Thomas Schmuck
In Goethes privater Bibliothek im Goethehaus in Weimar ist Alexander von Humboldt mehrfach vertreten: durch persönlich übersandte Bücher, durch Broschüren und Grafiken. Einige dieser Publikationen Humboldts tragen handschriftliche Widmungen. Die Anmerkungen Goethes, seine Bearbeitungsspuren, die Bemerkungen im Tagebuch und nicht zuletzt der Briefwechsel geben Aufschluss über eine komplizierte Beziehung, die von Wohlwollen und von wissenschaftlichem Interesse an der Arbeit des anderen geprägt war, im Alter aber, insbesondere bei Humboldt, spürbar distanzierter wurde. Erstmals werden in diesem Beitrag alle handschriftlichen Widmungen Humboldts an Goethe abgebildet und die Publikationen Humboldts in Goethes Bibliothek in einen wissenschaftshistorischen und lebensgeschichtlichen Kontext gestellt.
Goethe’s private library at his residence in Weimar hides many traces of Alexander von Humboldt: personally submitted books, booklets, and graphics. Some of these publications wear handwritten dedications by Humboldt. Goethe’s commentaries, his toolmarks, the remarks in the diaries, and at least the correspondence provide information about a complicated relationship coined by scientific interests and courtesy. Only in the last years this relationship diminished. In this contribution all handwritten dedications to Goethe are presented for the first time. Humboldt’s publications at the library are discussed in the context of history of sciences and biography.
En la biblioteca privada de la residencia Goethe en Weimar se encuentran múltiples huellas de Alejandro de Humboldt: libros enviados personalmente, folletines y láminas. Algunas de estas publicaciones incluyen dedicatorias manuscritas por Humboldt. Los comentarios de Goethe, la traza de sus apuntes en los diarios y también la correspondencia nos informan sobre una relación complicada entre el interés científico y la cortesía. Apenas en los años finales diminuye esta relación. En esta contribución, todas las dedicatorias manuscritas a Goethe se presentan por primera vez. Las publicaciones de Humboldt en la biblioteca se discuten en un contexto biográfico así como desde la historia de ciencias.
Paratexte haben seit den grundlegenden Arbeiten Gérard Genettes zunehmendes und kontinuierliches Interesse erfahren. Zu ihnen gehören neben Titelseiten, Motti, Vorworten, Klappentexten und Waschzetteln auch Widmungen und Anmerkungen. Sie sind kein bloßes Beiwerk, sondern leiten die Leseerwartungen und formen so die Erfahrungen mit dem Text, auf den sie sich beziehen; als „Schwellen“ bestimmen sie gleichsam die Zugangswege zum Text.1 Im Gegensatz zu gedruckten Widmungen, die die Beziehung zwischen Widmendem und Adressaten öffentlich machen, sind handschriftliche Widmungen einmalige und – solange sie nicht publik gemacht werden – auch nicht öffentliche, d. h. mitunter sehr private Zeugnisse: Sie geben schlaglichtartig Auskunft sowohl über die Geschichte einer Beziehung zweier Menschen als auch über die Geschichte des Buches, und zwar eines ganz bestimmten Exemplars, dem sie so etwas wie Individualität verleihen.
Abb. 1.: Bibliothek Goethes im Haus am Frauenplan, Weimar (Aufnahme Nov. 2015).
In Goethes privater Bibliothek2 (Abb. 1) in seinem Haus am Frauenplan in Weimar finden sich auch 15 Bücher und Broschüren sowie mehrere Druckgraphiken Alexander von Humboldts. Manche von ihnen waren Geschenke Humboldts an Goethe und sind mit Widmungen versehen; andere hat Goethe erworben. Die Bücher tragen meist ein Etikett (Exlibris) auf der inneren Umschlagseite links oben, das sie als Bestandteil der Bibliothek ausweist (Abb. 2). Die Bücher haben, wie häufig bei Goethe, nur wenige Randnotizen, Anmerkungen oder Unterstreichungen, einige blieben ganz unaufgeschnitten. Sowohl die Widmungen, Beschriftungen und Bearbeitungsspuren der Publikationen, als auch die Unberührtheit geben Auskunft über Interessen und Reaktionen auf Person und Ansichten des jeweils anderen.3
Abb. 2: Exlibris der Bücher aus der Bibliothek Goethes.
Humboldts und Goethes komplexe Bekanntschaft sowie ihre verschiedenen Arbeitsweisen und Forschungsinteressen waren mehrfach und zu sehr unterschiedlichen Zeiten Gegenstand von Untersuchungen (vgl. Linden 1942, Schneider-Carius 1959, Biermann 1985, Engelhardt 2001 und 2003a, Nickel 2003, Leitner 2003, Helmreich 2007).4 Als Unterschiede wurden meist Goethes angebliche Ablehnung wissenschaftlicher Instrumente, mitunter der experimentellen Methode überhaupt im Gegensatz zu Humboldts kontinuierlichem Arbeiten mit den meist modernsten Instrumenten – „gleichsam die Erfindung neuer Organe“5 –, seine exzessiven physiologischen Selbstversuche, seine chemischen, mineralogischen usw. Experimente hervorgehoben. Das ist nur bedingt richtig: so führte Goethe zur Farbenlehre eine Reihe von Selbstversuchen durch, theoretisierte den Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt6 und bezeichnete den menschlichen Körper als den genauesten physikalischen Apparat. Allerdings hatte Goethe, der auf so vielen naturwissenschaftlichen Gebieten arbeitete, seine Nichtbeschäftigung etwa mit Astronomie damit begründet, diese Wissenschaft sei nur durch Instrumente vermittelt zu betreiben. Auch in der Meteorologie hielten ihn lange die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Erstellung von Messdaten und die damit verbundene statistische Methodik von der Beschäftigung ab, erst eine mehr „morphologische“ Herangehensweise etwa an die Vielfalt der Wolkenformen erlaubten ihm eine solche Beschäftigung.7 Auch der hohe Stellenwert, den Humboldt mathematisch-statistischen Methoden bei der Ermittlung von Naturgesetzen gibt, steht im Gegensatz zu Goethes eher distanziertem Verhältnis zu Mathematik. „Die Geistesarbeit zeigt sich in ihrer erhabensten Größe da,“ so Humboldt im Kosmos, „wo sie, statt äußerer materieller Mittel zu bedürfen, ihren Glanz allein von dem erhält, was der mathematischen Gedankenentwicklung, der reinen Abstraction entquillt.“8 Dem „unglücklichen, mit geschmacklosen Verwünschungen begleiteten Feldzug gegen die Mathematik und Newton’s Optik“9 stand Humboldt verständnislos gegenüber.
Ein Unterschied, der bislang kaum Aufmerksamkeit bekommen hat, zeigt sich im Umgang mit naturkundlichen Sammlungen: Während Goethe als Sammler par excellence bezeichnet werden kann (seine geologisch-mineralogischen Sammlungen, die er fünf Jahrzehnte lang zusammentrug, umfassen über 18.000 Stück und blieben mitsamt Paratexten und Sammlungsmöbeln bis heute als Einheit erhalten), mündete Humboldts umfangreiche Sammlungstätigkeit auf drei Kontinenten nicht in einer großen Sammlung, die Ergebnisse seines Sammelns liegen verstreut in Museen in Madrid, Paris, Berlin und anderswo. „Humboldt war kein Sammler wie etwa Goethe“, stellte Fritz G. Lange apodiktisch fest.10 Er war kein auf Besitz zielender Sammler und benötigte keine ihn umgebende Sammlung, sondern betrachtete die gesammelten Naturdinge als Erkenntniswerkzeuge, die es zu nutzen, und d. h. auch weiterzugeben und von anderen zu bearbeiten galt.11 Als Gemeinsamkeiten im wissenschaftlichen Denken beider lassen sich dagegen die hohe Bedeutung der Ganzheit und der Primat des Visuellen, i.e. das Auge, so Humboldt im Kosmos, „als Organ der Weltanschauung“12, die Ablehnung der romantischen Naturphilosophie usw. ansehen.
Hier sollen sämtliche von Humboldt in Goethes Bibliothek erhaltene Publikationen mit ihren autographischen Paratexten – oft Humboldts Widmungen und Goethes Anmerkungen – ausschließlich nach erfolgter Autopsie behandelt werden.13 Die Bücher von Goethes Bibliothek sind dabei durch die sog. Ruppertnummer eindeutig identifizierbar.14 Bei den unten angegebenen Titeln wurden Versalien, Kursivierungen usw. wiedergegeben. Die Darstellung wird durch Anmerkungen ergänzt, sofern sie sich aus dem Goethe-Humboldt-Briefwechsel (Geiger 1909) ergeben und sich auf die jeweiligen Publikationen beziehen. Schwerpunkte sind die Pflanzengeographie und die Geologie. Da viele der übersandten Publikationen Humboldts Geologisches zum Inhalt haben, wobei Goethe weitgehend am Werner’schen Neptunismus festhielt, während Humboldt sich nach seiner Amerikareise zunehmend einem von Leopold von Buch geprägten Vulkanismus zuwandte,15 soll auf Goethes Kommentare und Kritiken diesbezüglich besondere Aufmerksamkeit gerichtet werden. Goethes Bibliothek besteht Ruppert zufolge aus 5424 Titeln, etwa 7200 Büchern und Broschüren. Ein vergleichsweise großer Anteil davon sind naturkundliche Werke: wie eine systematische Durchsicht ergeben hat, behandeln etwa 320 Titel geologische, mineralogische, kristallographische, gemmologische und bergbaukundliche Themen, also geowissenschaftliche Themen im weitesten Sinne. Anmerkungen oder Unterstreichungen Goethes finden sich auch in ihnen aber nur selten.
In Goethes Bibliothek befindet sich bemerkenswerterweise nicht Humboldts vielleicht am meisten verbreitetes Buch, die Ansichten der Natur (Stuttgart, Tübingen 1808; 2. Aufl. 1826). Immerhin besaß er zwei der Beiträge, die in die Ansichten der Natur aufgenommen wurden, als separate Broschüren (s.u.). Auch die Bücher Goethes, die sich 1859 in Humboldts Besitz befanden, sind bekannt. Es sind fast ausschließlich Ausgaben, die nach Goethes Tod erschienen sind: die über 50 Bände umfassende Werke-Ausgabe von Musculus und Riemer, der Reineke Fuchs mit Kaulbachs Illustrationen, der zweibändige, ein in rotes Maroquin gebundener Faust, der Briefwechsel mit Zelter und Christian Schuchardts dreibändiges Werk Goethe’s Sammlungen, deren letzter Band die naturwissenschaftlichen Sammlungen behandelt.16 Schließlich besaß Goethe, abgesehen von den in der unten folgenden Auflistung, noch weitere Bücher mit Humboldtbezug: dazu gehört ein (wenn auch reichlich obskures) Buch über Humboldt: Friedrich Wilhelm von Schütz, Alexander von Humboldts Reisen um die Welt [!] und durch das Innere von Südamerika. Ein interessantes Lesebuch für die Jugend. (Hamburg, Mainz 1805, Ruppert 4113).17 Außerdem besaß Goethe auch den von Humboldt und Martin Hinrich Lichtenstein verfassten amtlichen Bericht über die Tagung deutscher Naturforscher und Ärzte 1828 in Berlin (Ruppert 4226).
Schließlich soll darauf hingewiesen werden, dass sich Goethe Bücher Humboldts mehrfach auch an der Weimarer Bibliothek auslieh, Ausleihen aus den Jenaer Bibliotheken dagegen sind nicht bekannt (vgl. Keudell 1931, Bulling 1932). Insgesamt wissen wir von zwölf Ausleihen aus der Weimarer Bibliothek zwischen 1807 und 1831. Die ersten vier Lieferungen der Plantes équinoxiales etwa entlieh Goethe am 31. März 1807.18 Bemerkenswert ist Goethes Interesse am Vizekönigreich Neuspanien bzw. Mexiko, wie es sich in den Entleihungen widerspiegelt: „Humboldts neue Werke politische Abtheilung“19, d. h. den Essai politique sur le royaume de la Nouvelle Espagne – die Lieferungen erschienen ab 1808 – lieh er vom 29. Dezember 1809 bis 15. Januar 1810 aus und wieder (nach der Lektüre von Nikolaus Joseph von Jacquins Plantarum rariorum horti Caesarei Schoenbrunnensis descriptiones et icones) vom 11. bis 18. August 1825, und die ersten vier Lieferungen des Atlas géographique [et physique du royaume de la Nouvelle-Espagne] vom 29. Dezember 1809 bis 6. Februar 1810 und wieder von 11. bis 12. August 1825. Dazu gehört auch das Entleihen einer englischen Auswahlausgabe, der Humboldt’schen Selections from the works relative to the climate, inhabitants, productions and mines of Mexico (London 1824) von John Taylor, die sich Goethe mehrfach, nämlich 1825, 1827 und 1831 kommen ließ.20 Carl Sigismund Kunths Mimoses et autres plantes, légumineuses du nouveau continent, recueillies par MM. de Humboldt et Bonpland (Paris 1819) entlieh Goethe von 11. Oktober 1828 bis 10. Februar 1829, nachdem er sich im selben Monat auch mit Willdenow, Du Hamel, Redoutés Lillienwerk und Tussacs Flora der Antillen beschäftigt hatte.21 Neben dem Briefwechsel und den in der Privatbibliothek vorhandenen Büchern zeigen also auch die Ausleihen eine kontinuierliche Beschäftigung mit Humboldt.
In Goethes Bibliothek finden sich in chronologischer Reihenfolge folgende Publikationen Humboldts22:
126 S., 8° (Ruppert 4703). Mit Exlibris.
Goethe bekam Humboldts erste selbständig erschiene Schrift, die Mineralogischen Beobachtungen, die Stellung im Basaltstreit bezogen, am 21. Mai 1795 aus Bayreuth zugesandt, gemeinsam mit der Flora fribergensis und den Aphorismen (s.u.). Das anonyme Buch war „George Forster“ gewidmet. Die drei Werke wurden von Humboldt im Brief an Goethe selbstironisch als „meine Opera omnia“ bezeichnet,23 vielleicht eine Anspielung auf die achtbändigen Schriften Goethes, die 1787–1790 erschienen waren. Ein von Humboldt angekündigtes und Goethe zu widmendes Buch mit dem projektierten Titel „Ueber die Vegetation im Innern des Erdkörpers, ein Fragment aus der allgemeinen Naturbeschreibung“, von Humboldt als „obskures Werk“ bezeichnet,24 ist nie erschienen. Darin hatte Humboldt geplant, das „Leben“, d.h. die Lebensprozesse, wie er an Goethe schrieb, und nicht die Formenvielfalt der „lichtlosen“ Pflanzen unter Tage darzustellen, also weniger systematisch-taxonomisch als vielmehr pflanzenphysiologisch zu arbeiten. Der Entwurf von 1794 des Titelblattes dieses Werkes trägt die Widmung „An GOETHE.“25 Goethe antwortete am 18. Juni 1795: „Für die überschickten Schriften danke ich aufs beste. Ich habe sie gleich gelesen, studiert und mir manches daraus zugeeignet, wie Sie in der Folge bemerken werden.“26 Dabei kam er auch auf die Bedeutung von Widmungen zu sprechen: „Dankbar erkenne ich den Anteil, den Sie mir auch öffentlich an Ihren Arbeiten geben wollen, dieser Beweis Ihrer freundschaftlichen Gesinnung ist mir sehr schmeichelhaft. [...] Ich nehme gewiß an Ihren Fortschritten lebhaften Anteil, und daß Sie mir ein öffentliches freundschaftliches Zeugnis unserer wissenschaftlichen Verbindung geben wollen, erkenne ich mit aufrichtigem Danke und erwarte Ihre Schrift mit vielem Verlangen.“27 Im Brief diskutierte Goethe Humboldts galvanische Experimente und versuchte, die Unterschiede von seiner Wissenschaftsauffassung zu der Humboldts zu beschreiben; bereits die Ausgangspunkte waren verschieden: „Da Ihre Beobachtungen vom Element, die meinigen von der Gestalt ausgehen, so können wir nicht genug eilen, uns in der Mitte zu begegnen.“28
XIV, 189 S. mit 4 Kupfertafeln, 4° (Ruppert 4706). Ohne handschriftliche Widmung oder Anmerkungen. Humboldt schickte das dem Berliner Botaniker Carl Ludwig Willdenow gewidmete Buch über in Bergwerken gefundene Pflanzen und Pilze ebenfalls am 21. Mai 1795 (s.o.).29 Der Rückentitel des Goethe‘schen Exemplars ist handschriftlich mit Tinte ergänzt: „Humbold Flor. Friberg.“
XX, 206 S., 8° (Ruppert 4701). Mit Exlibris. Keine handschriftliche Widmung.
Das Buch ist die deutsche Übersetzung des 2. (d.i. pflanzenphysiologischen) Teils des Florae Fribergensis specimen. Es ist dem Leipziger Botaniker Johann Hedwig gewidmet, einem der Begründer der Bryologie, und wurde ebenfalls am 21. Mai 1795 zugesandt (s.o.). Aus diesem Goethe‘schen Exemplar ist, wohl mit Rasierklinge, der größte Teil der Seiten XIII/XIV herausgeschnitten.30 Die Zeilen 16 und 17 der Seite 19 des Exemplars tragen eine der seltenen Anmerkungen Goethes in einem Humboldtbuch: die Wörter „Knochen schwarz“ sind mit schwarzer Tinte unterstrichen, am Rand steht der Vermerk „das Holz“. Der Rückentitel ist handschriftlich mit Tinte ergänzt: „Humbold Aphorismen“.
4 Bl., 495 S., 8° (Ruppert 4712). Mit Exlibris. Ohne Widmung oder Anmerkungen.
Das „physiologische Werke über den Lebensprocess“31, so Humboldt 1797 an Paulus Usteri, ist Samuel Thomas Soemmering gewidmet. Die Zeit der Versuche, die Humboldt ab März 1797 in Jena durchführte, war eine des intensiven Zusammentreffens mit Goethe.
O. O., o. J. [1805], 6 S., 8° (Ruppert 142). Ohne Widmung oder Anmerkungen.
X, 48 S. mit 7 z.T. kolorierten Kupfertafeln, 4° (Ruppert 4704). Mit Exlibris. Keine Widmung oder Anmerkungen.
Die französische Ausgabe entlieh Goethe am 31. März 1807 aus der Weimarer Bibliothek.32
Berlin 1806, 29 S. 8° (Ruppert 4711). Mit Exlibris.
Die Broschüre, hervorgegangen aus der Berliner Akademierede und zugleich Teil bereits der 1. Auflage der Ansichten der Natur 1808, wurde Goethe am 6. Februar 1806 aus Berlin gesandt: eine „Charakterschwäche“ reize ihn, schrieb Humboldt, „Ihnen meine kleine Abhandlung über Physiognomik der Gewächse so früh als möglich zu übersenden. Es ist ein roher Versuch, physikalische und botanische Gegenstände ästhetisch zu behandeln.“33 Das Werk trägt eine handschriftliche Widmung Humboldts mit schwarzer Tinte: „Herrn Geh. Rath v. Goethe als ein schwaches Zeichen seiner dankbaren Verehrung der Verf.“ (Abb. 3).34 Auf Seite 12, Zeile 26 findet sich eine nicht von Humboldt stammende handschriftliche Verbesserung mit Tinte: „ihre“ statt „hier“. Goethe rezensierte die Broschüre in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung35 und entlieh sie vom 31. März bis 13. Oktober 1807 auch aus der Weimarer Bibliothek.36 Die Zweiteilung des Textes in literarisierte Prosa und wissenschaftliche Anmerkungen, die in den Neuauflagen dem Forschungsstand angepasst werden konnten, wurde – wie in den Ansichten der Natur überhaupt – von Goethe angeregt.37 Im selben Jahr schlug Humboldt Goethe für die Aufnahme in die Berliner Akademie der Wissenschaften vor.38
Abb. 3: Widmung Humboldts auf dem Titelblatt der Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse (Ausschnitt, Exemplar aus Goethes Bibliothek, Weimar).
XII, 182 S. mit Widmungsblatt, 2° (Ruppert 4710). Ohne Exlibris, handschriftliche Widmung und Anmerkungen.
Der erste Band des großen Amerika-Reisewerkes39 ist mit der von Berthel Thorvaldsen entworfenen Vignette – Apollo lüftet den Schleier von der Statue der Artemis40 – und darunter mit der gedruckten Widmung „An Göthe.“ versehen (Abb. 4). Zu Füssen der Statue lehnt eine Platte mit der Inschrift „Metamor. der Pflanzen.“, eine Würdigung von Goethes gleichnamiger Arbeit. Die französische Ausgabe, der Essai sur la géographie des plantes (Paris, Tübingen 1807), ist den Botanikern Antoine Laurent de Jussieu und René L. Desfontaines gewidmet. Die Widmung der deutschen Ausgabe an Goethe hat Humboldt im Brief vom 6. Februar 1806 mit einer Erzählung versehen, die den Wert dieser Widmung noch steigern soll: „Ich wollte nach so vieljähriger Abwesenheit nicht anders vor Ihnen erscheinen, als mit dem kleinen Denkmal, das meine tiefe Verehrung und innige Dankbarkeit Ihnen gestiftet hat. In den einsamen Wäldern am Amazonenflusse erfreute mich oft der Gedanke, Ihnen die Erstlinge dieser Reisen widmen zu dürfen. Ich habe diesen fünfjährigen Entschluß auszuführen gewagt. Der erste Teil meiner Reisebeschreibung, das Naturgemälde der Tropenwelt, ist Ihnen zugeeignet.“41 Hier könnte man vergessen, dass Humboldt ursprünglich vorgehabt hatte, seine Reiseschrift Schiller zu widmen.42
Abb. 4: Humboldts Widmung der Ideen zu einer Geographie der Pflanzen (Ausschnitt, Exemplar aus Goethes Bibliothek, Weimar).
Goethe erhielt das Werk wahrscheinlich erst am 16. März 1807 und zwar vorerst ohne Tableau, das noch nicht ausgeliefert worden war. Bekanntlich fertigte er daraufhin eine Zeichnung Höhen der alten und neuen Welt43an, die sich heute in Weimar befindet, sowie eine Kopie dieser Zeichnung an, die er Humboldt schickte und die sich heute in Frankfurt befindet. 1813 entstand außerdem ein Druck für Bertuchs Neue Geographische Ephemeriden.44
Goethes Weimarer Zeichnung Höhen der alten und neuen Welt (Bleistift, Feder in Grau, aquarelliert) von 1807 zeigt links die europäischen Gebirge, rechts die amerikanischen. An den Seiten sind jeweils mit Bleistift bzw. Feder Höhenangaben in Toisen, Berggipfel, Höhenorte und (in einer weiteren Spalte) Pflanzennamen verzeichnet. Chimborazo, Antisana und Cotopaxi sind rechts, neben mehreren anderen tiefer liegenden, als die drei höchsten angeführt, die Schneelinien der Alpen und Anden sind eigens durch zwei unterbrochene Linien ausgewiesen. Während direkt auf dem Gipfel des Montblanc eine Person in Form eines Strichmännchens – der Besteiger von 1787 Horace B. de Saussure – plaziert ist und die Spitze damit als erklommen markiert wird, findet sich rechts die Strichfigur unterhalb des als höchsten Gipfel bezeichneten Chimborazo (Abb. 5). Man kann darin Humboldt bei seiner versuchten Besteigung 1801 erkennen.
Abb. 5: Humboldt am Chimborazo, Ausschnitt aus Goethes Zeichnung Höhen der alten und neuen Welt (Klassik Stiftung Weimar, Museen).
Humboldt übte sehr viel später in einem Brief an Johann Georg von Cotta vom 24. Juni 1854 Kritik an Goethes Zeichnung: „Göthe dem Ihr Herr Vater den Text und die von Thorwaldsen geschmakvoll componirte Dedications Vignette nach Weimar, ohne die große Kupfertafel die noch unvollendet war, geschikt hatte, war so von der Grösse und Kühnheit des Unternehmens angeregt, dass er sich sogleich selbst eine pittoreske Darstellung componirte, wenig glüklich weil Perspective und verticaler Durchschnitt vereint waren.“45
Zu Humboldts Buch gehören wie erwähnt auch mehrere Graphiken in Goethes Bibliothek, die Geographie der Pflanzen in den Tropen-Ländern, ein Naturgemälde der Anden. Paris [1805], Farbendruck, 1 Bl., 100x67 cm (Ruppert 4708), deutsche Fassung von Géographie des plantes équinoxiales und ein Schwarzweißdruck: GÉOGRAPHIE DES PLANTES ÉQUINOXIALES. Tableau physique des Andes et Pays voisins. Paris 1805 (Ruppert 4709). Beide sind ohne handschriftliche Anmerkungen.
8°, 5 Bl., 53 S., 11 Kupfertafeln, 2 Karten, 1 Höhenprofil, in Mappe (Ruppert 4108).
Das Exemplar trägt eine Widmung Humboldts mit schwarzer Tinte auf dem Titelblatt der Mappe: „Dem Herrn Geheimen Rathe von Göthe als einen schwachen Beweis alter unverbrüchlicher Anhänglichkeit, tiefer Verehrung u. innigster Dankbarkeit Paris den 3 Jan. 1810. Alexander Humboldt.“ (Abb. 6).46 Laut Tagebucheintrag vom 18. Januar 1810 brachte der preußische Kurier Witte von Falkenwalde das Werk aus Paris, für den 19.1. vermeldet das Tagebuch die Lektüre. Am Titelblatt fallen außerdem drei handschriftliche Verbesserungen bzw. Ergänzungen (von Humboldt?) auf: Der Preis für die zehn Lieferungen über die Melastomataceen, der übrigens ersten Monographie der Botanikgeschichte, die einer einzigen tropischen Pflanzenfamilie gewidmet ist47, ist zu „600 fr.“ (statt wie im Druck „360 fr.“) korrigiert. „Pap. ordin.“ ist zu „Pap. velin“ verbessert. Der Gesamtpreis für alles bislang Erschienene ist handschriftlich auf „1,448“ fr. (statt „1,442“ fr.) angehoben worden.
Abb. 6: Humboldts Widmung auf dem Titelblatt der Vues des Cordillères (Ausschnitt, Exemplar aus Goethes Bibliothek, Weimar).
36 S., 8° (Ruppert 4702). Mit Exlibris.
Abb. 7: Widmung Humboldts in Ueber den Bau und die Wirkungsart der Vulcane (Exemplar aus Goethes Bibliothek, Weimar).
Humboldt schickte den Vortrag, den er am 24. Januar 1823 an der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin gehalten hatte und in dem er sich öffentlich gegen den Werner’schen Neptunismus und für Buchs vulkanistische Ansichten ausgesprochen hatte, auch an Goethe. Die Broschüre trägt Humboldts handschriftliche Widmung: „Sr. Excellenz dem Herrn G. R. von Göthe als einen schwachen Beweis der innigsten Bewunderung und Dankbarkeit Alexander Humboldt“ (Abb. 7). Das Werk wurde in die 2. Auflage der Ansichten der Natur aufgenommen. Goethe reagierte mit zwei Texten auf Humboldts Werk: Eine erste, zu Lebzeiten ungedruckt gebliebene Stellungnahme diktierte er am 16. März 182348; eine zweite, nur sehr kurze Besprechung der Schrift veröffentlichte er noch im selben Jahr im 1. Heft des 2. Bandes seiner Zeitschrift Zur Naturwissenschaft überhaupt.49 In der ersten, längeren Stellungnahme bekannte Goethe, der Zeit seines Lebens dem Neptunismus weitgehend treu blieb, seine Ratlosigkeit angesichts der Parteinahme Humboldts für den Vulkanismus. Die Vorstellung etwa, große Teile Skandinaviens seien emporgehoben worden oder der Tiroler Porphyr solle die Alpenkalke durchbrochen und den Dolomit mit empor getragen haben – Konzeptionen Leopold von Buchs – erschienen Goethe als „Tumult“ und als methodisch problematische „Übertragungen von einem Phänomen zum andern“, als „Induktionen und Analogien“, als „Assertionen, die man auf Treu und Glauben annehmen soll“. „Induktionen“ aber, so Goethe 1829, „habe ich mir nie erlaubt.“50 Er empfand sich gleichwohl als an einer „Grenzscheide einer alten und neuen Meinung“ stehend – nach Werners Tod 1817 waren immer mehr Wissenschaftler vom Neptunismus abgerückt – und sah Humboldts Broschüre, die doch vehement vulkanistisch argumentierte, als „geniale Hilfe“ an, durch die angestoßen er sich sogar eine Änderung der „Sinnesart“ und ihr öffentliches Bekennen vorstellen konnte. In der publizierten kurzen Rezension dagegen, wo Goethe eventuell auch mit Humboldt als Leser rechnen musste und wo es explizit heißt, das „Heft“ sei „von Freundes Hand verfaßt und zugesendet“, zeigt sich Goethe deutlich verbindlicher: das Heft hätte „zu keiner gelegenern Zeit bei mir anlangen können“, denn „ein weit umsichtiger, tiefblickender Mann“ lege hier dar, „wie man sich von der neuern ausgedehntern vulkanistischen Lehre eigentlich zu überzeugen habe.“ Goethe ging dabei immerhin so weit, über „mein Absagen der alten, mein Annehmen der neuen Lehre“ nachzudenken, was er „in die Hände eines so trefflichen Mannes und geprüften Freundes niederzulegen“ gedenke.51
VIII, 379 S., 8° (Ruppert 4705). Mit Exlibris, ohne Widmung und Anmerkungen.
Das Werk, ursprünglich ein langer Lexikonartikel mit dem Titel Indépendance des formations und 1822 veröffentlicht, war ein Auszug eines größer geplanten Werkes, mit dem sich Humboldt 15 Jahre und mehr beschäftigte, das aber nie erschien. Das Exemplar in Goethes Bibliothek ist nicht aufgeschnitten, was als signifikant für Goethes Ansichten in seinen späten Jahren angesehen werden kann. Goethe notierte am 1. Mai 1823 im Tagebuch den Empfang, erwähnte das Buch am 3. Mai, nahm dazu aber keine Stellung. Zufällig ebenfalls am 1. Mai machte auch Kaspar von Sternberg Goethe brieflich auf Humboldts Werk aufmerksam.52 Im August 1823 betrieb Goethe in Böhmen um Eger geologische Studien, aus denen der Aufsatz Uralte neuentdeckte Naturfeuer- und Glutspuren53 hervorging. Die drei nordböhmischen Basaltberge (der Kammerberg, den Goethe seit 1808 vielfach untersucht hatte, der Wolfsberg und der Rehberg) seien, heißt es darin, nur „pseudovulkanischen“ Ursprungs, die Glut stamme dabei aus schwelenden unterirdischen Stein- und Braunkohlelagern, „uralte Feuerspuren“ hätten die „Frühgebirge“ zwar verändert und geformt, nicht aber geschaffen.54 Damit hatte sich Goethe von der bereits 1773 von Ignaz von Born erkannten und 1808 von ihm selbst geäußerten Ansicht, der Kammerberg sei ein erloschener Vulkan, wieder abgewandt.55 Eine Lektüre von Humboldts Essai géognostique, der im selben Jahr von Carl Cäsar von Leonhard ins Deutsche übersetzt, erschienen war und der sich nicht in Goethes Bibliothek befindet, wäre der Äußerung solcher antivulkanistischer Ansichten nur hinderlich gewesen.
289–722 S., 4 Bl., 344 S., 4° (Ruppert 4107). Ohne Widmung und Anmerkungen.
Die Zusendung des Bandes begleitet Humboldt mit einem Brief vom 30. Juli 1825 aus Paris: „[...] durchblättern Sie den neuen Band meiner Reise, der soeben erscheint und welchen ich Ihnen verehre, mit derselben Nachsicht, deren ich mich in meiner Jugend so oft zu erfreuen gehabt habe.“56
XLVI, 364 S.; 408, 12 S., 8° (Ruppert 4106).
Goethe besaß beide Bände. Humboldt kam Anfang 1827 im Briefwechsel, nachdem er Ende 1826 „zu höchst interessantem Gespräch mehrere Stunden“57 bei Goethe in Weimar war, mehrfach auf das Werk zu sprechen, das er als „mein schwarzes Buch über die Insel Cuba“ bezeichnete.58
9 S., 4° (Ruppert 4255). Ohne Widmung und Anmerkungen.
Goethe, der in der Rede (S. 5) explizit erwähnt wird, erhielt das schmale Heft von C. V. Meyer am 3. Februar 1829 aus Berlin.
1 Bl., 309 S., 1 Karte; 2 Bl., S. 309–640, 8° (Ruppert 4707).
Das zweibändige Werk ist die erste Publikation Humboldts in Buchform über seine russische Reise 1829 (nach französischen Aufsätzen und der Abhandlung „Ueber die Bergketten und Vulcane [...]“ 1830 und vor dem großen Zentralasienwerk 1843). Die französische Ausgabe betonte gegenüber der ihr vorhergehenden deutschen verstärkt die Bedeutung des Vulkanismus. Der Bd. 1 in Goethes Bibliothek ist ab S. 29, der Bd. 2 zur Gänze unaufgeschnitten. Bereits am 26. und 27. Januar 1831 hatte Humboldt auf der Rückreise von Paris nach Berlin Goethe in Weimar besucht und von seiner Russland- und Asienreise und den dabei entwickelten geologischen Thesen berichtet. Im Tagebuch vermerkte Goethe unter dem 2. und 3. Oktober: „Angekommen waren zwey Bände Fragments de Géologie par Alexandre de Humboldt, und ich fing an darin zu lesen. [...] [3.10.] Nachmittags allein, von Humboldts Fragments.“59 Er ließ die beiden Bände aber größtenteils unaufgeschnitten, hatte er doch kurz nach Humboldts Besuch in einer (zu Lebzeiten nicht publizierten Aufzeichnung) mit dem Titel Geologische Probleme und Versuch ihrer Auflösung. Februar 1831 die vulkanistischen Ansichten Humboldts verworfen und die „vermaledeite Polterkammer der neuen Weltschöpfung verflucht“.60 In einem Brief an Wilhelm von Humboldt sprach Goethe allerdings, ohne Humboldts „Ansicht der geologischen Gegenstände“ teilen zu können, von der „Bewunderung“ der „ungeheuren Masse seiner Kenntnisse“ und ihrer Verknüpfungen.61
Bekanntlich hat Goethe Humboldt auf eine besondere Art gehuldigt, als er dessen Namen als den einzigen einer realen Person in die fiktionale Welt der Wahlverwandtschaften versetzte: er möchte, schrieb Goethe am 5. Oktober 1809 aus Jena, „etwas von mir herüberschicken und zwar einen kleinen Roman, der soeben fertig geworden. Sie werden gewiß freundlich aufnehmen, daß darin Ihr Name von schönen Lippen ausgesprochen wird. Das was Sie uns geleistet haben, geht soweit über die Prosa hinaus, daß die Poesie sich wohl anmaßen darf, Sie bei Leibesleben unter ihre Heroen aufzunehmen.“62 Später ließ er Humboldts Namen im Druck von 1813 in den Felsen im Vordergrund der Höhen der neuen und alten Welt setzen, ähnlich dem in Alpenfels gemeißelten Namen Bonapartes auf Jacques-Louis Davids berühmtem Bild.
Aber jede Beziehung hat ihre dunkle Seite. Neben der Geschichte von Huldigungen und Widmungen gibt es auch eine der kritischen Bemerkungen. Goethe scheint dabei zurückhaltender gewesen zu sein und Humboldt vielleicht mehr geschätzt zu haben als umgekehrt.63 Besonders in Humboldts späteren Jahren werden die Äußerungen kritischer, im Gegensatz zu Goethe, der auch in späten Jahren Humboldt etwa gegenüber Soret und Eckermann explizit lobte.64 Immerhin sprach auch Goethe davon, Humboldt und andere Vulkanisten blamieren zu wollen.65 Humboldt wiederum hatte sich vorgenommen, nie öffentlich Absprechendes über Goethe zu äußern. Das fiel ihm vor allem wegen der „arroganten und recht albernen“ Farbenlehre66, die im Briefwechsel von Goethe mehrfach angekündigt wurde, aber auch wegen geologischer und meteorologischer Auffassungsunterschiede schwer: „Da ich mir zum unverbrüchlichen Gesez gemacht habe, nie ein unfreundliches Wort über Göthes naturwissenschaftliche Arbeiten zu veröffentlichen, da ich deshalb z.B. der Farbenlehre nie erwähne [...]“67 heißt es 1849, und ähnliches findet zu Goethes geologischen Arbeiten 1850: „Goethes geognostische Ansichten waren, wie bei so vielen deutschen Gelehrten die kleinlichen, welche die Badereisen und Sprudelquellen erzeugen; sie sind nicht mehr zu vertheidigen als seine gegen alles Mathematische Wissen [...] streitenden sogenannten optischen Schriften.“68 Auch mit Goethes Illustration Höhen der der alten und neuen Welt zu seiner Pflanzengeographie war Humboldt nicht zufrieden. Vor allem Goethes Arbeit über die Metamorphose der Pflanzen, ein „Glanzpunkt“69, gründet sich „wahrer naturhistorischer Ruhm“ und sicherte ihn „für Jahrhunderte“.70 Außerdem bezeichnete er ihn als den „größten Dichter des Zeitalters und aller neueren Zeiten“71 und setzte ihm im Kosmos ein Denkmal. Die lange, mitunter intensive, mitunter diskontinuierliche Bekanntschaft Humboldts und Goethes verbleibt in einer eigenartig schwebenden Ambivalenz.
FA Frankfurter Ausgabe
LA Leopoldina-Ausgabe
MA Münchner Ausgabe
Biermann, Kurt-R.: Goethe in vertraulichen Briefen Alexander von Humboldts, in: Goethe-Jahrbuch 102 (1985), S. 11–33.
Brand, Friedrich L.: Alexander von Humboldts physikalische Meßinstrumente und Meßmethoden. 2. Aufl. (Berliner Manuskripte zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 18). Berlin 2002.
Bratranek, F. Th. (Hg.): Briefwechsel zwischen Goethe und Kaspar Graf von Sternberg (1820–1832). Wien 1866.
Bulling, Karl: Goethe als Erneuerer und Benutzer der jenaischen Bibliotheken. Jena 1932.
Engelhardt, Wolf von: Goethe und Alexander von Humboldt – Bau und Geschichte der Erde, in: HiN – Alexander von Humboldt im Netz II, 3 (2001). http://dx.doi.org/10.18443/17
Engelhardt, Wolf von: Goethe und Alexander von Humboldt – Bau und Geschichte der Erde, in: Jahn, Ilse; Kleinert, Andreas (Hg.): Das Allgemeine und das Einzelne – Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt im Gespräch. Acta Historica Leopoldina 38 (2003a), S. 21–31.
Engelhardt, Wolf von: Goethe im Gespräch mit der Erde. Landschaften, Gesteine, Mineralien und Erdgeschichte in seinem Leben und Werk. Weimar 2003b.
Fiedler, Horst; Leitner, Ulrike: Alexander von Humboldts Schriften. Bibliographie der selbständig erschienenen Werke. (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 20). Berlin 2000.
Geiger, Ludwig (Hg.): Goethes Briefwechsel mit Wilhelm und Alexander v. Humboldt. Berlin 1909.
Genette, Gérard: Seuils. Paris 1987.
Genette, Gérard: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Frankfurt/Main 2014.
Güttler, Nils: Das Kosmoskop. Karten und ihre Benutzer in der Pflanzengeographie des 19. Jahrhunderts. Göttingen 2014.
Hadot, Pierre: Zur Idee der Naturgeheimnisse: beim Betrachten des Widmungsblattes in den Humboldtschen „Ideen zu einer Geographie der Pflanzen“. Wiesbaden 1982.
Helmreich, Christian: Theorie und Geschichte der Naturwissenschaft bei Goethe und Alexander von Humboldt, in: Goethe-Jahrbuch 124 (2007), S. 167–177.
Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, 5 Bde. Stuttgart, Tübingen 1845–1862.
Humboldt, Alexander von: Die Jugendbriefe Alexander von Humboldts 1787–1799. Hg. und erläutert von Ilse Jahn und Fritz G. Lange (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 2). Berlin 1973.
Humboldt, Alexander von: Briefwechsel Alexander von Humboldt und Cotta. Hg. von Ulrike Leitner unter Mitarbeit von Eberhard Knobloch. (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 29). Berlin 2009.
Keudell, Elise von: Goethe als Benutzer der Weimarer Bibliothek. Ein Verzeichnis der von ihm entliehenen Werke. Weimar 1931.
Knobloch, Eberhard: Alexander von Humboldts Weltbild, in: HiN – Alexander von Humboldt im Netz X, 19 (2009), S. 34–46. http://dx.doi.org/10.18443/126
Knobloch, Eberhard: Alexander von Humboldts Naturgemälde der Anden, in: Atlas der Weltbilder, hrsg. von Christoph Markschies, Ingeborg Reichle, Jochen Brüning, Peter Deuflhard. Berlin 2011, S. 294–305
Kraft, Tobias: Figuren des Wissens bei Alexander von Humboldt. Essai, Tableau und Atlas im amerikanischen Reisewerk. Berlin, Boston 2014.
Leitner, Ulrike: Alexander von Humboldts Schriften – Anregungen und Reflexionen Goethes, in: In: Jahn, Ilse; Kleinert, Andreas (Hg.): Das Allgemeine und das Einzelne – Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt im Gespräch. (Acta historica Leopoldina; 38). Halle, Stuttgart 2003, S. 127–150.
Linden, Walther: Weltbild, Wissenschaftslehre und Lebensaufbau bei Alexander von Humboldt und Goethe, in: Goethe-Jahrbuch 7 (1942), S. 82–100.
Nickel, Gisela: Goethe und Humboldt als Wetterkundler – wechselseitige Anregung oder Nichtbeachtung? In: Jahn, Ilse; Kleinert, Andreas (Hg.): Das Allgemeine und das Einzelne – Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt im Gespräch. (Acta historica Leopoldina; 38). Halle, Stuttgart 2003, S. 97–113.
Pieper, Herbert: Alexander von Humboldt und die Geognosie der Vulkane. (Berliner Manuskripte zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 27). Berlin 2006.
Ruppert, Hans: Goethes Bibliothek. Katalog. Weimar 1958.
Ruppert, Hans: Das älteste Verzeichnis von Goethes Bibliothek, in: Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft 24 (1962), S. 253–287.
Schneider-Carius, Karl: Goethe und Alexander v. Humboldt. Zum Gedenken an Humboldts Todestag vor 100 Jahren, in: Goethe-Jahrbuch 21 (1959), S. 163–182.
Soret, Frédéric: Zehn Jahre bei Goethe. Erinnerungen an Weimars klassische Zeit 1822–1832. Hildesheim, Zürich, New York 1991.
Stevens, Henry: The Humboldt library. A catalogue of the library of Alexander von Humboldt. Leipzig 1967.
Werner, Petra: Naturwahrheit und ästhetische Umsetzung. Alexander von Humboldt im Briefwechsel mit bildenden Künstlern (Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung; 38). Berlin 2013.
Wyder, Margit: Vom Brocken zum Himalaja. Goethes „Höhen der alten und neuen Welt“ und ihre Wirkungen, in: Goethe-Jahrbuch 121 (2004), S. 141–164.
1 Vgl. Genette 1987, Genette 2014. Im Rahmen des vom BMBF geförderten und gemeinsam von der Klassik Stiftung Weimar und den Universitäten Bielefeld, Erlangen und Halle durchgeführten Projektes „Parerga und Paratexte“ werden seit 2015 Ordnungs- und Präsentationsformen, Beiwerke und Paratexte der Goethe’schen wissenschaftlichen Sammlungen untersucht.
2 In Vorbereitung auf die Sanierung von Goethes Wohnhaus wird Goethes Bibliothek seit November 2015 restauriert und bearbeitet, ihre Bestände werden für die Wissenschaft erst in einigen Jahren wieder zugänglich sein.
3 Auf das Interesse an einer noch ausstehenden Untersuchung Humboldt’scher Widmungen, die eine „eigene Wirkungsgeschichte intellektueller Wissenstransfers“ beschreiben kann, wurde unlängst hingewiesen (vgl. Kraft 2014, S. 263). Diese Arbeit versteht sich als Teilbeitrag zu dieser Fragestellung.
4 Weitere Literatur bei Biermann 1985.
5 Humboldt 1845–1862, 2. Band, S. 138. Zu den Instrumenten Humboldts vgl. Brand 2002.
6 MA 12, S. 684–693.
7 Vgl. Nickel 2003.
8 Humboldt 1845–1862, Bd. 2, S. 394; vgl. dazu Leitner 2003f, Knobloch 2009 und Helmreich 2007, S. 174 f..
9 Brief an Heinrich Düntzer, 14.5.1850, zit. n. Biermann 1985, S. 26.
10 Lange in Stevens 1967, S. 3.
11 Von seinem kindischen „Haß gegen eigenes Aufsammeln“ spricht Humboldt selbst in einem Brief an Gustav Schlesier, 12.10.1843, bezieht sich dabei aber nur auf Lebenszeugnisse (zit. n. Biermann 1985, S. 22).
12 Humboldt 1845–1862, Bd. 1, S. 85.
13 Ich danke herzlich Gisela Maul für ihre Anmerkungen, Kristin Knebel und Jochen Klauß für die Unterstützung bei meiner Arbeit in Goethes Bibliothek.
14 D. i. die von Hans Ruppert für jedes Buch der Goethe’schen Bibliothek vergebene Nummer (vgl. Ruppert 1958).
15 Zur komplexen Ablösung Humboldts vom Neptunismus vgl. Pieper 2006, S. 40–44.
16 Vgl. Stevens 1967, S. 255 f.. Bekanntlich verbrannte Humboldts Bibliothek zum größten Teil kurz vor der Versteigerung 1861.
17 Vgl. Fiedler/Leitner 2000, S. 31–33.
18 Keudell 1931, S. 81.
19 Keudell 1931, S. 101.
20 Keudell 1931, S. 257, 295 und 345.
21 Keudell 1931, S. 307.
22 Zu den Publikationen Humboldts vgl. Fiedler/Leitner 2000. Das sog. älteste Verzeichnis von Goethes Bibliothek von 1788 verzeichnet naturgemäß keine Werke Humboldts, aber mehrere Naturkunde- und Reisewerke von H. B. de Saussure, Johann Reinhold Forster, Linné u. a. (vgl. Ruppert 1962).
23 Vgl. Geiger 1909, S. 289–291 (Zitat S. 289). Vgl. auch Humboldt 1973, S. 420.
24 Geiger 1909, S. 289.
25 Abgebildet in Leitner 2003, S. 131.
26 Geiger 1909, S. 291.
27 Geiger 1909, S. 292.
28 Geiger 1909, S. 292 (Hervorhebungen von Goethe).
29 Vgl. Geiger 1909,S. 289–291.
30 Die Innenseite des vorderen Umschlags hat den Bleistift-Vermerk: „S. XIII XIV verstümmelt! 28. Juli 1943 Hecker“ Der Philologe Max Hecker war von 1900 bis zu seinem Tod 1948 am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar tätig.
31 Humboldt 1973, S. 591.
32 Keudell 1931, S. 81.
33 Vgl. Geiger 1909, S. 297 f..
34 Abbildung auch in Leitner 2003, S. 134.
35 Jenaische Allgemeine Zeitung Nr. 62, 14.3.1806, S. 490.
36 Keudell 1931, S. 81.
37 Fiedler/Leitner 2000, S. 37 und Leitner 2003, S. 136.
38 Vgl. Leitner 2003, S. 144 f..
39 Der vollständige Titel lautet hier: Al. von Humboldt und Aimé Bonpland’s Reise. Erste Abtheilung: Allgemeine Physik, und historischer Theil der Reise. Band 1: Einleitung, oder Ideen zu einer Geographie der Pflanzen, nebst einem Naturgemälde der Tropenländer. Mit einer Kupfertafel. Tübingen, bey F. G. Cotta. Paris, bey F. Schoell (Rue des Maçons-Sorbonne, N.o 19). 1807.
40 Vgl. Genaueres bei Hadot 1982, Wyber 2004 und Werner 2013.
41 Geiger 1909, S. 297.
42 Vgl. den Brief Humboldts an Johann Friedrich von Cotta, 24.1.1805, und Biermann 1985, S. 19.
43 GGZ/AK 2242, Corpus Vb Nr. 201, (Ruppert 4170).
44 Die Geschichte der Goethe-Zeichnungen und der Austausch mit Humboldt sind mehrfach dargestellt worden und sollen hier nicht wiederholt werden (vgl. z.B. Nickel 2003, Wyder 2004, Knobloch 2011, Werner 2013, Güttler 2014).
45 Humboldt 2009, S. 533.
46 Das Widmungsblatt ist auch abgebildet in Fiedler/Leitner 2000, S. 135 und Leitner 2003, S. 142.
47 Humboldt und Bonplands Monographie des Melastomacées, comprenant Toutes les Plantes de cet ordre recueillies jusqu’à ce jour, [...]. 2 Bände, Paris 1806–1816/1823. Goethe lieh die ersten beiden Lieferungen am 31. März 1807 auch aus (Keudell 1931, S. 81).
48 LA I 11, S. 228f und FA I 25, S. 610–612. Vgl. Engelhardt 2003a, S. 27f.
49 LA I 8, S. 354, FA I 25, S. 613 und MA 12, S. 735.
50 LA I 11, S. 305 und FA I 25, S. 643.
51 MA 12, S. 735.
52 Bratranek 1866, S. 97.
53 Erschienen 1824 im 2. Band, 2. Heft von Zur Naturwissenschaft überhaupt (MA 12, S. 794–797).
54 MA 12, S. 794–797.
55 Vgl. Engelhardt 2003b, S. 245–248.
56 Geiger 1909, S. 311.
57 Soret 1991, S. 192.
58 Vgl. Geiger 1909, S. 312.
59 Tagebucheintrag vom 2. und 3.10.1831 (WA III 13, S. 149). Die Behauptung, Goethe hätte den Fragmens de Géologie im Oktober 1831 ein sehr eingehendes Studium gewidmet (Linden 1942, S. 92) ist genauso falsch wie die Konstruktion eines Lehrer-Schüler-Verhältnisses oder die Behauptung, die Begegnung mit Goethe sei „der tragende Grund“ von Humboldts „gesamten Wirken geworden“ (Linden 1942, S. 84 und 91).
60 LA I 11, S. 316–319 und FA I 25, S. 653–656.
61 Soret 1991, S. 607.
62 Geiger 1909, S. 303.
63 Vgl. Biermann 1985.
64 Vgl. FA 12 (39), S. 183.
65 Vgl. auch Leitner 2003, S. 143.
66 Humboldt im Brief an Gottschalk Eduard Guhrauer, 21.6.1849, zit. n. Biermann 1985, S. 23.
67 Brief an Gottschalk Eduard Guhrauer, 21.6.1849 (Hervorhebung von Humboldt), zit. n. Biermann 1985, S. 23.
68 Brief an Heinrich Düntzer, 14.5.1850, zit. n. Biermann 1985, S. 26.
69 Brief an Gottschalk Eduard Guhrauer, 21.6.1849, zit. n. Biermann 1985, S. 23.
70 Brief an Heinrich Düntzer, 14.5.1850, zit. n. Biermann 1985, S. 26.
71 Brief an Gottschalk Eduard Guhrauer, 21.6.1849, zit. n. Biermann 1985, S. 23.