Vollendung seines 95. Lebensjahres der Geographiehistoriker und Alexander-von-Humboldt-Forscher Prof. Dr. Hanno Beck. Beck gehörte zu der Generation von Gelehrten1, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Forschungen zu Alexander von Humboldt in Deutschland ein neues Profil verliehen haben. Dabei ging es um eine gut dokumentierte Darstellung von Humboldts Leben und Werk; aber damit nicht genug, Beck erwarb sich auch Verdienste bei der Neuedition wichtiger Schriften des preußischen Gelehrten. Becks Lebenswerk konnte bereits 2013 in HiN anlässlich seines 90. Geburtstages2 gewürdigt werden. Anstelle eines Nachrufes veröffentlichen wir an dieser Stelle einen Aufsatz von 1973. In dieser durch umfangreiche Briefzitate gut dokumentierten Arbeit gibt der Autor viel von seinen persönlichen Ansichten preis. Der Ton erinnert sehr an den Vortragsstil des Bonner Forschers.
Beck charakterisierte Alexander von Humboldt gerne als großen Mäzen. Auch Kurt-R. Biermann hat sich wiederholt mit Humboldts vielseitiger Fördertätigkeit befasst und kam dabei zu dem Schluss, dass neben dem Mäzenatentum, also der Unterstützung von mittellosen Zeitgenossen aus eigener Tasche, auch die Bitte um finanzielle Hilfe durch andere – vor allem durch den König – eine für Humboldt typische Handlungsweise darstellte. Gelegentlich trat Humboldt auch als Sponsor wissenschaftlicher oder kommerzieller Unternehmungen auf.3
Der hier neu veröffentlichte Beck’sche Text einschließlich der Fußnoten wurde – bis auf die behutsame Anpassung an die neue Rechtschreibung – weitgehend unverändert übernommen. Gelegentlich hat der Bearbeiter, der besseren Orientierung wegen, die Vornamen von erwähnten Personen ergänzt. Bibliographische und andere Anmerkungen, die der Verfasser noch nicht liefern konnte, erscheinen als Endnoten.
Ziehr, Wilhelm: Aus der Frühzeit der Gletscherforschung. Ein unbekannter Briefwechsel zwischen König Friedrich Wilhelm IV., Alexander von Humboldt und Louis Agassiz. Berlin 2007 (Berliner Manuskripte zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Heft 29).
Wyder, Margrit: Gotthard, Gletscher und Gelehrte: Schweizer Anregungen zu Goethes naturwissenschaftlichen Studien. In: Ruf, Oliver (Hrsg.): Goethe und die Schweiz. Hannover 2013, S. 23–110. Online abrufbar unter: https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/91863/1/Wyder_Goethe.pdf (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
Berlin, Dezember 2018
Hanno Beck (1923–2018)
Alexander von Humboldt lebte von 1769 bis 1859; er wurzelte im 18. und endete im 19. Jahrhundert. Damit gehört er verschiedenen Zeitaltern an. Das Thema dieses Beitrages ergibt sich aus diesen einfachen und doch schwierigen Gegebenheiten.
Zunächst sei die allgemeine Problematik beleuchtet, die überhaupt erst zur Bearbeitung dieses Themas geführt hat.
Bei meinen wissenschaftlichen Studien habe ich festgestellt, dass die führenden, ihre Zeit prägenden Gelehrten meist zwei Epochen angehören. So war der junge Alexander v. Humboldt schon in der „Präklassischen Geographie“ (1750–1799) der Repräsentant des progressivsten geographischen Denkens, ohne dass es den Zeitgenossen voll bewusst gewesen wäre. Die Tat seiner großen amerikanischen Forschungsreise leitete die „Klassische Geographie“ (1799–1859) ein, die mit seinem Tod abschloss1. Da er beinahe 90 Jahre lebte, habe ich zunächst im Gedankenspiel, dem Experimentierfeld des Historikers, die Frage erhoben, ob Humboldt nicht im Alter einen schmerzlichen Generationsgegensatz erlebt haben könnte. In der Disziplingeschichte beruhen solche Gegensätze auf verschiedener wissenschaftlicher Erkenntnis. Nun eilt z. B. das ökologische Denken Humboldts, von dem wir getrost sprechen dürfen, entschieden seiner Zeit voraus. Andererseits schwächt sich jeder szientifische oder vitale Elan einmal ab; entweder sehen wir Menschen unsere Grenzen ein, oder sie werden uns bewusst gemacht. Das offene Eingeständnis des Nicht-mehr-verstehen-Könnens eines Gelehrten, der am Ende seines Lebens der Entfaltung des Denkens einer neuen Generation nicht mehr in allem folgen kann, ist natürlich und menschlich. Es ist weise, Stellungen zu verlassen, wenn man sie geistig nicht mehr behaupten oder ausfüllen kann. Abgesehen davon, dass eine allgemeine Erwägung ebenso wie die reale Erforschung eines solchen Falles keineswegs immer den Irrtum eines alten Gelehrten feststellen wird, hat die junge Generation, wenn sie die eigenen Möglichkeiten bewertet, hierin keineswegs Anlass zur Verachtung; denn sie lebt – ob sie will oder nicht – aus der Tradition, und sie leistet sich selbst Lebenshilfe, wenn sie diese kennt und achtet, sonst macht sie auf zeitraubenden und umständlichen Wegen unnötigerweise uralte Erfahrungen neu … Die Grenze, die Humboldt erlebte, war die Eiszeittheorie, die er nicht mehr verstand, obgleich er zu ihren Schrittmachern gerechnet werden kann2. Seine Einstellung zu den Schöpfern dieser Theorie und deren Verhältnis zu ihm könnte vielleicht Jüngere und Ältere in unserer Zeit veranlassen, ihre Positionen zu überprüfen; vielleicht auch, dass wir eine kleine Verhaltenslehre gewinnen könnten, wie denn ein solcher Generationsgegensatz zu vermenschlichen und zu entschärfen sei? Achtung auf beiden Seiten war in der Humboldt-Zeit vorhanden. Möchte dieser Respekt sich erhalten – und die (selbstverständliche) Verehrung, die ein Schüler seinem Lehrer darbringt, nicht mit Heuchelei verwechselt werden – ebenso wie die freudige Anteilnahme, die Bewunderung und die Liebe des Lehrers für seinen (vielleicht viel mehr könnenden) Schüler. Die Höflichkeit, die im europäischen Kulturkreis eigentlich nicht fehlen kann, ist keine bloße Form, sondern eine Gabe der Kultur und – nicht zuletzt – auch eine sehr menschliche Rationalisierung, die uns aus dem Neandertal herausgeführt hat, in das viele mit Fußtritten, Fausthieben, Schlagringen, mit Opium und ohne Seife „mit aller Gewalt“ wieder zurückkehren möchten …
Nur auf den ersten Blick scheint das gestellte Thema einfach; schärfer betrachtet, erweist es sich allerdings als recht hintergründig. Da alles, was ausgesagt wird, zum Verständnis des 19. Jahrhunderts beitragen soll, erhebt sich zunächst die Frage nach dem Begriff im Verstande des Historikers.
Wir können Zeit zählen (und messen), und wir können sie erleben3. Wir messen Zeit mit einer Uhr; wir erleben Zeit, wenn wir Epochen bilden, wenn uns ein tiefer Traum verfolgt, der in Wirklichkeit nur wenige Minuten gemessener Zeit kostete und viele Stunden lang zu dauern schien. So sagte Johannes Ziekursch, dem ich folge, das 19. Jahrhundert habe 1789 begonnen und habe am 1. August 1914 aufgehört. Ein Jahrhundert dauerte diesem Historiker 125 Jahre, und diesen Zeitraum erlebte er als Einheit des weltbewegenden Säkulums.
Die dritte Problematik betrifft die Eiszeit als ein von den Erdwissenschaften erkanntes Phänomen. Dabei ist der Vorrang der Geologie zu würdigen als der ältesten modernen Naturwissenschaft des 19. Jahrhunderts noch vor dem Entstehen der Abstammungslehre. Ich habe in meiner Dissertation (1951) den Zusammenhang des genetischen Denkens dargestellt4. Georges Cuvier, der Begründer der Paläontologie, war ein führender vergleichender Anatom. Er vereinigte die Disziplinen der vergleichenden Anatomie und Geologie über die Brückenwissenschaft der Petrefaktenkunde und konnte nun paläontologische Befunde interpretieren. Wurden Fossilien paläontologisch miteinander verknüpft, so ließ sich – wieder durch die Vereinigung von vergleichender Anatomie und Geologie über die Petrefaktenkunde – schließlich die Entwicklung im Sinne des modernen evolutionistischen oder genetischen Denkens beweisen. 1951 habe ich auch erkannt, dass aus diesem folgenreichen Prozess Doppelprofessuren für vergleichende Anatomie und Geologie resultierten, wie sie vorher und nachher nicht nachweisbar sind.
Aus diesem Geschehen ergab sich die Tatsache, dass der Entwicklungsgedanke im 19. Jahrhundert zunächst die Geologie zur modernsten Naturwissenschaft werden ließ; hier hieß die Konsequenz „nur“ Erdgeschichte; die nächste Folgerung hieß Abstammungslehre des Menschen. Ihr wesentlicher Schrittmacher, Charles Darwin, hat sich selbst vor der Anwendung seiner Vorstellungen auf den Menschen gescheut und diesen entscheidendsten Schritt säkularisierten Denkens Carl Vogt und Thomas Henry Huxley überlassen und selbst erst 1871 nachvollzogen.
Die moderne Geologie im Sinne von Sir Charles Lyell war aktualistisch, weil „causes actuelles“, gegenwärtige Ursachen, in ihrer Summierung in verschiedenen Zeiten die Erdgeschichte erklären sollten. Damit war die Katastrophentheorie Cuviers überwunden. Insofern waren allerdings auch die aufkommende Eiszeittheorie und die neue aktualistische Geologie gegensätzlich: Musste eine Eiszeit nicht als Katastrophe verstanden werden?
Die Wurzel der Theorie war die klare Meinung vieler Bewohner der Schweiz, die fern allen wissenschaftlichen Erwägens fest von einer einst größeren Ausdehnung gegenwärtiger Gletscher überzeugt waren. Den Gelehrten bekannter wurden diese Gedanken erst, als der Walliser Ingenieur Ignaz Venetz 1821 vor der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft über solche Beobachtungen sprach, die er erst zwölf Jahre später veröffentlichte; Goethe folgte wahrscheinlich durch Vermittlung des Genfers Frédéric Jacob Soret diesen Vorstellungen bereits 1828, obgleich sie eigentlich nicht in sein Weltbild passten, das Katastrophen ausschloss.
Wichtig war auch ein Anstoß, der von Johann v. Charpentier kam. Dieser bedeutende Geologe, ein Schüler von Abraham Gottlob Werner, war der Sohn des Freiberger Professors Johann Friedrich Wilhelm v. Charpentier (Humboldt war dort sein Schüler gewesen!). Johann v. Charpentier hatte die Pyrenäen untersucht und dabei „Wilhelm von Humboldt die Grundlagen des ersten Wörterbuches der baskischen Sprache“5 beschafft. 1813 war er Salinendirektor in Bex geworden. 1815 begegnete ihm „ein braver und gescheiter Bergbewohner namens J[ea]n[-]P[ier]r[e] Perraudin“, aus dem Weiler Lourtier im Bagne-Tal und sprach wie selbstverständlich von einer einst weit größeren Gletscherausdehnung und -ausfüllung des Bagne-Tales; die großen Blöcke seien vom Eis transportiert worden, nicht vom Wasser. Charpentier hatte dieses Gespräch vergessen, als er 1829 Venetz begegnete, der eine einst riesige Gletscherbedeckung zwischen Alpen – Jura – Genf und Solothurn für möglich hielt. Um Venetz von diesem Irrtum zu heilen, leitete Charpentier Geländeuntersuchungen ein – und überzeugte sich dabei von der Richtigkeit der glazialen Theorie. Im Juli 1834 berichtete er vor der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Luzern und veröffentlichte darüber im folgenden Jahr. Diese Publikation veranlasste auch Louis Agassiz zur Untersuchung von Gletschern und erratischen Blöcken, zunächst gemeinsam mit Charpentier und Karl Schimper6 im Wallis. Agassiz stellte eine kühne Hypothese auf, die eine der Gebirgserhebung vorangehende Eiskruste annahm, die von der anschließenden Gebirgsbildung mit emporgehoben und dann im Zerbrechen mit Blöcken von den Hängen abgeglitten sei. Venetz’ und Charpentiers Untersuchungen waren der Beginn einer empirischen Glazialtheorie; alle erwähnten Forscher haben das Verdienst, Gletscherbeobachtung und -darstellung im Sinne echter Erforschung des glazialien Operationsfeldes gefördert zu haben.
In Norddeutschland fehlen die rezenten Gletscher der Alpen, so dass sich der Sieg der Glazialtheorie erheblich verspätete. Vor allem schwedische Forscher (Nils Gabriel Sefström 1836, Otto Torell 1875) wiesen auf unwiderlegliche Zeugnisse der Vereisung, besonders auf die Gletscherschrammen im Rüdersdorfer Muschelkalk bei Berlin, hin.[a] Wenig bekannt ist, dass Albrecht Reinhard Bernhardi 1832 und der Schweizer Karl Adolf v. Morlot 1844 bereits von der Inlandeisbedeckung Norddeutschlands überzeugt waren7. Die in Norddeutschland (wie in England) zunächst anerkannte Hypothese des Eisschollen- und Eisbergtransportes von erratischen Blöcken hemmte zunächst die berechtigte Vorstellung einer Inlandeisbedeckung. Als Otto Torell 1875 auf der Berliner Sitzung der Deutschen Geologischen Gesellschaft erneut die Rüdersdorfer Schliffe und Schrammen als Zeugnisse unmittelbarer Gletscherwirkung ansah, bezeichnete er gleichzeitig „den Transport der Geschiebe durch schwimmende Eisberge als unbewiesene Hypothese“. Das aber konnte widerlegt werden! Es heißt im Sitzungsbericht weiter: „Hiergegen wies Herr [Ernst Heinrich] von Dechen auf den tatsächlich noch heute von Grönland aus stattfindenden Eistransport hin, dessen Ergebnis die aus grönländischem Material gebildete und stetig sich vergrößernde Bank von Neufundland sei …“8 Diese Bemerkung konnte Torell nicht widerlegen – und widerlegt ist sie bis zum heutigen Tag nicht. Die Inlandeisbedeckung Norddeutschlands ist zwar unbezweifelbar; dennoch können Schutt und auch der eine und andere Block vor allem nach Beginn der Warmzeiten auf diesem Weg nach Norddeutschland verfrachtet worden sein.
Alexander v. Humboldt kannte die meisten der genannten Persönlichkeiten, und es ist kein Zweifel, dass ihm auch der Werdegang des glazialen Denkens bewusst gewesen ist.
Louis Agassiz lebte seit 1832 im damals noch preußischen Neuenburg (Neuchâtel) in der Schweiz mit einem anregenden Gelehrtenkreis und bearbeitete sein gewaltiges Werk über die fossilen Fische. Schweizerische Selbsthilfe und Humboldts Mäzenatentum haben diesen Gelehrtenkreis wesentlich mitgetragen9.
Neuenburg (und Valangin) waren als oranisches Erbe bereits 1707 an Friedrich I., König in Preußen, den Sohn der Luise Henriette von Oranien, gelangt. 1806 verlieh es Napoleon I. seinem Marschall Louis-Alexandre Berthier. Schon 1814 wurde es wieder von Preußen übernommen, das Berthier eine lebenslange Rente gewährte. Der Wiener Kongress 1815 reihte es als neuen Kanton zugleich der Schweiz ein und schuf damit staatsrechtlich unklare Verhältnisse. Mehrere Aufstände führten 1857 zur endgültigen Eingliederung des kleinen, wichtigen europäischen Prüffeldes, das sich Preußen lange verbunden gefühlt hatte, in die Schweiz. Humboldt hat in dieser kritischen Zeit die oft aufflackernde Kriegsstimmung in Preußen gedämpft, und zu einem gewaltlosen Verzicht auf die Hoheitsrechte beigetragen, dem Preußen 1857 – von Napoleon III. vermittelt – zustimmte10.[b]
Schon vorher hatte Alexander erkannt, dass Agassiz keine bleibende Stätte in Paris finden könnte, und betrieb deshalb mit großem Geschick die Berufung seines jungen Freundes nach Neuenburg. Er hat alles getan, vor allem in Zusammenarbeit mit General Ernst v. Pfuel, dem preußischen Gouverneur, den Neuenburger Gelehrtenkreis, eine kleine europäische Gelehrtenrepublik, zu stützen (Agassiz, Carl Vogt, Amanz Gressly, Arnold Henri Guyot, Johann Jakob v. Tschudi u. a.); dabei versuchte er auch, das vorbildliche Mäzenatentum der dortigen Familie Coulon[c] zu lenken11. Als Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1842 nach Neuenburg fuhr, nahm er Humboldt leider nicht mit. Vielleicht wäre Alexander damals die Zeit geblieben, die Interpretation glazialer Zeugnisse in der Landschaft unmittelbar zu erleben? So konnte er nur die günstige Gelegenheit ausnutzen und seinen König bitten, „die bedrängte Lage des berühmtesten und talentvollsten aller Schweizer Gelehrten, Agassiz, … auf bleibende Weise“[d] zu verbessern12.
Humboldt war auf Agassiz, Alexander Braun und Karl Schimper hingewiesen worden, als sich Lorenz Oken 1829 vergeblich um die Teilnahme der drei Münchner Studenten an Humboldts russischer Reise bemüht hatte13. Im selben Jahr hatte Agassiz die Bearbeitung der von Johann Baptist v. Spix in Brasilien gesammelten Fische publiziert14 [e]. Spix hatte Karl Friedrich Philipp v. Martius 1817 bis 1820 nach Südamerika begleitet, war aber schon 1826 in München gestorben; so hatte Martius’ sicheres Gefühl Agassiz auf seine Lebensaufgabe, die umfangreiche Bearbeitung der Fische, hingelenkt.
1832 hat Agassiz dann die Anteilnahme Humboldts und Cuviers für sich und sein inzwischen begonnenes Werk über die fossilen Fische in Paris gefunden; Cuvier bekannte ihm offen, auch er habe die fossilen Fische bearbeiten wollen. Er schenkte ihm aber nun sein gesamtes Material, nachdem er „mit Befriedigung beobachtet“ habe, „in welcher Weise“ Agassiz seinen Gegenstand behandle15. Humboldt und andere Persönlichkeiten wollten seinetwegen auch mit einem Verleger sprechen. Als sich Schwierigkeiten ergaben, griff Humboldt wieder ein; Agassiz berichtete darüber seinen Eltern im März 1832 aus Paris:
… Ich bin noch so überrascht und aufgeregt über das, was sich eben ereignet hat, daß ich kaum meinen Augen traue.
In einer Nachschrift zu meinem letzten Brief erwähnte ich, daß ich gestern Herrn von Humboldt besuchte, den ich lange nicht gesehen hatte, daß ich ihn aber nicht zu Hause traf. Bei früheren Besuchen hatte ich ihm von meiner Lage gesprochen und ihm gesagt, daß ich nicht wüßte, wie ich mich gegen meinen Verleger verhalten solle. Er bot mir an, an denselben zu schreiben und hat es auch vor mehr als zwei Monaten gethan. Weder er, noch ich, erhielten darauf eine Antwort. Diesen Morgen kam nun, gerade als ich ausgehen wollte, ein Brief von Herrn von Humboldt, der mir schreibt, daß ihn das Ausbleiben der Antwort von Cotta sehr beunruhige und daß er fürchte, die Angst und Ungewißheit, die ich darüber empfinden müßte, könnte meine Arbeit beeinträchtigen; er bäte mich daher das einliegende Anlehen von tausend Franken anzunehmen … O! wenn meine Mutter für einen Augenblick vergessen wollte, daß es sich um den berühmten Herrn v. Humboldt handelt und den Muth fände, einige Zeilen an ihn zu schreiben, wie dankbar würde ich ihr sein! Ich glaube, daß es von ihr noch besser ausfallen würde, als von dem Vater, der es ohne Zweifel korrekter machen würde, aber nicht gerade so, wie ich es wünsche. Humboldt ist so gut, so nachsichtig, daß Du nicht zögern solltest, ihm zu schreiben, liebe Mutter. Er wohnt Rue de Colombier No. 22. Die Adresse ist ganz einfach: Herrn von Humboldt …16
Als Cotta immer noch schwieg, wurde Humboldt wieder vorstellig, da man einen „arbeitsamen, talentvollen liebenswürdigen Mann“ nicht in einer Lage lassen dürfe, „wo Mangel an Heiterkeit die Arbeit stört“. Wieder half er mit Geld, besorgte Subskribenten für weitere Lieferungen des Werkes, bat Agassiz, die kranken Augen zu schonen („es sind die unsrigen“17).
Auch Leopold v. Buch lobte das Werk, das indes „in Bruchstücken aus verschiedenen Bänden“ herauskam, eine Methode, die dem berühmten Gelehrten „diabolisch“ erschien. Humboldt äußerte sich dazu: „Auch ich beklage mich ein wenig darüber, aber in aller Demuth.“18
Humboldt sah wie der Autor mit Sorge und Freude auf dieses gigantische, sich mühsam vollendende Werk. Als Agassiz sich der Eizeittheorie und entsprechenden Recherchen in der Landschaft zuwandte, bedauerte Humboldt die Arbeitskraft, die dem großen Plan entzogen wurde. Er stand der neuen Lehre skeptisch gegenüber, doch ohne die heftige Skepsis, die sein Freund Leopold v. Buch hegte; damals (1836) schrieb Humboldt an Agassiz:
Leopold von Buch wüthet über Ihre und [Johann v.] Charpentier’s Moränen, da er, wie Sie wohl wissen, diesen Gegenstand für seinen ausschließlichen Besitz hält. Aber auch ich, obwohl ich neuen Ansichten durchaus nicht so grimmig gegenüberstehe und bereit bin zu glauben, daß die erratischen Blöcke nicht alle auf dieselbe Weise fortbewegt worden sind, neige doch zu dem Glauben, daß die Moränen ihre Entstehung mehr lokalen Ursachen verdanken.19
Ein neuer Brief (Berlin, 2. Dezember 1837) verdeutlicht Humboldts Anteilnahme und Sorge:
In diesem Augenblick, lieber Freund, habe ich durch Herrn [Heinrich Wilhelm] von Werther, den Kabinetsminister, Ihre achte und neunte Lieferung mit einer guten Anzahl Textbogen erhalten.[f] Ich beeile mich, Ihnen meinen wärmsten Dank auszusprechen, und ich wünsche dem Publikum Glück zu Ihrem etwas späten Entschluß, einen umfangreicheren Textantheil zu geben. Man soll weder dem König, noch dem Volke, noch seinem liebsten Freunde schmeicheln. Daher mache ich Sie in der Voraussetzung, daß Ihnen dies noch nicht nachdrücklich genug gesagt worden ist, darauf aufmerksam, daß gerade die Personen, welche Ihr Werk am meisten bewundern, sich fortgesetzt über die fragmentarische Art seines Erscheinens beklagen, welche diejenigen zur Verzweiflung bringt, denen es an Muth fehlt, Ihre zerstreuten Blätter in die richtige Ordnung zu bringen.
Ich glaube, Sie würden gut thun, eine Zeit lang mehr Text als Tafeln drucken zu lassen. Sie könnten dies um so eher thun, als Ihr Text vortrefflich, voll neuer und wichtiger Gedanken und mit bewunderungswürdiger Klarheit geschrieben ist. Der liebenswürdige Brief (wieder ohne Datum), welcher Ihrem Pack vorausging, hat mir einen traurigen Eindruck gemacht. Ich sehe, daß Sie wieder krank sind; Sie klagen über Kongestionen nach dem Kopf und den Augen. Um’s Himmels willen, seien Sie vorsichtig mit Ihrer Gesundheit, welche uns allen so theuer ist. Ich fürchte, Sie arbeiten zu viel und (soll ich es aufrichtig sagen?) Sie wenden Ihre geistige Thätigkeit zu vielen Gegenständen auf einmal zu. Ich glaube, Sie müßten Ihre intellektuelle und auch Ihre finanzielle Kraft auf das schöne Werk über die fossilen Fische concentriren. Wenn Sie das thun, werden Sie der positiven Geologie einen größeren Dienst erweisen, als durch diese allgemeinen (doch etwas eisigen) Betrachtungen über die Umwälzungen einer früheren Welt; Betrachtungen, welche, wie Sie wohl wissen, nur diejenigen überzeugen, von welchen sie ausgehen. Indem Sie bedeutende Summen aus England annahmen, sind Sie, so zu sagen, Verpflichtungen eingegangen, denen Sie nur durch die Beendigung des Werkes, welches gleichzeitig ein Denkmal Ihres Ruhmes und ein Grenzstein in der Geschichte der Wissenschaft sein wird, nachkommen. So bewunderungswürdig und genau auch Ihre Arbeiten über andere fossile Ueberreste sind, so werden doch Ihre Zeitgenossen vor allem die fossilen Fische von Ihnen beanspruchen. Sie werden sagen, daß dies Sie zum Sklaven anderer mache; das mag sein, aber dies ist einmal die erfreuliche Lage der Dinge hienieden. Bin ich nicht seit dreiunddreißig Jahren angetrieben worden, mich mit diesem langweiligen Amerika zu beschäftigen, und werde ich nicht sogar jetzt noch, nachdem ich zweiunddreißig Bände der großen Ausgabe in Folio und in Quart und zwölfhundert Tafeln veröffentlicht habe, täglich beleidigt, weil ein Band der historischen Abtheilung fehlt? Wir Schriftsteller sich die Knechte eines willkürlichen Herrn, den wir uns unbesonnener Weise erwählt haben, der uns zuerst schmeichelt und schön thut und uns dann tyrannisirt, wenn wir nicht nach seinem Geschmack arbeiten. Sie sehen, mein lieber Freund, daß ich den alten Brummer spiele und, auf die Gefahr hin, mir Ihr Mißfallen zuzuziehen, mich auf die Seite des despotischen Publikums stelle …
Was die allgemeine oder periodische Abnahme der Temperatur auf der Erde betrifft, so habe ich es nie für nöthig gehalten, des Mammuths wegen jenen plötzlichen Frost, von welchem Cuvier zu sprechen pflegte, anzunehmen. Was ich in Sibirien gesehen habe, und was auf der Expedition des Kapitain [Frederick William] Beechey an die Nordwestküste Amerikas beobachtet worden ist, beweist einfach, daß eine Schicht gefrorenen Bodens in den Spalten vorhanden ist, in welcher (sogar jetzt) das Muskelfleisch jedes Thieres, welches zufällig hinein gefallen ist, unversehrt erhalten bleiben würde. Es ist eine einfache lokale Erscheinung. Mir scheint die Zusammenwirkung der geologischen Erscheinungen nicht das Vorherrschen dieser eisigen Oberfläche zu beweisen, auf welcher Sie Ihre Blicke weiter wandern lassen, sondern eine sehr hohe Temperatur, welche sich beinahe bis zu den Polen erstreckte, eine Temperatur, welche Organismen, wie sie jetzt in den Tropen leben, hervorbrachte. Ihr Eis erschreckt mich und so gerne ich Sie hier bewillkommnen möchte, mein lieber Freund, so denke ich doch, daß vielleicht Ihrer Gesundheit wegen, und auch damit Sie dieses immer so häßliche Land wenigstens nicht mit einer Schnee- und Eisdecke sehen (im Februar), Sie besser thun würden, zwei Monate später mit dem ersten Grün zu kommen. Dieser Gedanke wurde mir durch einen Brief von M. d’O. eingegeben, welcher mich etwas beunruhigte, da der Zustand Ihrer Augen Sie veranlaßte, sich einer anderen Hand zum Schreiben zu bedienen. Bitte, denken Sie nicht daran zu reisen, ehe Sie wieder ganz hergestellt sind. Ich schließe diesen Brief, in welchem gewiß keine Zeile enthalten ist, welche nicht die warme Freundschaft und hohe Achtung, welche ich für Sie hege, ausdrückt.20
Humboldt atmete auf, als sich das Ende des Werkes abzeichnete und schrieb in heiterer Stimmung seinem jungen Freund (Berlin, 15. August 1840):
Ihr bewunderungswürdiges Werk über fossile Fische geht seinem Ende entgegen. Die letzte Lieferung, die so reich an Entdeckungen ist, und der Prospektus[g], welcher den wahren Standpunkt dieser ausgedehnten Veröffentlichung erklärt, haben alle durch das unregelmäßige Erscheinen erregten Unwillen beruhigt. Da ich Sie lieb habe, freue ich mich über diese ruhigere Atmosphäre, die Sie um sich hergestellt haben. Die herannahende Vollendung der fossilen Fische befreit mich auch von der Befürchtung, daß ein zu großer Eifer Ihnen unersetzliche Verluste verursachen möchte. Sie haben nicht nur gezeigt, was ein Talent wie das Ihre ausführen kann, sondern auch wie ein hoher Muth über scheinbar unüberwindliche Hindernisse siegen kann.
Wie soll ich Worte finden, um Ihnen zu sagen, wie sehr unserer Bewunderung durch Ihr neues Werk über die Süßwasser-Fische[h] gestiegen ist? Nie ist etwas bewunderungswürdigeres und vollkommeneres in Zeichnung und Farbe erschienen. Diese chromatische Lithographie übertrifft alles, was wir bisher gehabt haben. Welcher Geschmack hat diese Veröffentlichung geleitet! Und die kurzen Beschreibungen, welche jede Tafel begleiten, tragen auffallend zu dem Reiz und dem Genuß dieses Studiums bei. Nehmen Sie meinen wärmsten Dank, lieber Freund. Ich habe nicht nur Ihren Brief und das Exemplar dem Könige überreicht, sondern auch ein Zettelchen über das Verdienst eines solchen Unternehmens beigefügt.[i] Der Königl. Kabinettsrath schreibt mir officiell, daß der König dieselbe Anzahl von Abdrücken von den Süßwasser-Fischen bestellt habe, wie von den fossilen Fischen; das wären also zehn. Herr von Werder hat den Auftrag schon erhalten. Das ist allerdings nur eine kleine Unterstützung, aber es ist alles, was ich erreichen konnte, und diese wenigen Exemplare, zu welchen Sie des Königs Namen als Subskribenten haben, werden Ihnen immer nützlich sein.
Ich kann diesen Brief nicht schließen, ohne Sie um Entschuldigung zu bitten wegen einiger vielleicht zu scharfen Ausdrücke, welche ich in meinen früheren Briefen über Ihre großartigen geologischen Anschauungen fallen ließ. Gerade die Uebertreibung in meinen Worten muß Ihnen gezeigt haben, wie wenig Gewicht ich auf meine Einwendungen legte … Ich habe immer den Wunsch zu lernen. Von Jugend an zu glauben gelehrt, daß die Organisation vergangener Zeiten einen etwas tropischen Charakter hatte, war ich natürlich über diese eisige Unterbrechung sehr bestürzt und rief zuerst „Ketzerei!“ Aber sollten wir nicht immer auf eine freundschaftliche Stimme wie die Ihre hören? Alles was über diese Sache gedruckt wird, interessirt mich; wenn Sie daher kürzlich irgend etwas vollständiges über die Ergebnisse Ihrer geologischen Gedanken veröffentlicht haben, so haben Sie die Güte, es mir durch einen Buchhändler zu senden …21
Es bekümmerte Agassiz sehr, dass er Humboldt nicht überzeugen konnte; Alexander seinerseits hat ihn getröstet und ihm am 2. März 1842 aus Berlin geschrieben:
… Wenn man so lange voneinander, sei es auch nur zufällig, getrennt gewesen ist, als ich es von Ihnen war, mein theuerster, innigstgeliebter Agassiz, so ist es schwer, Anfang oder Ende eines Briefes zu finden. Daß Ihnen mein langes Stillschweigen befremdend gewesen sei, das verbürgt mir die Zuneigung, die Sie mir schenken, und ich würde sehr viele Worte verlieren, um Ihnen zu sagen, was Sie doch nur mit Mühe glauben werden, daß nur die mit dem Alter immer zunehmende Zerstreuung meines Lebens mich hat hindern können, Ihnen früher meinen Dank für so viele herrliche Sendungen (lebende und versteinerte Fische, Echinodermen und Gletscher) darzubringen. Die Bewunderung Ihrer grenzenlosen Thätigkeit, Ihres schönen geistigen Lebens nimmt mit jedem Jahre bei mir zu. Diese Bewunderung und Freude an Ihren Arbeiten und Ihren kühnen Wanderungen gründet sich in mir auf das emsigste Lesen alles dessen, was wir Ihnen von Beobachtungen und Ansichten verdanken. So habe ich diese Woche erst Ihre sehr philosophische Rede[j] und Ihren langen Aufsatz in Cotta’s Vierteljahrschrift[k] gelesen, ja selbst Leopold von Buch das Geständniß erpreßt, daß die erste Hälfte Ihres Aufsatzes, die lebendige Schilderung der Folge der Organisationen voll Wahrheit, Scharfsinn und Neuheit der Beobachtung ist. Den Drang, den Sie haben, theurer Freund, und den Sie in allen Ihren Briefen ausdrücken, daß gerade Ihre ältesten Freunde sich für die so viel umfassende geognostische Ansicht Ihrer Eiszeit erklären sollen, mache ich Ihnen keineswegs zum Vorwurf. Es ist edel und sehr zu rechtfertigen, dasjenige, von dem wir als Wahrheit durchdrungen sind, gerade am lebhaftesten von denen anerkannt zu wünschen, die wir lieben … Ich glaube alles gelesen und verglichen zu haben, was für und gegen die Eiszeit, wie über den Transport der Blöcke durch Fluth, Flösse und Rutschbahnen geschrieben ist. Meine eigene Meinung kann, – da ich nichts von dem Entscheidenden selbst gesehen, ja der vielleicht zu tadelnden Richtung meiner Ansichten nach, alle unsere geologischen Theorien für eine Mythenwelt halte, deren Phantasmen nach den Fortschritten der Physik von Jahrhundert zu Jahrhundert modifizirt werden, – meine Meinung kann gar keine Autorität, keine Wichtigkeit haben. Aber die „Éléphants pris dans les glaces“ und Cuvier’s „Changements instantanés de climat“ scheinen mir heute noch nicht verständlicher als zu der Zeit, wo ich die „Fragments asiatiques“ schrieb. Nach allem was wir von der Wärmeabnahme in der Erde wissen, begreife ich solche Temperaturveränderungen nicht in einem Zeitraum, der dem Fleische nicht zu faulen erlaubt. Ich verstehe eher, wie heute noch Wölfe, Hasen und Hunde, wenn sie in Spalten gefrorenen Erdreichs in Nord-Sibirien fallen, (und das sogenannte Elephanteneis ist ganz prosaisch nur porphyrartig mit Eiskrystrallen durchzogenes Schuttland und terrain de transport) ihr Muskelfleisch erhalten können …
Ich bin aber deshalb nur mürrisch-rebellirender Unterthan in Ihrem Reiche, theurer Agassiz … Zürnen Sie nicht einem Freunde, der mehr als irgend einer, von Ihrem Verdienste für Geologie, philosophische Naturansicht, tiefe Kenntniß des Organismus durchdrungen ist …
Mit alter Anhänglichkeit und inniger Freundschaft
Ihr
A. von Humboldt.22
In einem Brief, der zwei oder der Monate später geschrieben wurde, geht Humboldt nochmals auf sein Verhältnis zur Eiszeittheorie ein:
… „Gnade von oben“, sagt Frau von Sévigné, „kommt langsam“. Ich wünsche dies besonders in Betreff der Eiszeit und jener fatalen Eismütze, welche mich, der ich ein Kind des Aequators bin, erschreckt. Meine Ketzerei, lieber Agassiz, die nicht von Bedeutung ist, da ich nichts gesehen habe, vermindert aber meinen dringenden Wunsch nicht, daß alle Ihre Beobachtungen gedruckt werden mögen … Ich freue mich über die guten Nachrichten, die Sie mir von den Fischen geben. Ich würde Sie kränken, wenn ich hinzufügte, daß dieses Werk von Ihnen, welches auf die organische Entwicklung der Thiere so viel Licht geworfen hat, den wahren Grund zu Ihrem Ruhm legt …23
Leopold v. Buch, den Humboldt den „größten Geognosten des Jahrhunderts“ nannte, war der entschiedenste Gegner der Glazialtheorie, wie schon Andeutungen der bisherigen Darstellung gezeigt haben. Seine Stellung zu den jüngeren Gelehrten ergibt sich sehr gut aus der Schilderung Carl Vogts, der einst zum Neuenburger Kreis um Agassiz gehört hatte. Die Darstellung ist eine der ersten Wiedergaben eines Interviews, in dem ein ungenannter Gletscherforscher den Gelehrten in der Schweiz aufsuchte und zum Erzählen brachte. Im Verlauf der Unterhaltung fragte Vogt seinen Bekannten, ob er denn von seinem ersten wissenschaftlichen Strauß mit Leopold v. Buch wisse. Der ungenannte Gletscherforscher berichtete:
„Davon habe ich nie etwas gehört.“
„Dann will ich Ihnen die Geschichte erzählen, denn sie war nicht ohne Einfluß auf meine späteren Lebensschicksale. Schon im Jahre 1840 hatte mich Agassiz zu einer naturforschenden Versammlung nach Erlangen geschickt, um dort die neue Gletschertheorie und die damit zusammenhängende Erklärung der erratischen Blöcke vorzutragen. Der alte Buch[l], dessen Verdienste um die Wissenschaft ich gewiß zu keiner Zeit verkannt habe, hatte unglücklicherweise in seiner Jugend über jenes Problem eine Meinung ausgesprochen, die heutzutage höchstens noch ein historisches Interesse hat. Er war schwach genug, mir deshalb wie ein grollender Löwe zu begegnen. Im Garten beim Kaffeetrinken griff er mich leidenschaftlich an, machte dann anderen Tages Frieden und sagte mir Abends auf dem Heimweg: ‚Ich gehe jetzt in’s Theater und Sie gehen nach Hause, um sich auf das dumme Zeug vorzubereiten, das Sie uns morgen vortragen wollen.‘ Am nächsten Tage erhielt ich denn das Wort und ging wohlgemuth an meine Predigt.[m] Buch setzte sich mir dicht gegenüber, seinen dicken Stock mit beiden Händen zwischen den Knieen haltend und das Kinn auf den Knopf des spanischen Rohrs gestützt, schaute er herausfordernd zu mir auf und begleitete meine Rede mit Murren und Knurren. Wir kamen indessen in Erlangen noch friedlich genug auseinander. Unangenehmer wurde die Begegnung zwei Jahre später, als ich mit reicheren Resultaten unserer Gletscherforschungen an die naturforschende Versammlung nach Mainz kam.[n] Leopold von Buch hatte in seinem gereizten Gelehrtenstolz etwas über Gelbschnäbel fallen lassen, die noch nicht trocken hinter den Ohren seien; er suchte mein Auftreten in der Section zu verhindern. Ich setzte es aber bei dem Präsidenten durch, daß die Reihe der eingeschriebenen Redner auch für mich eingehalten wurde; ich hatte widrigenfalls mit Lärm in der allgemeinen Sitzung gedroht. Man rief mich dann zu rechter Zeit auf die Tribüne. Ich aber ärgere mich über den Alten und glücklich am Ende meines Vortrags angelangt, schließe ich in jugendlichem Eifer mit den Worten: ‚Das Lied der Wahrheit dringt doch durch, ob es von grauen oder gelben Schnäbeln gesungen wird!‘
Sie können sich das Aufsehen denken, welches eine solche Abwehr in der Versammlung hervorrief.“
„Inwiefern hatte aber diese Begegnung einen Einfluß auf Ihre späteren Schicksale?“ fragte ich den Erzähler.
„Ich müßte vielleicht etwas weit ausholen, um Ihnen dies zu erzählen.“
„O, thun Sie es nur, denn ich möchte von Ihnen doch ein wenig mehr als Ihre Schriften kennen.“
„Sie wissen, daß ich als Student drei Jahre in [Justus] Liebig’s Laboratorium in Gießen gearbeitet habe. Es war von 1833 bis 1835. Liebig hatte stets viel Wohlwollen für mich gehabt und mich auch nicht aus den Augen verloren, als ich später mit [Édouard] Desor bei Agassiz in Neuchâtel an dessen großem Werke über die Anatomie der Süßwasserfische arbeitete und mich an den Untersuchungen über die Gletscherbewegung betheiligte. Agassiz wollte mich nach Amerika mitnehmen; ich schlug den Antrag aus, denn die Yankees haben nie zu meinen Liebhabereien gehört.“ Nach der Promotion ging Vogt 1844 nach Paris und schrieb von dort die „physiologischen Briefe[o], die ursprünglich für die Beilage der Allgemeinen Zeitung bestimmt waren und jetzt in dritter Auflage erschienen sind. Im nächsten Winter ging ich nach Nizza. Dort entstand mein Buch ‚Ocean und Mittelmeer‘[p], von dort aus erhielt ich auf Liebig’s Veranlassung einen Ruf als Professor der Zoologie an die Gießener Universität.“
„Und waren gegen diese Berufung nicht vielfache Bedenken von der Regierung des Großherzogthums Hessen erhoben worden? Ihr Vater war ja lange genug in der Opposition gewesen, bis er sich endlich gezwungen sah, eine Professur an der Berner Hochschule anzunehmen.“
„Und meine Mutter ist eine geborene Follen[q]“, fügte Vogt hinzu; „so konnte der Sohn freilich nicht auf besondere Gönnerschaft in den regierenden Kreisen zählen. Der Cultusminister [Justin v.] Linde wollte auch um keinen Preis meine Ernennung zugeben und begründete seine Weigerung mit der Bemerkung, ich habe mich vor einigen Jahren so unehrerbietig gegen Herrn Leopold von Buch benommen, daß meine Berufung an die Gießener Universität einer Beleidigung jenes Veteranen der Wissenschaft gleichkäme. Der alte Buch aber, als er von dieser Äußerung des Ministers etwas erfuhr, schrieb diesem einen so entsetzlich derben Brief und verbat sich so ausdrücklich, daß ein hessen-darmstädtischer Cultusminister sich in seine Privatangelegenheiten mische und sie zum Vorwande seiner politischen Maßregeln nehme, daß meine Berufung endlich erfolgte.24
Wir haben Humboldts Stellung zur Glazialtheorie und ihren Urhebern bereits kennengelernt. Auch in diesem Fall können aus seinem reichen Briefwechsel weitere Beweise angeführt werden, die das oben Dargestellte nicht als einmaliges, sondern als typisches Verhalten erscheinen lassen.
1845 war in Trier ein Werk W. von Bruchhausens Die periodisch wiederkehrenden Eiszeiten und Sindfluthen und die wichtigsten Folgerungen aus diesen wechselnden Ueberschwemmungen der südlichen und der nördlichen Kontinente[r] erschienen. Der Autor, dem Humboldts ablehnende Einstellung bekannt sein konnte, schenkte ihm dennoch sein Werk;[s] Alexander antwortete ihm am 10. September 1845 mit folgendem Brief:
Es ist mir eine angenehme Pflicht und zugleich eine Freude, Ew. Hochwohlgeboren sagen zu können, wie sehr ich, in meinem Alter, durch die Bemerkung überrascht werde, daß Männer, die, wie Sie, durch ihre Berufsgeschäfte und Gewohnheiten des Lebens in andere Regionen geleitet werden, die Muße eines langen Friedens dazu verwenden, an den geistigen Bewegungen der Philosophie der Naturkunde einen lebhaften und rühmlichen Antheil zu nehmen. Sie haben in Ihren „Periodisch wiederkehrenden Eiszeiten und Sin[d]fluthen“ Scharfsinn, Mäßigung und eine Mannigfaltigkeit recht gründlichen Wissens dargelegt; Sie haben in einer sehr gebildeten Sprache Ihrer Arbeit Anmuth gegeben. Ich lese aufmerksam, selbst wenn wie jetzt nach den Unruhen am Rheine (Königin-Viktoria-Festlichkeiten) ich einer noch bewegteren Zeit entgegensehe (Kaiserin von Rußland). Ich habe in dem 3ten Bande meiner „Asia centralis“ (III, p. 102)[t] in der Abtheilung über das Klima des nördlichen Asiens, allerdings einen Unglauben an meines innigen Freundes Agassiz allgemeine Eisbedeckung geäußert. Diese Aeußerung hindert mich aber keinesweges, immer von Neuem zu untersuchen, mich jeder Freiheit der Diskussion zu erfreuen, mir mit Dank anzueignen, was in den Schriften jüngerer Naturforscher mich anspricht. Meine äußere Lage, die eben nicht rein literarisch ist, mein Alter und meinen Arbeiten, die ich zu vollenden wünsche, weil ich ihnen allein verdanke, was mir wichtig ist, – das Wohlwollen des freigesinnten Theiles meiner Zeitgenossen – machen mir einen ausführlichen Briefwechsel leider unmöglich. Ich muß mich daher darauf beschränken, Ew. Hochwohlgeboren den freundlichen Ausdruck meiner Erkenntlichkeit darzubringen. A. v. Humboldt25
Noch im November 1857 erklärte Humboldt einem Besucher, das Werk Bruchhausens sei „nicht ohne Verdienst“!26
Alexander v. Humboldt und Leopold v. Buch haben die Lehre des Neptunismus, die sie als Schüler Abraham Gottlob Werners vertraten, überwunden und verhalfen der Vulkanismustheorie zum Siege. Sie haben beide selbst erhebliche Beiträge zur Physikalischen Geographie[u] und Geologie geleistet und dabei wichtige Positionen ihres großen Lehrers Werner aufgegeben. Auch ihnen blieb die Grenze der wissenschaftlichen Einsicht im Alter nicht erspart, indem sie beide die aufkommende Glazialtheorie nicht mehr verstanden. Agassiz, der sie ihnen nahebringen wollte, hat später ähnliches erlebt; verfocht er doch Cuviers Ansichten heftig gegen Charles Darwins Abstammungslehre, die er bis zuletzt für verfehlt hielt! Humboldt und Buch war das Anliegen junger, hochbegabter Gelehrter nicht mehr zum Problem geworden. Sie erreichten die Grenze des Verstehens, die wohl keinem Gelehrten erspart bleibt, nachdem sie in einem langen Leben ihre Einsicht und ihre Wandlungsfähigkeit bewiesen hatten. Die Möglichkeit, immer Neues zu lernen und einzusehen, schwächt sich in jedem Menschenleben einmal ab.
Humboldt hat keinen einzigen der oft von ihm abhängigen Vertreter der Glazialtheorie geschädigt oder gar unterdrückt. Er hat seine Skepsis zwar nicht versteckt, aber stets – früher oder später – seine „Nachsicht“, oder seine „Freiheit der Diskussion“ oder gar seinen „Dank“ betont, für das „was in den Schriften jüngerer Naturforscher“ stehe.
Leopold v. Buch hat die Glazialtheorie offen bekämpft, und er wagte auch, die Meinungsäußerung junger Gelehrter zu verhindern. Doch barg seine raue Schale wenn auch keinen weichen, so doch einen sehr guten Kern; er hat keinen der Forscher unterdrückt und als der „umgekehrte Heuchler“ ein Ministerium hart angegriffen, als man vorgab, ihm zuliebe die Berufung Carl Vogts ablehnen zu wollen. Cuvier hat eigene Sammlungen und Aufzeichnungen über die fossilen Fische großzügig dem jüngeren Agassiz geschenkt, als er von dessen Können überzeugt sein konnte. Keiner dieser großen Gelehrten hat sein Territorium mit Eifersucht verteidigt. Sie brachten jüngeren Gelehrten Vertrauen entgegen und beteiligten sich an der Arbeit. Leopold v. Buch ermöglichte dem lungenkranken Schweizer Forscher Oswald Heer einen wichtigen Urlaub auf Teneriffa, ohne als Geldgeber in Erscheinung zu treten! A. v. Humboldt, der größte Mäzen der Geschichte, wünschte Ansichten junger Gelehrter, denen er selbst nicht folgen konnte, bald gedruckt zu sehen! Das alles ist 19. Jahrhundert! Würden uns diese Beispiele entgleiten, würde uns ein zweites Leben versinken! Mag diese Epoche Fehler aufweisen, so hatte sie jedenfalls doch auch ihre Größe und Humanität, Humanität aber ist von zeitloser Gültigkeit. Humanität will kein Lippenbekenntnis, sie bedarf des Vorbildes und der Anwendung.
Das 19. Jahrhundert hatte damit Verhaltensformen ausgebildet, die einen immer wieder aufbrechenden Generationsgegensatz vermenschlichen könnten. Hier ist in der Beweisführung jene Unwiderleglichkeit erreicht, auf die sich unsere Humboldt-Verehrung gründet.
Alexander von Humboldt hat die Eiszeittheorie als Gelehrter nicht mehr verstanden, aber selbst dieses Nicht-mehr-verstehen-Können hat er sprachlich derart sympathisch formuliert und damit humanisiert und mehr als Entschuldigung denn als Rechtfertigung betrachtet; wir können ihn auch im Raketenzeitalter immer noch verstehen, bewundern – und lieben.
Mit Ausnahme der Briefe vom 27. März 1832 und 2. März 1842 sind Humboldts Briefe an Agassiz im Original französisch geschrieben. Um den Fluss der Darstellung nicht zu unterbrechen, wurden sie nach der Übersetzung von Cecilie Mettenius, geb. Braun zitiert. Der französische Wortlaut kann in der französischen Ausgabe nachgelesen werden: Elizabeth C. Agassiz: Louis Agassiz. Sa vie et sa correspondance, traduit de l’anglais par Auguste Mayor, Paris 1887[v], wo die in den Anmerkungen 15 bis 21 und 23 zitierten Stellen auf den Seiten 124, 138, 169, 192, 201, 202–204, 242 f. und 275 auftreten. Für Hinweise und Hilfe danke ich an dieser Stelle herzlich Herrn Dr. Heinz Balmer, Bonn und Konolfingen.
[a] Vgl. dazu Wagenbreth, Otfried: Geschichte der Geologie in Deutschland. Berlin/Heidelberg 1999, Nachdruck 2015, S. 122.
[b] Vgl. Alexander von Humboldt – Friedrich Wilhelm IV. Briefwechsel. Hrsg. von Ulrike Leitner unter Mitarbeit von Eberhard Knobloch. Mit einem einleitenden Essay von Bärbel Holtz. Berlin 2013 (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung, Bd. 39), S. 239–240.
[c] Humboldt an Louis Coulon, 25. Juli 1832 in: Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 115 f.
[d] Alexander von Humboldt – Friedrich Wilhelm IV. Briefwechsel, a. a. O., S. 239–240.
[e] Selecta genera et species piscium quos in itinere per Brasiliam annis 1807–20 … peracti collegit et pingendos curavit Jo. Bapt. de Spix, … digessit, descripsit … L. Agassiz, … praefatus est et edidit F. C. Ph. de Martius. München 1829.
[f] Vgl. dazu: Stevens, Henry: The Humboldt Library. A catalogue of the Library of Alexander von Humboldt. London 1863. Reprint: Leipzig 1967, S. 9, Nr. 88.
[g] Agassiz, Louis: Recherches sur les poissons fossiles …: [Prospekt]. Neuchâtel [1834]. https://www.biodiversitylibrary.org/item/26654#page/1/mode/1up (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[h] Vgl. Stevens, a. a. O., S. 9, Nr. 90.
[i] Vgl. auch: Alexander von Humboldt – Friedrich Wilhelm IV. Briefwechsel, a. a. O., S. 54–55.
[j] Wohl das französische Original von: Agassiz, Louis: Ueber die Aufeinanderfolge und Entwickelung der organisirten Wesen auf der Oberfläche der Erde in den verschiedenen Zeitaltern. Rede bei der Einweihung der Akademie zu Neuchâtel am 18. November 1841. Aus dem Französischen von Dr. N. Gräger. Halle 1843. https://books.google.de/books?id=lqg5AAAAcAAJ&redir_esc=y (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[k] Agassiz, [Louis]: Eine Periode in der Geschichte unseres Erdballs. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift. Drittes Heft. Stuttgart und Tübingen 1841, S. 88–151. https://books.google.de/books?id=SuweAQAAIAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[l] Leopold von Buch wurde 1774 geboren.
[m] [Carl] Vogt über den rothen Schnee der Gletscher. Derselbe über Embryologie der Fische. In: Amtlicher Bericht über die achtzehnte Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Erlangen im September 1840 […]. Erlangen 1841, S. 137–138. https://www.biodiversitylibrary.org/item/41163#page/36/mode/1up (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[n] [Carl] Vogt, Ansichten über die Gletschertheorie. In: Amtlicher Bericht über die zwanzigste Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Mainz im September 1842 […]. Mainz 1843, S. 117. https://www.biodiversitylibrary.org/item/41190#page/9/mode/1up (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[o] Vogt, Carl: Physiologische Briefe für Gebildete aller Stände. 4. Aufl. Gießen 1874. https://archive.org/details/physiologischeb01vogtgoog/page/n9 (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[p] Vogt, Carl: Ocean und Mittelmeer. Reisebriefe. Bd. 1–2. Frankfurt am Main 1848. Bd.1: https://archive.org/details/oceanundmittelme01vogtuoft/page/n3. Bd. 2: https://books.google.de/books?id=ZndCAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[q] Luise Vogt, geb. Follenius (1797–1877) war die Schwester des deutsch-amerikanischen Schriftstellers und radikalen Demokraten des Vormärz Karl Follen und des liberalen Schriftstellers Adolf Ludwig Follen.
[r] https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10133465_00001.html (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[s] Wahrscheinlich Wilhelm Joseph Heinrich von Bruchhausen (1809–1858), Dr. phil.; Leutnant der Artillerie. Vgl. Stevens, a. a. O., S. 102, Nr. 1369.
[t] https://archive.org/details/asiecentralerec04humbgoog/page/n105 (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019). Deutsche Übersetzung: Humboldt, Alexander von: Central Asien. Untersuchungen über die Gebirgsketten und die vergleichende Klimatologie. Aus dem Französischen übersetzt […] von Wilhelm Mahlmann. Bd. 2. Berlin 1844, S. 58. https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN336557892?tify={%22pages%22:[62],%22view%22:%22thumbnails%22} (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
[u] Vgl. Humboldt, Alexander von: Schriften zur physikalischen Geographie. Hrsg. von Hanno Beck. Darmstadt 1989 (Studienausgabe, Bd. 6).
[v] https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k2038271.texteImage (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
1 Zu dieser Generation gehören verdiente Alexander-von-Humboldt-Forscher wie Kurt-R. Biermann (1919–2002), Margot Faak (1926–2015), Ilse Jahn (1922–2010), Fritz G. Lange (1905–1993).
2 Schwarz, Ingo: Hanno Beck zum 90. Geburtstag. In: HiN – Humboldt im Netz. Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (Potsdam – Berlin) XIV, 27 (2013), S. 84–86. Online verfügbar unter https://www.uni-potsdam.de/romanistik/hin/hin27/schwarz.htm, DOI: http://dx.doi.org/10.18443/184 (Zuletzt geprüft am 14. 5. 2019).
3 Vgl. Biermann, Kurt-R./Schwarz, Ingo: Alexander von Humboldt als Sponsor. In: Dialog. Magazin für Kommunikation 5 (1997) H. 8, S. 30–31.
1 Der Aufsatz ist eine völlige, schriftliche Neubearbeitung meines gleichlautenden Vortragsthemas, das ich zunächst rein rednerisch während einer wissenschaftlichen Tagung der Humboldt-Gesellschaft (November 1972 in Gras-Ellenbach im Odenwald) behandelt habe. In der anschließenden Erörterung wurden mir ergänzende Fragen gestellt, vor allem von den Herren Prof. Dr. Hans Mislin und Prof. Dr. Ernst Bornemann. Eine Frage Herrn Mislins hat zu einer Nachforschung über die Katastrophentheorie Georges Cuviers geführt, wobei sich in der Sekundärliteratur so erhebliche Unterschiede ergaben, dass ich beabsichtige, diesen Zusammenhang, der außerdem über mein jetziges Thema hinausgeht, separat darzustellen. – Zwangsläufig ist dieser Aufsatz auch ein Beitrag zu Alexander von Humboldts Mäzenatentum, das allein kulturpolitisch größte Aufmerksamkeit verdient; Humboldts Unterstützung für Louis Agassiz geht noch über den Rahmen des Eiszeitthemas hinaus; darauf sei ausdrücklich hingewiesen.
2 Hanno Beck, Alexander von Humboldt, Band I: Von der Bildungsreise zur Forschungsreise 1769–1804. Wiesbaden 1959, S. 78.
3 Hierzu: Werner Milch, Ströme – Formeln – Manifeste. Marburg/Lahn 1949, S. 9 ff.
4 Hanno Beck, Moritz Wagner und die Geschichte der Geographie. Diss. Marburg/Lahn 1951, S. 236 ff.
5 Julius Schuster, Johann von Charpentier und der Streit um die Eiszeittheorie, in: Aus unveröffentlichten Dokumenten zur Geschichte der Mineralogie, Geologie und Paläontologie: historische Miniaturen. In: Aus der Handschriften-Abteilung der Preußischen Staatsbibliothek. Abhandlungen und Nachbildungen von Autographen; Ludwig Darmstaedter zum 75. Geburtstag, dargebracht von Hermann Degering, Karl Christ und Julius Schuster. Berlin 1922, S. 109. – Heinz Balmer, Jean de Charpentier, 1786–1855. In: Gesnerus 26 (1969), S. 213–232; derselbe: Jean de Charpentiers Briefe in Basel und Bern. In: Verhandlungen der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft 1968, S. 135–137.
6 Karl Mägdefrau, Karl Friedrich Schimper. Ein Gedenken zu seinem 100. Todestag. In: Beiträge zur naturkundlichen Forschung in Südwestdeutschland 27 (1968), S. 3–20. Das Wort „Eiszeit“ hat Schimper geprägt; so überschrieb er ein Gedicht, das Agassiz vor einem Vortrag in Neuenburg verteilte; Karl Mägdefrau hat es dankenswerterweise in seine Abhandlungen aufgenommen (a. a. O., S. 18 f.). Aus diesem lesenswerten Aufsatz ergibt sich, dass der eigenwillig-geniale Schimper von erheblicher Bedeutung für die Lehre der Glazialtheorie gewesen ist.
7 Helmut Hölder, Geologie und Paläontologie in Texten und ihrer Geschichte. Freiburg/München 1960 = Orbis Academicus, S. 343. – Ernst Naumann, A. v. Morlot zur Inlandeisbedeckung Deutschlands. In: Geologie 10 (1961), S. 351–352, mit angefügter Kurzbiographie Morlots von Rudolph Zaunick (a. a. O., S. 352).
8 Helmut Hölder, a. a. O., S. 343 f.
9 Hanno Beck, Gespräche Alexander von Humboldts. Berlin 1959, S. 201; humorvolle Schilderung des Neuenburger Kreises und Humboldts finanzielle Hilfe von Carl Vogt.
10 Alexander von Humboldt und das preußische Königshaus, Briefe aus den Jahren 1835 bis 1857, herausgegeben und erläutert von Conrad Müller. Leipzig 1928, S. 140 f.
11 Elisabeth Cary Agassiz, Louis Agassiz’s Leben und Briefwechsel, autorisirte deutsche Ausgabe von C[ecilie] Mettenius. Berlin 1886, S. 116. – Mabel L. Robinson, Louis Agassiz (1807 bis 1873). Zürich/Leipzig 1941, S. 126; die Meinung der Verfasserin über deutsche Gelehrte und über Humboldt, den sie gar einmal als „französischen Gelehrten“ (a. a. O., S. 118) bezeichnet, ist so seltsam, dass ein Eingehen darauf sich nicht lohnt.
12 Alexander von Humboldt und das preußische Königshaus, a. a. O., S. 140 f.
13 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 57–59.
14 Mabel L. Robinson, a. a. O., S. 94.
15 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 96.
16 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 106 f.
17 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 108 und S. 130 (Briefe Humboldts von 27. 3. 1832 und vom 4. 7. 1833).
18 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 147.
19 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 152 f.
20 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 153–155.
21 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 180 f.
22 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 198 f.
23 Elisabeth Cary Agassiz, a. a. O., S. 199.
24 Von einem ungenannten Gletscherforscher: In einem Genfer Landhause. In: Gartenlaube 1867, S. 148–152, hier S. 150. Nach Heinz Balmer könnte der anonyme Verfasser dieses Interviews, im Text von Carl Vogt auch „Hans“ genannt, vielleicht Eduard Desor sein, der auch den Namen Jean führte; für Desors Autorschaft spräche auch seine gute Verbindung zur Redaktion der Gartenlaube.
25 Hanno Beck, Gespräche Alexander von Humboldts, a. a. O., S. 400 (teilweiser Abdruck); vollständiger Abdruck des Briefes bei W[ilhelm] Hornay, A. von Humboldt. Sein Leben und Wirken für Volk und Wissenschaft, nach Originalen. Hamburg 1860, S. 70 f.
26 Hanno Beck, Gespräche Alexander von Humboldts, a. a. O., S. 401.